11.07.2024 15:26
Köln/München (epd). Ein weiterer Warnstreik hat Folgen für das Programm mehrerer ARD-Sender. So seien das TV-Magazin "Hier und Heute" und das Nachrichtenmagazin "Der Tag um 12" im Radio ausgefallen, erklärte der WDR am Donnerstag auf epd-Anfrage. Auch bei den regionalisierten Radionachrichten und im Programm von Cosmo gebe es Einschränkungen.
Der erneute Ausstand beim WDR ist bis zur Nacht von Freitag auf Samstag angekündigt. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), ver.di und weitere Gewerkschaften hatten bereits am Mittwochabend in mehreren Rundfunkanstalten festangestellte und freie Mitarbeiter zum Streik aufgerufen. Auch der NDR, SWR und BR sind betroffen.
Hintergrund sind aktuell laufende Tarifverhandlungen, die Gewerkschaften fordern ein Plus von etwa zehn Prozent bei Honoraren und Gehältern. Bereits zu Monatsbeginn hatte ein Warnstreik zu Einschränkungen und Ausfällen geführt
Ver.di-Gewerkschafter Christoph Schmitz-Dethlefsen betonte: "Wir wollen faire Tariferhöhungen für Freie und Feste im Rundfunk, die tagtäglich unter schwierigen Arbeitsbedingungen das bestmögliche Programm für die Bürgerinnen und Bürger im Land liefern." DJV-Verhandlungsführer Volkmar Kah kritisierte, in den bisherigen Verhandlungsrunden sei nicht ersichtlich, "dass die WDR-Geschäftsleitung die berechtigten Forderungen und Bedürfnisse ihrer Beschäftigten wirklich versteht oder akzeptiert". So sei zu befürchten, dass "bald alle weniger Netto in der Tasche und weniger Perspektiven im Sender" hätten.
Der WDR erklärte, man wolle den festen und freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterhin gute Arbeitsbedingungen, sichere Arbeitsplätze und eine angemessene Bezahlung bieten. "Gleichzeitig handelt der WDR wirtschaftlich und verantwortungsvoll und kann nur das Geld ausgeben, das ihm zur Verfügung steht." Die aktuellen "unrealistischen Forderungen" der Gewerkschaften könne und werde der WDR nicht erfüllen.
Laut DJV beteiligen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den WDR-Studios in Aachen, Bielefeld, Bonn, Duisburg, Düsseldorf, Dortmund, Essen, Köln, Münster, Siegen, Arnsberg und Wuppertal an dem Streik.
Beim BR wurde am Donnerstagvormittag das Programm verschiedener Radiosender zusammengelegt, wie der Sender mitteilte. Zum Warnstreik hatten dort ver.di sowie der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) und die Musikergewerkschaft Unisono aufgerufen.
Die stellvertretende BJV-Vorsitzende Andrea Roth sagte, die Kolleginnen und Kollegen beim BR berichteten "nicht nur bei Krisen und Großereignissen mit großem persönlichen Einsatz". Dafür hätten sie einen "fairen Inflationsausgleich verdient". Der BR hatte am Montag ein verbessertes Angebot vorgelegt. Dieses sieht bei einer Laufzeit von 24 Monaten eine Steigerung von 4,71 Prozent zum 1. Oktober vor. Die "Leermonate" seit 1. Januar würden für die aktiven Mitarbeitenden über eine Einmalzahlung ausgeglichen, erklärte ein BR-Sprecher.
Für die Gewerkschaften sei dieses Angebot aber immer noch weit von den Forderungen entfernt, betonte BJV-Vize Roth. Es bleibe deshalb "keine andere Wahl, als zu streiken". Nur so könne man die Leitung des BR daran erinnern, "wer täglich das BR-Programm ermöglicht".
Roth verwies zudem auf frühere Tarifrunden, in denen der BR stets argumentiert hatte, die Abschlüsse beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk müssten sich an den Abschlüssen des Öffentlichen Dienstes orientieren. Nachdem der Öffentliche Dienst zuletzt sehr gute Tarifabschlüsse ausgehandelt habe, wolle die BR-Chefetage von dieser Bindung nichts mehr wissen.
Beschäftigte des NDR traten am frühen Donnerstag erneut in den Streik. Nach eigenen Angaben legte der Sender im Rahmen der 6. Verhandlungsrunde ein verbessertes Angebot vor. Gleiches erwarte der NDR jetzt auch von der Gewerkschaftsseite. "Das Angebot bewegt sich im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des NDR", erklärte der Sender.
Auch der NDR verwies darauf, dass er seinen festen und freien Mitarbeitenden "weiterhin gute Arbeitsbedingungen, sichere Arbeitsplätze und eine angemessene Bezahlung" bieten wolle. Gleichzeitig sei der Sender aber verpflichtet, mit dem Rundfunkbeitrag verantwortungsbewusst und wirtschaftlich umzugehen.
Rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligten sich am aktuellen Streik, erklärte Peter Dinkloh, ver.di-Verhandlungsführer beim NDR. Am 16. Juli wollen NDR und Gewerkschaften in der nächsten Runde über noch offene Punkte sprechen, wie beide Seiten mitteilten.
Der bisherige Entgelttarifvertrag war Anfang dieses Jahres ausgelaufen. Laut ver.di hat es seit Mai 2021 für die NDR-Beschäftigten lediglich eine Steigerung um vier Prozent gegeben, während die Verbraucherpreise seither um 16,2 Prozent gestiegen seien. "Unter den Beschäftigten gibt es daher eine große Unzufriedenheit", sagte Dinkloh.
lwd/lbm/lnh
Zuerst veröffentlicht 11.07.2024 17:26 Letzte Änderung: 12.07.2024 16:28 (Update 12. Juli: Der Warnstreik beim WDR wurde nach Angaben des DJV NRW bis einschließlich Montag, 15. Juli, verlängert. Demnach ist weiter mit Programmeinschränkungen zu rechnen.)
Schlagworte: Medien, Rundfunk, Gewerkschaften, Warnstreik, WDR, BR, lwd, lbm, NEU
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