03.09.2024 13:19
Bensheim (epd). Die Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste hat "Mein Sohn, Nephew and Bacsi" zum Hörspiel des Monats August gewählt. "Es ist ein auf den ersten Blick harmloser, wenn auch der vielleicht amüsanteste Briefwechsel zwischen einem Autor und seinem Übersetzer", erklärte die Jury am Montagabend in Bensheim. Das Hörspiel von Regisseur Leonhard Koppelmann wurde am 18. August im ORF erstmals gesendet und dreht sich um Ephraim Kishon, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, und den Übersetzer Friedrich Torberg.
"Unter dem Deckmäntelchen der Ironie und der Bewunderung füreinander fechten die beiden Dichter trotz vieler Huldigungen und lakonischer Heiratsanträge Grabenkämpfe aus", führte die Jury weiter aus. Der österreichisch-jüdische Kritiker und Autor Torberg, der kein Hebräisch konnte, habe Kishon über den Umweg des Englischen übersetzt und dabei offenbar einzelne Spitzen und Pointen in Eigenregie entfernt. So sei es zu Reibungen in Deutungsfragen gekommen.
Einzig in Bezug auf den Jom-Kippur-Krieg 1973 verebbe jegliche Ironie der Schreibenden und weiche dem Ärger und der Trauer über den "Verrat" der westlichen, auch der literarischen, Welt, die sich jeder Solidaritätsbekundung enthalte, schreibt die Jury. "Kriegerischer Auseinandersetzung mit Ironie begegnen, das ist beim vorliegenden Briefwechsel nicht immer erfolgreich."
Und so könne man sich fragen, ob hinter dem Geplänkel, den Foppereien und augenzwinkernden Haarspaltereien der wortgewandten Herren nicht eher ein nüchternes, nutznießerisches Arbeitsverhältnis stehe: "Das erneute Aufleben des Nahostkonfliktes im Jetzt zwischen Israel und Palästina schwingt bei den Hörenden als traurige Aktualität mit. Und hier wie auch im Briefwechsel scheint es unmöglich, darauf mit Ironie zu reagieren."
Die Jury der Akademie wählt jeden Monat aus den Einreichungen der Hörspielabteilungen der ARD und des Deutschlandradios sowie von ORF und SRF das Hörspiel des Monats. Am Ende des Jahres wählt sie aus diesen Monats-Siegern das Hörspiel des Jahres aus.
2024 ist das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) gastgebender Sender. Der Jury gehören die Kulturredakteurin vom "Bieler Tagblatt", Clara Gauthey, der Hörspielredakteur und -regisseur Claude Pierre Salmony und die Dramatikerin und Regisseurin Maria Ursprung an.
ema
Zuerst veröffentlicht 03.09.2024 15:19
Schlagworte: Medien, Radio, Auszeichnungen, Hörspiel, Kishon, Torberg, ORF, ema
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