Medienanstalten meldeten über 2.000 Verstöße an EU-Kommission - epd medien

08.10.2024 10:27

Google und Tiktok gehören zu den sehr großen Plattformen, diese werden von der EU-Kommission beaufsichtigt

Berlin/Erfurt (epd). Zwischen Oktober 2023 und August 2024 haben die Landesmedienanstalten mehr als 2.000 Verstöße auf sehr großen Online-Plattformen an die EU-Kommission gemeldet. Im Zeitraum Oktober bis Dezember fokussierten sich die Aufsichtsbehörden hierbei auf Verstöße im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt, wie die Sprecherin der Medienanstalten, Sabine Grüngreiff, am 8. Oktober dem epd auf Anfrage sagte. Seit Januar meldeten die Medienanstalten Verstöße ohne besonderen inhaltlichen Fokus.

Verstöße lägen dann vor, wenn absolut unzulässige Inhalte publiziert würden, erläuterte Grüngreiff. Dazu zählten unter anderem extreme Gewalt, Volksverhetzung und verfassungswidrige Kennzeichen. Die Vorschriften des Digital Services Acts (DSA) der EU für sehr große Online-Plattformen und Suchmaschinen, die monatlich mehr als 45 Millionen Nutzerinnen und Nutzer in der Europäischen Union haben, greifen bereits seit August 2023. Für die Durchsetzung der Bestimmungen ist hier die EU-Kommission zuständig.

Insgesamt 2.800 Verstöße entdeckt

Insgesamt entdeckten die Landesmedienanstalten zwischen Oktober 2023 und August 2024 auf Online-Plattformen - unabhängig von deren Größe - 2.800 Verstöße. Hier gingen die Aufsichtsbehörden abgestuft vor, so Grüngreiff: Sie forderten die Plattformbetreiber zunächst zur Löschung auf. Sei dies nicht erfolgreich, würden medienrechtliche Verfahren eingeleitet.

Der Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM), Jochen Fasco, sagte dem epd, die Medienanstalten arbeiteten bei diesem Thema eng mit dem Bundeskriminalamt und Meldestellen wie REspect! zusammen: "Wir nutzen auch Programme der Künstlichen Intelligenz zur Recherche. Aber jeder Treffer wird anschließend nochmals von Mitarbeitenden geprüft."

Fasco: Plattformen müssen Kontrollen verbessern

Fasco forderte Plattformbetreiber wie Facebook und X auf, ihre Kontrollen zu verbessern. "Es wird einiges gemacht, aber es reicht nicht aus", sagte er. Oft gehe es bei den von Landesmedienanstalten identifizierten Beanstandungen um Inhalte, die die Plattformen selbst hätten erkennen können.

Zugleich zeigte sich Fasco überzeugt, dass die antisemitische oder extremistische Hetze im Internet langfristig weiter zunehmen werde. Die Verbreitung von Falschmeldungen, Desinformation oder Hassbotschaften gehöre längst zu den etablierten Mitteln, um Staaten oder Gesellschaften anzugreifen und zu destabilisieren. Demokratische Gesellschaften könnten sich vor allem über mehr Ressourcen für die Aufsicht und eine massive Investition in Medienbildung wappnen.

"Jeder einzelne Nutzer sollte in der Lage sein, seriöse von unseriösen Medien gerade im Internet zu unterscheiden und beim Medienkonsum stets skeptisch zu bleiben, welche Absichten mit der Verbreitung der Nachrichten verbunden sein könnten", sagte der TLM-Direktor, der auch Beauftragter für Medienkompetenz der Landesmedienanstalten ist.

Netzsperren schwer durchzusetzen

Verbote und Netzsperren seien auch ein Weg, doch es werde immer schwieriger, mit diesen Mitteln gegen Hetze und Desinformation vorzugehen. Das zeige auch der Kampf der Landesmedienanstalten, pornografische Inhalte im Netz vor dem Zugriff von Kindern zu sperren, so Fasco. Seit Jahren würden hierzu Prozesse geführt und Verwaltungsbescheide erlassen.

Viele Firmen, die pornografische Inhalte anbieten, sitzen laut Fasco außerhalb der EU und ignorieren die Verbote. Gelinge es, deutsche IT-Dienstleister wie die Telekom zu sensibilisieren, änderten ausländische Firmen die Internet-Adressen der betreffenden Angebote, wodurch juristische Verfügungen ins Leere laufen. "Wir haben nun die Politik adressiert, um darauf reagieren zu können", sagte Fasco.

rid/lob



Zuerst veröffentlicht 08.10.2024 12:27

Schlagworte: Nahost, Konflikte, Grüngreiff, Medienanstalten, Plattformen, DSA, Internet, TLM, Fasco, Medienaufsicht, lob

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