EU-Kommission kritisiert deutsche Jugendmedienschutz-Pläne - epd medien

29.07.2024 09:39

Minderjährige sollen besser vor schädlichen Inhalten geschützt werden

Frankfurt a.M. (epd). Die Europäische Kommission hat deutliche Bedenken hinsichtlich der geplanten Novelle des Jugendmedienschutzrechts durch die Bundesländer. Das geht aus einer zwölfseitigen Stellungnahme der Kommission hervor, die sie im Juli veröffentlichte. Die Bundesländer wollen mit der Novelle des Sechsten Medienänderungsstaatsvertrags Minderjährige besser vor schädlichen Inhalten im Internet schützen. Die Ministerpräsidenten haben sich im Frühjahr auf einen Staatsvertragsentwurf geeinigt, der Anfang April wurde der EU-Kommission zur Prüfung übermittelt wurde.

Aus Sicht der Kommission entspricht das Ziel des Jugendmedienschutzes dem des Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union, mit dem Online-Dienste, darunter auch Video-Sharing-Portale, reguliert werden. Der DSA, der seit Februar für alle Mitgliedstaaten gilt, erfasst auch sehr große Online-Plattformen mit mehr als durchschnittlich 45 Millionen Nutzern pro Monat wie Google, Facebook oder Youtube. Um die Schutzziele zu erreichen, können diese laut DSA auch "Werkzeuge zur Altersüberprüfung" einsetzen.

Im Einklang mit Unionsrecht

Die Bundesländer wollen durch ihre Novelle den technischen Jugendschutz stärken. Das betrifft Anbieter von solchen Betriebssystemen, die Kinder und Jugendliche üblicherweise nutzen, etwa auf Smartphones oder Spielekonsolen. Laut den Plänen der Länder müssen diese Systeme künftig den Einsatz einer "Jugendschutzvorrichtung" ermöglichen, damit dort bestimmte Altersstufen (ab sechs oder ab zwölf Jahren) aktiviert werden können. So sollen Eltern einstellen können, dass ihre Kinder nur solche Angebote nutzen können, die ihrer Altersstufe entsprechen.

Der DSA gelte als Verordnung unmittelbar in allen Mitgliedstaaten, ohne dass weitere Maßnahmen erforderlich seien, so die EU-Kommission in ihrer aktuellen Stellungnahme. Die Mitgliedstaaten seien daher daran gehindert, nationale Maßnahmen zu ergreifen, die sich mit dem DSA überschneiden oder ihm zuwiderlaufen würden. Nationale Anforderungen zum Schutz von Minderjährigen vor schädlichen Online-Inhalten müssten im Einklang mit dem Unionsrecht stehen.

Arbeit an einer EU-Lösung

Die Kommission verweist mit Blick auf den DSA auf die Überprüfung des Alters der Nutzer. Hierzu werde "intensiv an dieser EU-weiten Lösung" gearbeitet. Die in Deutschland geplanten Regelungen könnten eine Übergangslösung sein. Es sollte einen Mechanismus geben, durch den diese nationalen Maßnahmen aufgehoben werden könnten, "die nach der Umsetzung der europäischen technischen Lösung überflüssig werden", so die Kommission.

Außerdem will die Kommission das in der E-Commerce-Richtlinie der EU verankerte Herkunftslandprinzip gewahrt wissen. Demnach gilt für Dienste der Informationsgesellschaft, dass diese in der Regel dem Recht des Mitgliedstaats unterliegen, in dem sie ihren Sitz haben. Die Kommission spricht vom "Grundsatz der Kontrolle durch das Herkunftsland". Die Bundesländer würden nach dem Wortlaut der geplanten Regelungen im Sechsten Medienänderungsstaatsvertrag diesen Grundsatz nicht beachten.

Länder stimmen sich über weiteres Vorgehen ab

Nach Ansicht der Kommission wollen die Länder "allgemeine und abstrakte Verpflichtungen für Dienstleistungserbringer unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung" einführen, die damit "unterschiedslos für inländische und ausländische Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft" gelten sollen. Das reiche aber nicht aus, um von diesem Grundsatz abzuweichen.

Die Regelungen müssten bestimmter ausfallen, heißt es aus Brüssel: Auch der Europäische Gerichtshof habe in seiner jüngsten Rechtsprechung festgestellt, dass allgemeine und abstrakte Regelungen nicht genügten. Die EU-Kommission fordert mit ihrer Stellungnahme "die deutschen Behörden" nun unter anderem auf, dafür zu sorgen, dass das endgültige Gesetz mit der Aufsichts- und Durchsetzungsstruktur des DSA in Einklang stehe. Die Kommission sei "über die Maßnahmen zu unterrichten", die als Folge ihrer Stellungnahme nun in Deutschland getroffen werden sollen.

Die rheinland-pfälzische Staatskanzlei, die die Arbeit der Rundfunkkommission der Bundesländer koordiniert, erklärte auf epd-Nachfrage, dass im Länderkreis aktuell die von der EU-Kommission vorgelegte Stellungnahme im Detail ausgewertet werde, die "Bedenken hinsichtlich der Abgrenzung nationaler und europäischer Regelungen" enthalte. Man stimme sich über das weitere Vorgehen ab. Im Mai hatte die Rundfunkkommission beschlossen, den Ministerpräsidenten zu empfehlen, in ihrer Jahreskonferenz im Oktober den Sechsten Medienänderungsstaatsvertrag anzunehmen. Anschließend sollen die Landtage über die Inhalte des Staatsvertrags informiert werden. Laut dem Beschluss der Rundfunkkommission planen die Ministerpräsidenten, "den Staatsvertragsentwurf bis zum April 2025 zu unterzeichnen".

vnn



Zuerst veröffentlicht 29.07.2024 11:39 Letzte Änderung: 03.09.2024 12:21

Schlagworte: Medien, Medienpolitik, Gesetze, Jugendmedienschutz, Staatsvertrag, Europäische Kommission, vnn, NEU

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