Talkshow mit Quizfragen - epd medien

20.08.2024 07:31

Vor 25 Jahren, am 3. September 1999, startete bei RTL die Quizshow "Wer wird Millionär?" mit Günther Jauch. Das Format hatte keinen einfachen Start, fand aber schnell Nachahmer und wurde zum Dauerbrenner.

Günther Jauch mit Kandidatin Patricia Grubmiller in einer Folge von "Wer wird Millionär?" im Mai 2024

epd "Ein bisschen wie an Kindergeburtstagen bei 'Stadt Land Fluss'. Nur nicht so anspruchsvoll" sei "Wer wird Millionär?", schrieb der Kritiker Bert Becher am 6. September 1999 im "Hamburger Abendblatt". Drei Tage zuvor hatte die Quizshow debütiert - mit eher lauem Erfolg: 3,7 Millionen Zuschauer sahen die erste Sendung an einem Freitagabend. Zu einem Zeitpunkt, als Quizshows, wie Moderator Günther Jauch später einmal sagte, "sowas von out" waren.

Doch RTL hatte den Start des neuen Formats geschickt programmiert. Als "Marathon" lief die Quizshow an vier aufeinanderfolgenden Abenden von Freitag bis Montag. Am Wochenende bewegten sich die Quoten weiterhin im Mittelfeld, am Montagabend jedoch sprangen sie auf 7,6 Millionen Zuschauer. Ein echter Erfolg. Gleich am nächsten Tag wurde die Fortsetzung der Show angekündigt. "Wer wird Millionär?" war gekommen, um zu bleiben.

Format lebt von der Einfachheit

Rasch wurde klar, dass der wahre Charme der Sendung nicht im Niveau ihrer ersten Fragen liegt. "Es ist eigentlich fast eine Talkshow, in der nebenbei Quizfragen beantwortet werden", erklärt der Medienwissenschaftler Christian Richter. Das Format lebe von seiner Einfachheit: 15 Fragen und am Ende kann man eine Million gewinnen. Dazwischen ist viel Zeit für die Interaktion von Kandidaten und Moderator Günther Jauch.

Doch auch Jauch kam zunächst nicht bei allen gut weg. Er sei mit "keinerlei Sinn für Timing gesegnet" und agiere "einfach nicht gemein genug", schrieben Harald Keller in der "Frankfurter Rundschau" und Ulrike Stamm im "Südkurier" nach den ersten Sendungen.

Minutiös festgeschrieben

Das mag am Vergleich mit seinem britischen Kollegen Chris Tarrant gelegen haben, der das Originalformat "Who wants to be a Millionaire?" seit September 1998 beim Privatsender ITV moderierte. Tarrant war dafür bekannt, dass er die Kandidaten mit fiesen Fragen aus dem Konzept brachte. Jauch wählte einen subtileren Ansatz, half manchmal bei den ersten Hürden und schuf so eine Atmosphäre, in der auch sein Gegenüber seine Persönlichkeit entfalten konnte.

Die Ausgestaltung der Moderation war eine der wenigen Freiheiten, die Jauch bei "Wer wird Millionär?" hatte. Alles andere, die Grundstruktur des Quiz mit den drei Jokern, der Aufbau des Studios, die Musik, Lichteinsätze und grafische Gestaltung, hatten die Schöpfer des Formats, David Briggs, Mike Whitehill and Steven Knight, minutiös festgeschrieben. Als eine der ersten Fernsehsendungen wurde "Wer wird Millionär?" mit eigener "Formatbibel" in über 100 Länder lizenziert. Heute ist diese Art von kreativer Kontrolle Standard bei der Vermarktung von Fernsehshows, "Wer wird Millionär?" gilt als meistverkaufte Show aller Zeiten.

Gescheiterte Nachahmer

Mit dem Format sei "ein wahnsinniges Beben durch die Fernsehlandschaft gegangen", sagt Medienwissenschaftler Richter. Viele Sender, vom ZDF bis zum Spartensender TM3, hätten um die Jahrtausendwende versucht, den Erfolg zu kopieren oder zu überbieten, indem sie immer höhere Gewinnsummen angeboten hätten.

Allerdings seien Nachahmer-Formate wie "Die Chance deines Lebens" auf Sat.1 an ihrer "Übersteigerungslogik" gescheitert, meint Richter. Dort wurden die Finalisten für eine Gewinnsumme von zehn Millionen Mark über mehrere Vorrunden aus 1.000 anfänglichen Kandidaten ausgewählt. So gelinge keine emotionale Anbindung an die Personen, sagt der Experte: "Man darf die Grundidee nicht zu einer großen Hallen-Show aufblasen."

Das deutsche Original läuft 25 Jahre später immer noch in gleicher Besetzung regelmäßig am Montagabend, mit gelegentlichen Spezialausgaben zu anderen Terminen, die stets hohe Einschaltquoten erzielen. Zum Jubiläum ist eine Sondersendung angekündigt. Für Christian Richter ist das Besondere an "Wer wird Millionär?" auch, dass es aus einer Zeit stammt, in der Fernsehzuschauer noch ausschließlich mit linearem Programm aufgewachsen sind: "Es ist eine der letzten großen Marken, die diese Generation mitgebracht hat."

Alexander Matzkeit Copyright: Foto: privat Darstellung: Autorenbox Text: Alexander Matzkeit arbeitet unter anderem als freier Journalist, Kritiker und Podcaster. Er hostet den Podcast "Läuft" von epd medien und Grimme-Institut.



Zuerst veröffentlicht 20.08.2024 09:31 Letzte Änderung: 22.08.2024 14:36

Alexander Matzkeit

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Shows, Matzkeit, Jauch, Wer wird Millionär, RTL, amk, NEU

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