17.07.2024 09:14
epd Gebrauchtwagenverkäufer Hajo Sievers (Bastian Pastewka) lebt nach der Devise: "Die Wahrheit ist biegsamer als eine Banane". So hat er sich ein halbes Jahrhundert halbwegs erfolgreich durchs Leben geschummelt, stößt aber zunehmend an Grenzen. Im Autohaus hat man genug von seinen ewigen Ausreden fürs Zuspätkommen und will ihn entlassen. Doch wie soll er dann noch das viel zu teure Haus abzahlen? Derart unter Druck übertreibt es Hajo mit der Lügerei und behauptet, dass seine Frau Vera (Katrin Wichmann) einen Unfall gehabt habe und tot sei.
Dass er sich damit ein mit seinem üblichen Herumgelüge nicht mehr lösbares Problem eingehandelt hat, wird Hajo zwar im selben Moment klar, in dem er diese Worte ausgesprochen hat. Doch es ist zu spät und das Verhängnis beziehungsweise die Komödie nimmt ihren Lauf. Eins kommt zum anderen und es wird immer absurder. So etwas kann ausgesprochen witzig sein, gerät hier aber lange nicht so ulkig, wie es hätte werden können - fast schon hätte werden müssen. Eskalierende Zwangslagen sind eigentlich immer komisch. Und mit Pastewka und Ralf Husmann ("Stromberg") waren Könner der alten Schule am Start.
Die Dialoge sitzen hier längst nicht immer - und betagte Gags wie die Beschreibung zweier Cupcakes als "Die sehen aus wie ein Orgasmus zum Essen", regen eher zum Hochziehen einer Augenbraue als zum Lachen an. Auch wenn der Mann der Autohausbesitzerin (Holger Stockhaus) sagt, der Tod sei so gar nicht sein Ding, genau wie Sushi, hat das was von einem Einfall zum Fremdschämen. Das gilt durchaus auch dann, wenn eine Figur damit als Unsympath charakterisiert werden soll.
Das zweite Problem ist womöglich, dass Pastewkas Figur eigentlich ja doch ein ganz ein Netter sein soll, der es beim Lügen meist gut meint. Dazu sei mal kurz die Gegenthese aufgestellt: Kann ja gar nicht sein. Unaufrichtigkeit in so extremem Ausmaß wie bei Hajo verletzt andere, früher oder später, eigentlich immer. Und daran ist nichts nett. Irgendwie ist der Charakter dieser Witz-Figur nicht wirklich stimmig. Egoist Pastewka in "Pastewka" war weitaus witziger - weil viel glaubwürdiger - als ein auf grundsympathisch getrimmter Dauerlügner es ist.
Last, but not least: Der Film wirkt wie ein Ausflug in die TV-Vergangenheit. Diese Ära des TV-Spaßes scheint irgendwie vorbei. Wäre man fies, würde man an dieser Stelle einen der besseren Gags aus diesem Film zitieren. Ein deutscher Film? "Also richtig Scheiße."
Nein, "richtig Scheiße", war "Alles gelogen" auf keinen Fall. Er gehört eher in die Rubrik "ganz nett". Wobei nett, um einen Uralt-Spruch aufzugreifen, den der Film ebenfalls zitiert, nicht immer "die kleine Schwester von Scheiße" ist, sondern manchmal eben einfach auch nur "ganz nett". Und daran ist nichts Falsches.
Während Pastewka halt Pastewka war, und Holger Stockhaus eben Holger Stockhaus, ließ man Lina Beckmann als hässliches Autohaus-Entlein Birgit dick auftragen. Katrin Wiechmann als Ehefrau Vera hielt sich hingegen eher zurück. Und Arthur Gopp als halbwüchsige Sohn der Sievers erscheint durchaus als kommendes Talent.
infobox: "Alles gelogen", Komödie, Regie: Erik Haffner, Buch: Ralf Husmann, Kamera: Tom Holzhauser, Produktion: MadeFor Film (ZDF-Mediathek, seit 4.7.24 und am 5.9.24, 20.15-21.45 Uhr im ZDF)
Zuerst veröffentlicht 17.07.2024 11:14 Letzte Änderung: 17.07.2024 12:29
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Husmann, Steglich, NEU
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