14.05.2025 09:00
Köln (epd). Die ARD hat im Rechtsstreit mit Joyn über die ungenehmigte Einbindung der Mediathek ins Angebot des Streamingdienstes einen Erfolg errungen. Das Landgericht Köln gab der Klage des öffentlich-rechtlichen Senderverbundes gegen den Medienkonzern ProSiebenSat.1 mit Urteil vom 15. April im Eilverfahren teilweise statt. Die ARD drang mit der Argumentation durch, dass ihr Unterlassungsansprüche aus dem Datenbankherstellerrecht zustünden. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. (AZ: 14 O 82/25)
ProSiebenSat.1 darf laut dem Ende April veröffentlichten Urteil nicht mehr "einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank 'ARD Mediathek'" öffentlich wiedergeben, indem die jeweils aktuell darin enthaltenen Videos auf der eigenen Plattform verfügbar gemacht werden. Außerdem darf der Konzern in einem eigenen Mediathek-Angebot nicht mehr markenmäßig die Bezeichnungen "ARD-Mediathek" und "Das Erste" verwenden.
Nach wochenlangem Streit hatte Joyn Anfang März die Mediatheken von ARD und ZDF aus seinem Angebot entfernt. Das "vorläufige Beta-Testing auf der Streamingplattform" werde abgeschaltet, hieß es damals. Man nehme mit den öffentlich-rechtlichen Sendern "konkrete Gespräche über eine zukünftige Zusammenarbeit auf".
Wie das Landgericht Köln ausführte, waren die ARD-Inhalte mindestens seit dem 31. Januar 2025 auf Joyn verfügbar. Daraufhin mahnten die ARD-Sender ProSiebenSat.1 mit anwaltlichem Schreiben vom 5. Februar ab, das Unternehmen wies die Abmahnung am 12. Februar jedoch zurück. Daraufhin klagte der Senderverbund. Die Integration der Inhalte der ARD-Mediathek sei "gegen den ausdrücklichen Willen" der ARD bis zum 5. März fortgesetzt worden, hielt das Gericht fest.
Das Embedding der ARD-Inhalte bei Joyn habe auch dazu geführt, dass Video-on-Demand-Kunden den ARD-Verwertungstöchtern signalisiert hätten, bei ARD-Inhalten mit Mediathekenverfügbarkeit von weiteren Lizenzierungen Abstand nehmen zu wollen, führte das Gericht weiter aus. Diese Kunden hätten erklärt, sie wollten ebenfalls den Weg des Embeddings nutzen.
Die ARD hatte in ihrer Klage Verstöße gegen unterschiedliche Gesetzeswerke moniert, darunter das Urheberrechtsgesetz, der Medienstaatsvertrag, das Markengesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Unterlassungsansprüche sah das Landgericht allerdings nur mit Blick auf das Urheberrecht und das Markenrecht.
Die ARD-Mediathek sei eine Datenbank, an der ein Datenbankschutzrecht gemäß 87a Urheberrechtsgesetz bestehe, führten die Richter zur Begründung aus. Es handele sich um eine Sammlung von Werken beziehungsweise von vielfältigen Daten. ProSiebenSat.1 hatte bestritten, dass die ARD-Sender ein Datenbankherstellerrecht hätten. So sei bereits unklar, wer Rechteinhaber sein solle.
Für unanwendbar erklärte das Gericht Paragraf 80 Abs. 1 Nr. 3 des Medienstaatsvertrags. Die Kammer habe "erhebliche Zweifel an der Bestimmtheit der Norm" und ihrer Vereinbarkeit mit Bundesrecht und europäischem Recht. Insbesondere sei unklar, was unter dem Begriff der "Vermarktung" zu verstehen sei. Die Vorschrift besagt, dass Rundfunkprogramme oder rundfunkähnliche Telemedien ohne Zustimmung des Anbieters "nicht in Angebotspakete aufgenommen oder in anderer Weise entgeltlich oder unentgeltlich vermarktet oder öffentlich zugänglich gemacht" werden dürfen.
Ein ProSiebenSat.1-Sprecher erklärte auf epd-Anfrage, der Konzern werde die Entscheidung nun analysieren und dann über die nächsten Schritte entscheiden. Positiv sei, dass das Landgericht auf das Datenbankherstellerrecht abgestellt habe. Ein Embedding von Inhalten bleibe demnach grundsätzlich zulässig, solange nicht die gesamte Mediathek oder wesentliche Teile davon eingebunden würden.
"Die Argumentation über das Datenbankrecht ist für uns überraschend, da wir bei der Einbindung von Mediathekeninhalten von ARD und ZDF bewusst auf eine selektive Auswahl der Inhalte verzichtet haben, um die ARD- und ZDF- Mediatheken in Gänze abzubilden", betonte der Sprecher. Ungeachtet des Rechtsstreits sei ProSiebenSat.1 "darauf bedacht, den Geist echter Kooperation zu leben und diesen gemeinsam umzusetzen".
Eine ARD-Sprecherin sagte dem epd, das Landgericht Köln habe klar festgestellt, dass die Vorgehensweise von Joyn nicht zulässig gewesen sei: "Die ARD-Mediathek ist ein Gesamtangebot und als solches geschützt." Sie dürfe also nicht ohne die Zustimmung der ARD in andere Medienplattformen integriert werden. "Inhalte dürfen insbesondere nicht ohne Einverständnis herausgelöst und neu zusammengestellt werden", erklärte die Sprecherin.
Auf der Webseite von Joyn waren die Mediatheken von ARD und ZDF zeitweise in der Übersicht prominent über den eigenen Angeboten platziert. ProSiebenSat.1 bezeichnete das Vorgehen als rechtlich zulässig und verwies auf Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und ein Gutachten im Auftrag des Konzerns. Das ZDF klagte ebenfalls gegen das Vorgehen, wandte sich aber an das Landgericht München I. Dessen Urteil steht noch aus.
nbl/rid
Zuerst veröffentlicht 14.05.2025 11:00
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Streaming, Justiz, Joyn, ARD, nbl, Nebel, rid
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