Weniger Frauen in Machtpositionen bei deutschen Leitmedien - epd medien

01.08.2024 10:11

Zum ersten Mal seit zehn Jahren ist der Frauenanteil in Führungspositionen deutscher Leitmedien wieder gesunken. Der Verein ProQuote mahnt, dass die Geschlechtergerechtigkeit ins Stocken geraten sei. Einzig die "taz" erreicht mehr als die Parität.

Die "taz" ist weiterhin die Redaktion mit dem größten Frauenmachtanteil

Hamburg (epd). Der Anteil der mit Frauen besetzten Führungspositionen ist in den Redaktionen deutscher Leitmedien erstmals seit zehn Jahren gesunken. Im Juli 2024 hätten die neun regelmäßig untersuchten Redaktionen im Schnitt einen Frauenmachtanteil von 38,7 Prozent erreicht, wie der Verein ProQuote Medien am 31. Juli in Hamburg mitteilte. Im Februar seien es noch 39,5 Prozent gewesen.

Die "Entwicklung der Geschlechtergerechtigkeit innerhalb deutscher Leitmedien" sei demnach ins Stocken geraten, erklärte ProQuote. Diese Trendumkehr habe sich zuletzt schon durch stagnierende Zahlen angedeutet.

Ausgewertet wurden die "Süddeutsche Zeitung" (SZ), "Stern" und "Spiegel", die "Zeit", "Bild", "Welt" und der "Focus" sowie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) und die "taz". Unter den Redaktionen bestanden teils große Unterschiede weiter: Während die "taz" mit einem "stabilen Frauenmachtanteil von 65,1 Prozent an der Spitze des Feldes" lag, bildete die FAZ zum siebten Mal in Folge das Schlusslicht und kam nur auf 23,4 Prozent.

"Frage der Gerechtigkeit"

"Die höchsten Machtverluste für Journalistinnen - fünf Prozentpunkte - wurden beim 'Focus' ermittelt, gefolgt von 'Spiegel' und 'Zeit'", so ProQuote mit Blick auf Zahlen vom Januar dieses Jahres. Der "Stern", die "Welt" und die "SZ" konnten sich in diesem Zeitraum leicht verbessern.

"Gleichberechtigung ist kein Selbstgänger", erklärte ProQuote-Vorständin Edith Heitkämper. Medienhäuser und Verlage dürften nicht nachlassen. "Noch sind wir nicht bei 50:50." Das sei "kein Luxus, sondern eine Frage der Gerechtigkeit", sagte Heitkämper.

Im Juli erreichte die SZ den Angaben zufolge einen Frauenmachtanteil von 45,0 Prozent (Juli 2023: 45,4 Prozent), der "Stern" kam auf 43,5 Prozent (44,2 Prozent), der "Spiegel" dicht dahinter auf 42,2 Prozent (43,4 Prozent). Auch die "Zeit" überschritt knapp die 40-Prozent-Marke mit 40,1 Prozent (41,6 Prozent), die "Bild"-Zeitung kam auf 36,6 Prozent (31,7 Prozent). Dahinter folgten noch vor der FAZ die "Welt" mit 27,6 Prozent (25,9 Prozent) und der "Focus" mit 25,0 Prozent (30,8 Prozent).

zitat: Je höher die Position, desto größer die Machtfülle

Im Mai 2015 war die "Welt" mit 5,9 Prozent noch Schlusslicht gewesen. Die FAZ erreichte damals 6,3 Prozent, der "Focus" 15,4 Prozent, der "Spiegel" 23,5 Prozent und die SZ 25,0 Prozent. "Stern" (34,9 Prozent), "Zeit" (35,7 Prozent) und "Bild" (36,4 Prozent) knackten zwar die 30-Prozent-Marke, jenseits der 40 Prozent landete aber kein Medium. Die "taz" wird erst seit 2021 ausgewertet, ist seitdem aber kontinuierlich an der Spitze.

Laut ProQuote basieren die Zählungen auf Angaben in den Impressen, wobei nach Hierarchie-Ebenen gewichtet werde: "Je höher die Position, desto größer die Machtfülle", so ProQuote. Der Verein fordert, die Hälfte der journalistischen Spitzenpositionen weiblich zu besetzen.

cph



Zuerst veröffentlicht 01.08.2024 12:11

Schlagworte: Medien, Internet, ProQuote, Frauenanteil, cph

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