17.09.2024 07:05
Köln (epd). Bei den turnusmäßigen Verhandlungen über eine neue Branchenvereinbarung zwischen dem Presse-Grosso und den Zeitschriftenverlagen drohen wieder mal schwierige Verhandlungen. Der Vorstandsvorsitzende des Medienverbandes der freien Presse (MVFP), Philipp Welte, erklärte am 3. September beim MVFP Distribution Summit in Hamburg, der Pressevertrieb müsse "zukunftsfest" aufgestellt werden, indem das bisherige Modell "grundlegend reformiert" wird.
Man müsse weiter konsolidieren und harmonisieren, erheblich in Technologie und Automatisierung investieren und damit die Systemkosten weiter senken, forderte Welte und betonte zugleich: "Auch in Zukunft muss das System flächendeckend, diskriminierungsfrei und der freie Marktzugang gewährleistet sein - für jeden Titel jeder Auflagengröße".
Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes Presse-Grosso (GVPG), Kai-Christian Albrecht, sagte dem epd am 11. September, es werde an einer weiteren Konsolidierung mit Hochdruck gearbeitet, um auch zukünftig einen diskriminierungsfreien Pressevertrieb überall in der Fläche wirtschaftlich aufrechterhalten zu können. Die Zahl der Grosso-Unternehmen sinkt seit Jahren. Zum 31. Dezember 2023 waren durch Fusionen und Verkäufe nur noch 15 Firmen im Markt aktiv, im Jahr 2014 zählte die Branche noch 58 Unternehmen.
Albrecht kritisierte die Forderung der Verlage nach einem radikalen Umbau des Vertriebssystems und einem maßgeblichen Einfluss auf die Grosso-Struktur. Ob die Etablierung einer ganz neuen Vertriebsstruktur in einem rückläufigen Markt sinnvoll ist, sei fraglich, weil man die Überlegungen der Verlage noch nicht genau kenne, sagte Albrecht: "Wirtschaftliche, rechtliche und prozessuale Risiken müssen vermieden werden. Die Mitglieder unseres Verbandes haben in mehreren Workshops Lösungen erarbeitet." Der Umbau müsse auf Augenhöhe erfolgen und allen Presse-Grossisten, die zukünftig am Markt aktiv sein wollen, eine eigenständige Perspektive eröffnen.
Nach schwierigen Verhandlungen hatte sich der Grosso-Verband zuletzt Ende Februar 2023 mit den Verlagen auf eine neue Branchenvereinbarung geeinigt, die im Frühjahr 2025 ausläuft. Die Vereinbarung regelt die Voraussetzungen, Konditionen und Leistungen für den Sortimentsvertrieb durch die Presse-Grossisten.
Wie schon bei den vorangegangenen Verhandlungen war es auch 2023 zu Verwerfungen gekommen. Die Verlage hatten "maximale Synergien" im Pressevertrieb gefordert und dazu auch die grundsätzliche Gestaltung des Pressevertriebssystems in Deutschland infrage gestellt. Der damalige Verbandspräsident Frank Nolte hatte dies als "einen Frontalangriff auf das Grosso" bezeichnet.
Der Branchenumsatz im Presse-Grosso war im vergangenen Jahr laut Geschäftsbericht 2023 um 3,27 Prozent auf 1,52 Milliarden Euro gesunken. Im Kernsegment Presse verringerte sich der Umsatz demnach um 2,8 Prozent auf 1,47 Milliarden Euro. Insgesamt seien in den Presse-Verkaufsstellen 2023 rund 875 Millionen Exemplare Zeitungen und Zeitschriften verkauft worden, 10,22 Prozent weniger als im Vorjahr.
In Deutschland werden die Verkaufsstellen des Einzelhandels ausschließlich durch das Presse-Grosso mit Zeitungen und Zeitschriften beliefert. Das System soll einen diskriminierungsfreien Marktzugang und eine flächendeckende Versorgung mit Pressetiteln gewährleisten. Die Grossisten haben in der Regel jeweils ein Gebietsmonopol. Sie kaufen die Zeitungen und Zeitschriften von Verlagen und verkaufen sie zu festen Preisen an die Einzelhändler. Ihre Vergütung richtet sich nach Handelsspannen, die jeweils für mehrere Jahre vereinbart werden.
nbl
Zuerst veröffentlicht 17.09.2024 09:05
Schlagworte: Medien, Presse, Vertrieb, Presse-Grosso, nbl
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