Thema verschenkt - epd medien

01.11.2024 12:02

Die ARD-Dokumentation "Die Frauensauna - Verdammte Wechseljahre" vertut die lange Sendezeit mit individuellen Befindlichkeiten. Es bleibt zu hoffen, dass die flankierenden Angebote inhaltlich mehr zu bieten haben, findetAndrea Kaiser.

"Die Frauensauna - Verdammte Wechseljahre!"

epd Drei Dreiviertelstunden Sendezeit über ein Thema wie das Klimakterium, das immer noch viel tabuisiert wird, sind eigentlich eine feine Sache. Denn der Mangel an sachlichen Informationen, an gesellschaftlicher Akzeptanz, medizinischer Forschung und ärztlicher Kenntnis über die vielfältigen Symptome der Wechseljahre ist eklatant. Kaum zu glauben, aber wahr bei einer Angelegenheit, die früher oder später die Hälfte der Bevölkerung betrifft. Man hätte diese 135 Minuten Sendezeit daher nicht mit der ausgesprochen redundanten Wiedergabe der individuellen Befindlichkeiten von vier Frauen vertun müssen.

Die Idee des RBB: Vier Frauen, die privat vermutlich eher nicht befreundet wären, werden vom Sender alle paar Wochen mit bunten Handtüchern umwickelt in eine Sauna gesetzt, um sich über die vergangenen Wochen auszutauschen. Da soll man sich als geneigte Zuschauerin (gucken so etwas auch Männer?) dann noch mal anhören, was man vorher schon gesehen hat, weil die Kamera die Frauen in der Zwischenzeit begleitet hat oder diese selbst Vidoschnipsel beigesteuert hatten.

Von Frau zu Frau

Wechseljahre, der große gesellschaftliche Gleichmacher? Oder warum setzt der RBB die Berliner Wurstverkäuferin Jacqueline (51) mit der bessergestellten Hamburger Altbau-Journalistin Bettina (62) aufs verschwitzte Holz? So von Frau zu Frau. Daneben hockt die geschiedene Versicherungskauffrau Nicole (53), die im Kern weniger mit ihrem Klimakterium beschäftigt zu sein scheint als mit ihrer Lebenskrise nach der Trennung und der Partnersuche. Kann einem alles auch zu einem anderen Zeitpunkt im Leben passieren.

Und last but not least ist da noch die Fitnesstrainerin Heike (53), die bekümmert, dass sie nicht mehr so munter, aktiv und leistungsfähig ist, wie sie mal war. Den großen Fortschritt in ihrem Leben erhofft sie sich von Verzicht auf Zucker, obwohl sie ohnehin kaum Zucker isst. Nun will sie auch noch ihr geliebtes Obst weglassen.

Um es kurz zu machen: Der Fortschritt bleibt aus. Gelenkschmerzen und schlechte Stimmung bleiben. Auch bei Nicole stellt sich kein neuer Partner ein. Das wundert nicht, da sie sich nicht der einschlägigen Online-Portale bedient, sondern mit dem RBB auf Partys mit viel zu jungem Publikum geht.

Auf zu neuen Ufern

Journalistin Bettina, die nach eigener Beurteilung mit 62 mit den Wechseljahren so gut wie durch ist, wegen des steigenden Körpergewichts aber gerne noch mal eine Ernährungsberatung in Anspruch nimmt, bricht auf zu neuen Ufern. Sie will über den Atlantik rudern. Am ehesten lernt man hier noch was von Jacqueline, die Bücher zum Thema liest und sich in Sachen Hormontherapie lieber zwei ärztliche Meinungen holt.

Wozu diese längliche, pseudo-launige, möchtegern-flotte Self-Improvement-Show rund um vier Frauen, denen es nicht sonderlich gut geht und die vielleicht ein paar Kilo abnehmen und ein bisschen mehr Sport machen? Besonders unterhaltsam ist das nicht. Und der Informationsgehalt pro Zeiteinheit gering. Mehr Eiweiß zu essen, scheint eine gute Sache zu sein, wenn man älter wird. Hormonbehandlungen bleiben umstritten. Und "was Pflanzliches" ist auch nicht unbedingt die Lösung gegen Gliederschmerzen, Hitzewallungen, Niedergeschlagenheit, Haarausfall und Schlaflosigkeit. Wer hätte das gedacht.

Bleibt nur zu hoffen, dass die flankierenden Fernseh-, Youtube- und Podcast-Angebote des neuen "Kompetenzcenters Gesundheit" der ARD rund um den Welt-Menopause-Tag am 18. Oktober inhaltlich mehr zu bieten haben. Immerhin trat in anderen Sendungen Katrin Schaudig auf, Gynäkologin und Präsidentin der Deutschen Menopausen Gesellschaft. Sie erklärt den Deutschen die Wechseljahre und ist medial omnipräsent. Es gibt ja sonst leider nicht viele, die sich gut damit auskennen.

infobox: "Die Frauensauna - Verdammte Wechseljahre", dreiteilige Dokumentation, Regie und Buch: Jana von Rautenberg, Angelika Wörthmüller, Sybille Seitz, Kamera: Judith Eichler, Michael Senft (ARD-Mediathek/RBB, seit 18.10.24, RBB, seit 21.10.24, montags 21.00-21.45 Uhr)



Zuerst veröffentlicht 01.11.2024 13:02 Letzte Änderung: 01.11.2024 21:39

Andrea Kaiser

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KRBB, KARD, Dokumentation, Wechseljahre, von Rautenberg, Wörthmüller, Seitz, Kaiser, NEU

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