Bundesverfassungsgericht kippt Teile des BKA-Gesetzes - epd medien

02.10.2024 08:21

Polizeiwagen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe

Karlsruhe (epd). Das Bundesverfassungsgericht hat Teile des BKA-Gesetzes für verfassungswidrig erklärt. Unter anderem die Speicherung von Daten in einer gemeinsamen polizeilichen Datenbank von Bund und Ländern sei in der dort normierten Form nicht mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar, urteilten die Karlsruher Richter am 1. Oktober. Zu den Beschwerdeführenden gehörten Rechtsanwältinnen, ein politischer Aktivist und Mitglieder der Fußball-Fanszene. Eine Neuregelung muss bis zum 31. Juli 2025 erfolgen. (AZ: 1 BvR 1160/19)

Angegriffen worden war in der Beschwerde auch die Befugnis des Bundeskriminalamts (BKA) zur heimlichen Überwachung von Kontaktpersonen mit besonderen Mitteln zum Zweck der Terrorismusabwehr. Die Regelung ermächtigt das BKA zu heimlichen Überwachungsmaßnahmen gegenüber Personen, gegen die selbst kein Verdacht terroristischer Aktivitäten besteht, die aber in einem Näheverhältnis zu einer verdächtigen Person stehen.

"Eingriffsintensive Überwachungsbefugnis"

Die gestatteten Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung könnten erhebliches Gewicht haben, führte das Bundesverfassungsgericht aus. Insbesondere wenn die Maßnahmen gebündelt durchgeführt würden und darauf zielten, "möglichst alle Äußerungen und Bewegungen zu erfassen und bildlich wie akustisch festzuhalten", könnten sie tief in die Privatsphäre eindringen. Die diesem Eingriffsgewicht entsprechenden verfassungsrechtlichen Anforderungen wahre das BKA-Gesetz in der aktuellen Form nicht.

Der Einsatz einer "eingriffsintensiven heimlichen Überwachungsbefugnis" setze schon gegenüber der verdächtigen Person eine "wenigstens konkretisierte Gefahr für ein hinreichend gewichtiges Rechtsgut voraus". Sollen auch Kontaktpersonen aus dem Umfeld der verantwortlichen Person mit derartigen Mitteln überwacht werden, bedürfe es "einer hinzutretenden spezifischen individuellen Nähe der Betroffenen zu der aufzuklärenden Gefahr", so die Richter.

DJV sieht Sieg für die Pressefreiheit

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) bezeichnete das Urteil als Sieg für die Pressefreiheit. Insbesondere Journalistinnen und Journalisten, die in kriminellen Milieus recherchierten, würden von dem Richterspruch profitieren. "Die bisherige Praxis läuft nach dem Motto 'mitgehangen, mitgefangen'", erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. "Karlsruhe hat unübersehbar das Stoppschild aufgestellt."

Der DJV-Vorsitzende forderte, dass der Gesetzgeber bei einer Reform des BKA-Gesetzes genauestens die Vorgaben des Gerichts beachten müsse. An der Notwendigkeit von Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger bestehe kein Zweifel. "Diese Sicherheit muss aber verfassungskonform sein", so Beuster.

Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Jahr 2016 über heimliche Überwachungsmaßnahmen des BKA geurteilt und deren gesetzliche Ausgestaltung in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Daraufhin wurde das BKA-Gesetz geändert, die neue Fassung trat im Mai 2018 in Kraft.

rid



Zuerst veröffentlicht 02.10.2024 10:21

Schlagworte: Medien, Recht, BKA-Gesetz, Pressefreiheit, DJV, rid

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