Ferngesteuerter Schabernack - epd medien

13.05.2024 10:29

Der ZDF-Film "Unsichtbarer Angreifer" nimmt sich das Thema Künstliche Intelligenz vor, durchdringt es aber höchstens oberflächlich, meint Andrea Kaiser.

Emma (Emily Cox) hat ein Faible für die digitale Welt

epd Das Ehepaar Emma (Emily Cox) und Amir Turgut (Denis Moschitto), besonders Emma, sind Fans der schönen neuen Digitalwelt. Sie haben ihr Häuschen am See in ein "Smarthome" verwandelt. Das heißt, die Kaffeemaschine kocht den Kaffee jeden Tag zur selben Uhrzeit von allein. Man kann die Sauna aus der Ferne anheizen. Und wenn man "Samira, fahr die Rollläden hoch" sagt, gehen die Rollläden hoch.

Was für Menschen, die das entsprechende Geld und Sinn für Schnickschnack haben und mit "Alexa" oder "Siri" zusammenwohnen, längst Realität ist, wird in diesem ZDF-Film inszeniert, als handle es sich dabei um den letzten Schrei. Dabei hätte sich etwa das mit dem Kaffee, wenn man so etwas denn will, mit mechanischer Zeitschaltuhr auch schon vor vielen Jahrzehnten regeln lassen.

Niedliches Roboterchen

Was in der Realität im Gegensatz zu Familie Turgut aber wohl kaum jemand hat, ist so ein niedliches Roboterchen, wie man es aus Artikeln über den Pflegenotstand kennt: Könnte so ein Kerlchen nicht auch Tabletten ausgeben und Betten machen? Wozu sollte ein Privathaushalt so einen Roboter aber auch haben - von größerem realem Nutzen sind die kleinen weißen Männchen auf dieser Welt bisher wohl nicht.

Egal, die Turguts sind halt Fans und probieren alles aus. Was ihnen mit konventionellen Zeitschaltuhren nicht hätte passieren können: Sie werden gehackt. Kein Wunder, wenn man das Netzwerk von einem Hacker warten lässt. Und wenn man sich von so einem Typ sogar noch eine App mit geheimer Backdoor programmieren lässt, ist das natürlich ganz besonders dumm gelaufen. Emma Turgut ist das passiert.

Der heimlich in sie verknallte Programmierer Georg (Golo Euler) treibt also ferngesteuerten Schabernack, er stellt die Sauna auf heiß und ordert zu viel Kaffee. Der Zurückgewiesene schadet Psychotherapeutin Emma Turgut schließlich richtig, indem er die von ihr in Auftrag gegebene Therapie-App durchdrehen lässt und den Patienten empfiehlt, sich eine neue Therapeutin zu suchen.

Auf seichte Weise

All das - sowie die wachsende innere Distanz des Ehegatten zur modernen Technik - erzählt dieser Film auf seichte Weise. Ungezählte Male soll man ernsthaft staunen, dass ein Vollautomat "von alleine" Kaffee kocht oder Bohnen automatisch nachbestellt werden. Wie ist es doch bemerkenswert, dass sich selbst eine Haustür ferngesteuert öffnen lässt (wie auch - wenn auch mit anderer Technik - seit Jahrzehnten beispielsweise Garagentore).

Es gibt viele spannende und fantasievolle Filme über die möglichen Folgen "neuer" digitaler Technik - erinnert sei hier nur an die "Black Mirror"-Folgen (Netflix), die in der nahen Zukunft spielen. Dieser Film zeigt dagegen wenig Vorstellungskraft. Das Thema wirkt gedanklich nicht durchdrungen.

Dafür atmet "Unsichtbarer Angreifer" eine Art klammheimlicher, unreflektierter Konservativität. Die Moral von der Geschicht scheint zu lauten, dass der ganze moderne Kram unterm Strich dann wohl "irgendwie" doch schlecht sei. "Irgendwie" erscheint Emma Turguts technikfeindliche Freundin Maria (Yodit Tarikwa) auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Für sie ist schon ein Bewerbungsgespräch per Video eine viel zu große Zumutung. Zu dumm, dass sie mit dieser Haltung leider keinen Job mehr findet. Immerhin wird das hier nicht verschwiegen.

infobox: "Unsichtbarer Angreifer", Fernsehfilm, Regie: Martina Plura, Buch: Willi Kubica, Kamera: Monika Plura, Produktion: Ufa Fiction (ZDF, 13.5.24, 20.15-21.45 Uhr und seit 4.5.24 in der ZDF-Mediathek)



Zuerst veröffentlicht 13.05.2024 12:29 Letzte Änderung: 13.05.2024 12:33

Andrea Kaiser

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Kubica, Fernsehfilm, Kaiser, NEU

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