Wenig Gefühl - epd medien

10.05.2024 10:59

Die "Terra-X"-Reihe "Zeitreise Heimat" im ZDF will der Frage nachgehen, was Heimat. ist. Mirko Drotschmann legt in seinen Reisen nach München, Berlin und Hamburg den Fokus aber vor allem auf die Geschichte dieser Städte.

ZDF-Moderator Mirko Drotschmann vor dem Brandenburger Tor in der "Terra-X"-Reihe "Zeitreise Heimat - Berlin"

epd Die dreiteilige "Terra-X"-Reihe "Zeitreise Heimat … nach München, Berlin und Hamburg" will einem Gefühl nachgehen: Was heißt Heimat? Und was macht eine Stadt zu dem Ort, an dem man sein will? Dazu, und das ist das größte Manko dieser Reihe, geht der Host und Moderator Mirko Drotschmann weit zurück in die Vergangenheit. Er führt vor allem durch die Geschichte dieser drei Städte. Das ist zwar meist spannend aufbereitet und faktenreich - doch ist die Vermittlung von Fakten dazu geeignet, ein Gefühl zu vermitteln? Eher nicht. Es fehlt hier an Herz und vor allem Sinnlichkeit. Natürlich prägt die Vergangenheit die Gegenwart, aber Heimat ist mehr als die Geschichte eines Ortes.

In der ersten Folge reist Drotschmann nach München. Er erzählt von der Gründungsgeschichte, von wichtigen historischen Orten, von Menschen, die die Stadt prägten - wie die Flößer in Wolfratshausen. Es geht um die Isar und das Voralpenland, den Viktualienmarkt und natürlich Brez'n, Weißwurst und Bier ... Das Oktoberfest darf nicht fehlen sowie die Bedeutung Münchens für den Aufstieg von Adolf Hitler und seiner nationalsozialistischen Bewegung.

Starke Protagonisten

Manchmal, bei wichtigen historischen Zäsuren, visualisieren Animationen die Informationen, die der Text transportiert. Das ist solides Handwerk, und Drotschmann gelingt es durch seine sympathische Art, Nähe zum Publikum herzustellen. Er zeigt München aus seiner Perspektive, darf auch mal selbst ran und versucht sich am Weißwurst-Machen. Doch da er kein gebürtiger Münchner ist, fällt es ihm schwer zu vermitteln, was München für die Menschen, die dort leben, zur Heimat macht.

Die zweite Folge führt nach Berlin. Wieder liegt der Fokus auf historischen Zusammenhängen - dafür steht "Terra X". Wie schon in München und später auch in Hamburg trifft Drotschmann Bewohner und Bewohnerinnen, die für einen Aspekt dieser Stadt stehen. Da ist die deutsch-türkische Juristin und Autorin Melda Akbas, Enkelin von Gastarbeitern. Oder die Filmemacherin und Reiseleiterin Nirit Ben-Joseph, die als jüdische Israelin dem Host und Publikum die Bedeutung der von Juden gegründeten Modeindustrie für den Aufstieg Berlins als Wirtschaftsmetropole erläutert. Sie geht auch ein auf die Vernichtung des europäischen Judentums, die unweit von Berlin auf der Wannsee-Konferenz 1942 detailliert geplant wurde.

Drotschmann spricht auch mit Dietmar Arnold, der im geteilten Berlin aufgewachsen ist und heute Fluchttunnel-Führungen anbietet. In ihrer Unterschiedlichkeit und Präsenz hätten die Protagonisten durchaus das Zeug, einer Nicht-Berlinerin ihr ganz persönliches Gefühl von Heimat näherzubringen. Doch auch hier geht es zu viel um Fakten und zu wenig um das sehr subjektive und ambivalente Gefühl, was Heimat ist.

In Hamburg isst man Fischbrötchen

Was für München die Weißwurst und für Berlin der Döner, ist für Hamburg das Fischbrötchen. Das ist wenig überraschend, aber es hat auch etwas mit Heimatgefühl zu tun. Drotschmann erkundet den Hamburger Dom, der hier nichts mit Kirche zu tun hat, sondern ein Jahrmarkt ist, die Untertunnelung der Elbe, den Hafen, die Kaffeehäuser, die Elphi, die Speicherstadt, die Reeperbahn, die Davidwache und den Fischmarkt. Manches Detail, das hier gezeigt wird, dürfte nur Einheimischen oder Kennern vertraut sein.

Das hilft zu verstehen, wie Hamburg zu dem geworden ist, was es heute ist. Aber warum bekommt der "Aale-Dieter", ein Marktschreier auf dem Fischmarkt, nur so wenig Sendezeit? Der 85-jährige Dieter Bruhn, der seit 65 Jahren auf dem Fischmarkt arbeitet und über die Stadt hinaus berühmt ist, sagt, was für ihn ein echter Hamburger ist: "Man muss geradlinig sein, bei mir ist immer 'Ein Mann, ein Wort', richtiger Hamburger, durch und durch." Davon hätte man gerne mehr gehört.

infobox: "Terra X: Zeitreise Heimat... nach München, Berlin und Hamburg", dreiteilige Reihe mit Mirko Drotschmann, Regie und Buch: Alisa Ruprecht, Judith Voelker, Kamera: Matthias Kraus (ZDF, 12.5., 19.5. und 26.5.24, jeweils 19.30-20.15 Uhr und seit dem 8.5.24 in der ZDF-Mediathek)



Zuerst veröffentlicht 10.05.2024 12:59 Letzte Änderung: 14.05.2024 10:00

Elisa Makowski

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), ZDF, TerraX, Heimat, Makowski, NEU

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