"Exzess - Eine Techno-Oper" bei Prix Italia ausgezeichnet - epd medien

08.10.2024 07:49

Innovativ und mutig: Die deutsche Produktion "Exzess - Eine Techno-Oper" von Noam Brusilovsky und Tobias Purfürst ist beim Prix Italia in Turin ausgezeichnet worden. Bei dem Festival wurden Preise für Fernseh-, Audio- und digitale Produktionen in neun Kategorien vergeben. Hinzu kamen drei Sonderpreise.

Die Regisseure Noam Brusilovsky und Tobias Purfürst bei den Aufnahmen für "Exzess - Eine Techno Oper"

Turin (epd). Die RBB-Produktion "Exzess - Eine Techno-Oper" ist am 4. Oktober beim Prix Italia in Turin mit dem Preis in der Kategorie "Radio & Podcast Music" ausgezeichnet worden. Der Preis in der Kategorie "TV Documentary" ging an die italienisch-deutsche Koproduktion "Gefährlich nah - Wenn Bären töten" (BR/SWR/RAI/Sky) von Andreas Pichler. Die Dokumentation war von der RAI für den Prix Italia eingereicht worden.

Die Jury der Kategorie "Radio & Podcast Music" lobte, "Exzess" von Noam Brusilovsky und Tobias Purfürst sei eine innovative und mutige Produktion mit einem "unglaublichen Sounddesign". Das Stück biete einen "exklusiven Zugang" zur Techno-Club-Kultur in Berlin und verbinde eine leidenschaftliche, tabubrechende Erzählhaltung mit eindringlichem Sound. Purfürst und Brusilovsky hätten ein "neues Genre" geschaffen, dies sei "echte Radiokunst".

Nominiert waren in dieser Kategorie außerdem die dänische Produktion "Hvem er Tessa?" ("Who is Tessa?" DK) und die britische Produktion "Between the Ears: Henry Mancini" (BBC).

Universelle Themen

In der Kategorie "Radio & Podcast Drama" ging der Preis an die ORF-Produktion "Blasse Stunden" von Manuela Tomic und Andreas Jungwirth. Das Hörspiel beschäftige sich mit der Frage, wie der Krieg in Bosnien bis heute in einer Familie nachwirkt, von der einige Familienmitglieder nach Österreich geflohen sind, lobte die Jury. Es gehe um die Themen Krieg, Exil, Migration, erzählt werde die Geschichte in einem "Mosaik von Sprachen". Es würden universelle Themen wie kulturelle Identität, Familientraumata und familiäre Beziehungen verhandelt, zugleich sei das Stück sehr persönlich und verletzlich.

Nominiert waren in dieser Kategorie außerdem die finnische Produktion "Medeas Dotter" ("Medea's Daughter", YLE) und das BBC-Hörspiel "Voices from the End of the World".

Moderne Audio-Dokumentationen

Den Preis in der Kategorie "Radio & Podcast Documentary and Reportage" erhielt die BBC-Produktion "To Catch a Scorpion". Die Jury lobte, die britischen Autoren des investigativen Stücks über den Kopf eines Schleuserrings, der international gesucht wurde, hätten unglaublichen Mut und Kreativität bewiesen. Der neunteilige Podcast sei ein großartiges Beispiel für moderne Audio-Dokumentationen. Durch ihre Recherche fanden die Autoren den "Skorpion" und trugen zu seiner Verhaftung bei.

In der Kategorie waren außerdem die dänische Produktion "Kidnappet" ("Kidnapped", DR) und die schwedische Produktion "Noahy nya pappor" ("Noahs New Dads", SR) nominiert.

Versagen von Polizei und Justiz

Mit dem Preis in der Kategorie "TV Performing Arts" wurde die BBC-Dokumentation "Peaky Blinders: Rambert's Redemption of Thomas Shelby" ausgezeichnet. Die Jury lobte das packende Storytelling und die Choreographie des Tanz-Stücks über Thomas Shelby und seine Familie, die auch Protagonisten der BBC-Serie "Peaky Blinders" sind.

Nominiert waren in dieser Kategorie auch die deutsch-internationale Produktion "Beethovens Neun - Ode an die Menschlichkeit" (ZDF) und die italienische Produktion "Banksy e la ragazza del Bataclán" ("Banksy and the Stolen Girl", RAI).

In der Kategorie "TV Drama" ging der Preis an die französische Produktion "France Sambre" (France Télévisions). Die sechsteilige Miniserie über eine Serie von Sexualverbrechen in Nordfrankreich ist von einer wahren Geschichte inspiriert. Die Jury lobte, die Serie versuche nicht emotional zu sein, ihre Botschaft sei "laut und deutlich: Männer sind Feiglinge, sie neigen dazu, Dinge, die sie nicht sehen wollen, nicht wahrzunehmen". Es sei eine Geschichte über das Versagen der Polizei und der Justiz.

Nominiert waren in dieser Kategorie außerdem die spanische Miniserie "La ley del mar" ("The Law of the Sea", RTVE), die ebenfalls auf einer wahren Geschichte basiert, und die britische Miniserie "Mr Bates vs the Post Office" (ITV), die einen Justizskandal in Großbritannien thematisiert. "La ley del mar" erhielt den Spezialpreis zu Ehren des Präsidenten der Italienischen Republik. Die Jury lobte, der Film über spanische Fischer, die Flüchtlinge auf Booten im Mittelmeer retten, zeige die Kraft der menschlichen Solidarität. Der Preis geht an einen der 27 in allen Kategorien des Wettbewerbs nominierten Beiträge.

