KEK sieht KI als Konzentrationsbeschleuniger - epd medien

29.05.2024 14:43

In ihrem aktuellen Jahresbericht widmet sich die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Diese könnte den schon jetzt dominierenden Big-Tech-Unternehmen noch mehr Marktmacht geben.

Logo des KI-basierten Google-Chatbots Gemini auf der re:publica 24

Berlin (epd). Einzelne Big-Tech-Anbieter wie Google oder Meta könnten Experten zufolge ihre Marktmacht durch Kooperationen im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI) noch stärker auf sich konzentrieren. "Die zukünftige Bedeutung, die KI-Anwendungen gegenwärtig beigemessen wird, kann kaum zu hoch eingeschätzt werden", resümierte die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) in ihrem Jahresbericht für 2023, der am 27. Mai veröffentlicht wurde.

Volle Kontrolle für US-Plattformen

Ein wesentlicher Faktor für KI-Anwendungen sei der Zugriff auf große Datenmengen, womit die Systeme trainiert und optimiert würden. "Datensätze fallen umso umfangreicher an, je stärker ein Angebot genutzt wird", heißt es in dem Bericht. Laut dem Medienwissenschaftler Martin Andree von der Universität Köln, mit dem sich die KEK ausgetauscht hat, stehen den großen Plattformunternehmen aktuell auch die größten Nutzer-Datensätze zur Verfügung. KI wirke somit als Konzentrationsbeschleuniger.

Die Folge sei, dass Tech-Monopole die digitale Wirtschaft kontrollierten, redaktionelle Medien die Finanzierungsgrundlage verlören und US-Plattformen in absehbarer Zukunft die politische Öffentlichkeit kontrollierten, heißt es in dem Bericht mit Blick auf Andrees Thesen. Es bestehe dringender Handlungsbedarf.

Pay-TV- und Streaming-Angebot stagniert

In Deutschland seien zum 31. Dezember 2023 insgesamt 216 private Fernsehprogramme mit bundesweiter Zulassung auf Sendung gewesen (2022: 210), heißt es in dem 25. Jahresbericht der KEK. Darüber hinaus hätten 31 weitere Programme über eine Sendelizenz verfügt, ihren Sendebetrieb aber entweder noch nicht aufgenommen oder wieder eingestellt. Das Angebot an Pay-TV-Programmen und Streaming-Angeboten habe im vergangenen Jahr stagniert, vermehrt seien Free-TV-Programme zugelassen worden. Sky Deutschland bleibt der führende Pay-TV-Anbieter nach Zuschaueranteilen.

Das öffentlich-rechtliche Programmangebot umfasst dem Bericht zufolge insgesamt 21 Programme". Des weiteren seien verschiedene Teleshopping-Sender, Programme mit einer ausländischen Lizenz und mehr als 200 regionale und lokale Fernsehprogramme zu empfangen.

Das lineare Fernsehen sei nach wie vor das meistgenutzte Medium, ihm komme mit Blick auf die Meinungsbildung in der Gesellschaft "weiterhin eine herausgehobene Bedeutung zu", so die KEK. Zugleich steige die Nutzung von Bewegtbildangeboten im Internet kontinuierlich über alle Altersgruppen hinweg. Personen bis einschließlich 49 Jahren nutzten bereits überwiegend Online-Videoangebote: "Zweifellos sind Bewegtbildangebote im Internet in ihrer Wirkmacht mit klassischen TV-Angeboten vergleichbar."

Rechtliche Grenzen

Das fernsehzentrierte Medienkonzentrationsrecht stoße hierbei an seine Grenzen, führte die KEK aus. Zahlreiche publizistische Online-Angebote könnten medienkonzentrationsrechtlich nicht erfasst werden. Die KEK hatte ihre Forderung nach einer Erneuerung des Medienkonzentrationsrechts bereits im vergangenen Jahresbericht bekräftigt. Die altersbezogene Analyse der Nutzungszeiten einzelner Medienangebote und -gattungen zeige einen deutlichen Wandel in der Mediennutzung, insbesondere - aber nicht ausschließlich - in jüngeren Altersgruppen, hieß es im Mai 2022. Hierauf habe das gegenwärtige Medienkonzentrationsrecht "praktisch keine Antworten".

In einer Protokollerklärung des Medienstaatsvertrags, der im November 2020 in Kraft trat, hatten sich die Bundesländer verpflichtet, eine Reform des Medienkonzentrationsrechts in Angriff zu nehmen. Auch die KEK mahnte die Reform bereits mehrfach an.

ZDF wird am meisten gesehen

Wie bereits 2022 erreichten die öffentlich-rechtlichen Programme in ihrer Gesamtheit auch im vergangenen Jahr einen kumulierten Zuschaueranteil von 50,3 Prozent. Auf die Privaten sei demnach ein gemeinsamer Zuschaueranteil von 49,7 Prozent. entfallen. Mit einem Zuschaueranteil von 14,6 Prozent sei das ZDF das meistgesehene Programm gewesen.

Bei den Senderfamilien habe RTL Deutschland einen Zuschaueranteil von 22,4 Prozent (2022: 21,9 Prozent) und die ProSiebenSat.1-Gruppe 15,3 Prozent (2022: 15,9 Prozent) erreicht. Auf alle anderen Programme entfiel laut KEK ein kumulierter Zuschaueranteil von 12,0 Prozent (2022: 11,9 Prozent).

Öffentlich-Rechtliche werden intensiver genutzt

Mit Blick auf die Zuschaueranteilsentwicklung der Programme und Veranstaltergruppen werde deutlich, dass die Öffentlich-Rechtlichen "immer intensiver" genutzt würden, die Privaten jedoch - "mit Ausnahme kleinerer Zielgruppensender" - kontinuierlich an Zuschaueranteilen verlören. Diese Entwicklung korreliere mit dem stark altersabhängigen TV-Nutzungsverhalten. "In der Altersgruppe ab 50 Jahren wird immer mehr ferngesehen, während die unter 50-Jährigen sich zunehmend vom traditionellen Fernsehen abwenden und stattdessen Internetvideos schauen", heißt es im Jahresbericht.

Die Hauptnutzer der öffentlich-rechtlichen Programme seien ältere Bevölkerungsgruppen, die Jüngeren bevorzugten das Privatfernsehen. "So verwundert es nicht, dass auch die beiden großen privaten Sender RTL und Sat.1 erhebliche Zuschaueranteilsverluste hinnehmen müssen." Der Sat.1-Zuschaueranteil sei von 10,1 Prozent im Jahr 2010 auf nur noch 4,7 Prozent im vergangenen Jahr gefallen. "RTL verlor im selben Zeitraum 5,8 Prozentpunkte, der Zuschaueranteil ist von 13,6 Prozent (2010) auf 7,8 Prozent (2023) gesunken", so die KEK.

cph



Zuerst veröffentlicht 29.05.2024 16:43 Letzte Änderung: 30.05.2024 03:32

Schlagworte: Medien, Internet, KEK, KI, Google, Meta, cph, Medienkonzentration, NEU

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