Gniffke warnt vor "Zentralismus" bei der ARD - epd medien

17.07.2024 07:04

ARD-Vorsitzender Kai Gniffke

Stuttgart (epd). Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke hat sich gegen Reformpläne ausgesprochen, die eine stärkere Zentralisierung bei dem Senderverbund vorsehen. Der Fokus der ARD liege ganz klar auf dem Föderalismus, sagte der SWR-Intendant am 12. Juli in Stuttgart und bekräftigte damit frühere Äußerungen. "Rheinland-Pfalz ist nicht Berlin und Baden-Württemberg ist nicht Hamburg. Da gibt es schon regionale Unterschiede, die sollten auch gewahrt bleiben", sagte Gniffke in der SWR-Rundfunkratssitzung: "Regionale Besonderheiten müssen auch weiter Berücksichtigung finden." Zum ARD-Verbund gehören neun Landesrundfunkanstalten.

Vor einem "Zentralismus in der ARD" werde ihm "ein bisschen bange", sagte Gniffke: Dass es eine zentrale Einheit gebe, die aus Berlin oder Hamburg sagt, "was dann die einzelne Landesrundfunkanstalt zu tun und zu lassen hat". Es gehe hier um neun eigenständige Unternehmen, die regional verankert seien. Jedes habe "eine sehr effektive Aufsicht". Er rate zur Vorsicht, diese Strukturen möglicherweise durch eine Oberaufsicht zu ersetzen oder zu ergänzen. Das könnte laut dem ARD-Vorsitzenden "zu mehr Bürokratie führen und zu mehr Kompetenzgerangel, als es der Sache dienlich ist".

Diskussionsentwurf sieht fünf Organe vor

Er sei dafür, erklärte Gniffke weiter, übergeordnete Aufgaben auch übergeordnet wahrzunehmen. Aber man müsse "genau austarieren", wie viel Zentralismus man wolle. Es gehe darum, mehr miteinander zu kooperieren und die Arbeitsteilung zu stärken. Daher gründe die ARD eine Tech-Unit, arbeite bei den Hörfunkwellen zusammen und setze auf Kompetenzcenter bei mehreren inhaltlichen Feldern, sagte der ARD-Vorsitzende: Das gelte es zu stärken, aber den föderalen Grundgedanken nicht zu beschädigen.

Die Bundesländer beraten derzeit über einen Reformstaatsvertrag zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dabei geht es auch um die Organisation der ARD und die Frage, wo zentrale Strukturen sinnvoll sind. Ein Diskussionsentwurf der Länder vom 19. Juni, der dem epd vorliegt, sieht für eine künftige ARD fünf Organe vor: den Vorstand, der sich aus den Intendanten der neun Landesrundfunkanstalten zusammensetzt, den rotierenden Vorsitz sowie einen ARD-Geschäftsführer und einen ARD-Programmdirektor. Hinzu käme noch die Gremienvertreterkonferenz.

Die Strategie der ARD solle demnach vom Vorstand und der Gremienvertreterkonferenz in gemeinsamer Sitzung beschlossen werden. Einzubeziehen wären dabei auch Ergebnisse aus dem Dialog mit der Bevölkerung ("Gesellschaftsdialog"). Laut dem Diskussionsentwurf soll die ARD-Strategie alle zwei Jahre fortgeschrieben werden. Darin sollen etwa "Grundsätze der programmstrategischen Entwicklung und Ausrichtung der Gemeinschaftsangebote" festgelegt werden. Beschlüsse zur künftigen ARD-Organisation haben die Länder aber noch nicht gefasst. Hier gibt es bislang keine Einigung.

zitat: "Nationales Schaufenster der Regionen"

Obwohl der ARD-Vorsitzende Gniffke die föderale Verankerung des Senderverbunds hervorhebt, will er auf das Erste Programm nicht verzichten. Dies sei "das nationale Schaufenster der Regionen", was "auch die publizistische Kraft der ARD ausmacht". Gäbe es das Erste nicht mehr, fände etwa "die Wahl des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten außerhalb der rheinland-pfälzischen Landesgrenzen nicht mehr statt", so der ARD-Vorsitzende: Fiele das Gemeinschaftsprogramm weg, würde dies "zu einer publizistischen Verzwergung der ARD führen".

Gniffke bekräftigte, dass die ARD ihren Reformkurs fortsetzen wolle. Der Verbund mache hier "im Moment wirklich gute Fahrt". Er bitte die Medienpolitik auch wahrzunehmen, was sich gerade in der ARD tue, und nicht immer wieder zu sagen, wie reformunfähig manchmal der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei. Es habe derzeit "einen gewissen Schick", so Gniffke weiter, "sich abfällig über öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu äußern". Damit würden aber die Beharrungskräfte gestärkt, also diejenigen, die sagen würden, die Veränderungsprozesse hätten doch keinen Zweck. Es gebe "keinen Grund", sich "selbst runterzureden". Und auch für andere gibt es aus Gniffkes Sicht "keinen Grund, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk runterzureden".

vnn



Zuerst veröffentlicht 17.07.2024 09:04 Letzte Änderung: 17.07.2024 09:39

Schlagworte: Medien, Rundfunk, SWR, ARD, Gniffke, vnn, Nünning, NEU

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