Sorgfältige Recherche

Die Jury der Kategorie "TV Documentary" begründete den Preis für die italienisch-deutsche Produktion "Gefährlich nah" damit, dass der Film von Andreas Pichler die Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen Menschen und Bären deutlich herausarbeite. Er beruhe auf einer sorgfältigen Recherche. Der Filmemacher sei neutral geblieben und lasse alle Seiten zu ihrem Recht kommen.

In der Kategorie waren außerdem die französische Produktion "France Nous, jeunesses d'Iran" ("We, the youth of Iran", France Télévisions) und die britische Produktion "Ukraine's War: The Other Side" (ITV) nominiert.

Sichere Plattformen

Der Preis in der Kategorie "Digital Factual" ging an die niederländische Plattform "DIT is jouw verhaal" ("DIT is your Story", NPO). Die Plattform zeichne sich doch ein hohes Engagement ihrer Nutzerinnen und Nutzer aus, schrieb die Jury in der Begründung. Sie sei ein Beispiel dafür, wie man Menschen auf einer sicheren Plattform in Verbindung bringen und damit eine beeindruckende Reichweite erzielen könne.

Nominiert waren auch die französische Produktion "Mascus, les hommes qui détestent les femmes" ("Mascus, Women-Hating Men", France Télévisions) und die schwedische Produktion "Stalker" (SVT)

Kollektive Erfahrung

Der Preis in der Kategorie "Digital Fiction" ging an die tschechische Produktion "No Big Deal" (CT). Die Jury lobte die metanarrative Herangehensweise, die sich die unterschiedlichen Wege, wie junges Publikum digitale Plattformen nutze, zu eigen mache. Die Produktion mache deutlich, dass sich auch die im Rundfunk Arbeitenden hinterfragen müssten, welche Rolle und Verantwortung sie in der Medienlandschaft haben.

In der Endauswahl standen außerdem die polnische Produktion "Procesy" ("Processes", TVP) und "Deiciocho" ("Eighteen", RTVE).

Der Preis für das beste digitale interaktive Projekt ging an das spanische Projekt "Lab Orquesta - Música artificial para humanos" ("Lab Orquesta - Artificial Music for Humans", RTVE). Die Jury lobte die frische, der Zukunft zugewandte Herangehensweise, die zugleich von einem tiefen Verständnis für die Kultur und die Essenz menschlicher Beziehungen zeuge. Das Projekt nähere sich spielerisch der Künstlichen Intelligenz an und nehme zugleich die Ängste ernst, die mit dem technologischen Fortschritt verbunden seien. Das "Lab Orquesta" sei eine echte kollektive Erfahrung, die zugleich daran erinnerte, dass Kreative auch mit wenig Ressourcen Herausragendes schaffen können.

Nominiert waren in der Kategorie "Digital Interactive" auch das finnische Projekt "Mysteerijuna - Pakopeli raiteilla" ("Mystery Train - An Escape Game on Tracks", YLE) und "De Jurk en het Scheepswrak" ("The Gown and the Shipwreck", NPO)

Spezialpreis für "Sieben Winter in Teheran"

Der mit 4.000 Euro dotierte "Ifad - Copeam Special Prize" ging an die französische Produktion "Gaspillage alimentaire, n'en jetez plus!" ("Food Waste: Recipe for Recycling", France Télévisions) von Lionel Baillon. Die Jury lobte, die Produktion richte ihr Augenmerk auf die Verschwendung von Lebensmitteln und rege auch dazu an, selbst dagegen aktiv zu werden. Die gemeinnützige Vereinigung Copeam setzt sich für Dialog und kulturelle Integration in der Mittelmeerregion ein.

Für diesen Preis waren auch die deutsche Produktion "Echtes Fleisch ohne Tier - Die Zukunft schmeckt anders" (ZDF) und die algerische Produktion "Together ... We Innovate" (EPTV) nominiert.

Der Spezialpreis der "World Catholic Association for Communication" ging an die WDR-Koproduktion "Sieben Winter in Teheran" von Steffi Niederzoll. Die Jury lobte, der Dokumentarfilm über eine junge Iranerin, die zum Tod verurteilt wurde, nachdem sie in Notwehr einen Mann getötet hatte, erzähle von einem sehr aktuellen Thema: Ungerechtigkeit und Gewalt gegen Frauen im Iran. Das Material für den bewegenden Film sei aus dem Iran herausgeschmuggelt worden.

infobox: Der Prix Italia ist eine der ältesten internationalen Auszeichnungen für Radio, Fernsehen und inzwischen auch Internet. Der internationale Wettbewerb fand 1948 erstmals statt, damals für Radio. 1957 kam das Fernsehen dazu, 1988 auch Webprojekte. Öffentlich-rechtliche und private Radio- und Fernsehsender aus 45 Ländern sind Partner und ständige Mitglieder des Festivals. Organisation und Geschäftsführung liegen bei der italienischen Rundfunkanstalt RAI. Der 76. Prix Italia fand vom 1. bis 4. Oktober unter dem Motto "Loud and Clear" in Turin statt.

dir



Zuerst veröffentlicht 08.10.2024 09:49

Schlagworte: Medien, Auszeichnungen, Festivals, Preise, Prix Italia, ARD

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