Promis statt Pointen - epd medien

10.11.2024 12:05

In der Comedy-Serie "Smeilingen - Ein Dorf wie Du und Ich" (SWR) tritt - von Uwe Ochsenknecht über Armin Rohde bis Michelle Hunziker - viel Prominenz auf, kommt aber gegen zu flachen Humor kaum an, findet Lukas Respondek.

Uwe Ochsenknecht als Bürgermeister Markus Seider

epd Eine Taube macht noch keinen Sommer - und Rabenkot macht keinen Sketch. Dass der Bürgermeister des fiktiven Dorfs Smeilingen von eben solchem Vogelkot gleich zweimal getroffen wird und diese "Pointe" eine Episode der nach dem Dorf benannten Sketch-Comedy eröffnet, lässt erahnen, dass die Humor-Messlatte in "Smeilingen" nicht allzu hoch gesetzt ist.

Dabei mangelt es dort auf dem Land wahrlich nicht an abwechslungsreichen Settings: Es gibt ein Rathaus, eine Kirche, eine Schule, einen Supermarkt, ein Gasthaus, ein Bestattungsunternehmen, ja sogar einen Fußballverein. Lediglich die medizinische Versorgung lässt zu wünschen übrig, weswegen die ansässige Apothekerin nebenher auch als Ärztin für Mensch und Tier tätig ist. Langweilig werden müsste den Dorfbewohnern und all jenen, die ihnen zuschauen, also eigentlich nicht, wären die Sketche nicht so vorhersehbar, flach und arm an Pointen wie in dieser unzutreffend als "originell" und "innovativ" angekündigten Comedy-Serie.

Viel Augenrollen

Die Serie enthält nahezu unzählbare Momente, zu denen man nur mit den Augen rollen kann: "Let’s Dance"-Juror Jorge González spielt einen Physiklehrer, an dessen starkem Akzent seine Schüler nicht nur einmal verzweifeln. Der extravagante Supermarkt-Verkäufer Marc Frisch - gespielt vom Comedian Nico Stank - wird von einer Kundin dafür kritisiert, dass er Konservendosen in Pyramidenform aufbaut ("Das ist doch kulturelle Aneignung!"). Das angereiste Influencer-Paar Isi & Leif (Negah Amiri und Tony Bauer) fragt sich vom Hahnenschrei am frühen Morgen geweckt, wo denn dieser laute Wecker versteckt ist, und isst Hühnereier mit Schale, denn "in der Schale stecken die meisten Vitamine". Was wäre generationenübergreifende Comedy auf dem Land bloß ohne klischeehaft dumme Großstadtgören? Carolin Kebekus’ Paraderolle Larissa lässt grüßen.

Die absehbaren Pointen und das misslungene Timing mit Hang zum Witze-Erklären können die insgesamt 17 Entertainment- und Schauspielstars nicht wiedergutmachen. Zum prominent besetzten Cast gehören Uwe Ochsenknecht als Bürgermeister mit eindrucksvoll gequältem Lächeln, Armin Rohde als verbissener Fußballtrainer am Spielfeldrand, Phil Laude als der aus "Almania" bekannte Vorzeigedeutsche, der jedem Hundehaufen nachforscht, und Michelle Hunziker, die als sie selbst in Smeilingen den passenden Mann sucht. All diese Stars können mit ihren mal mehr, mal weniger gelungenen Auftritten nicht über das zu schwache Drehbuch hinwegtrösten. Am Ende entscheidet eben doch der Witz darüber, ob über einen Sketch gelacht oder geseufzt wird.

Martin Klempnow als Pfarrer

Immerhin Martin Klempnow, der in "Smeilingen" den Dorfpfarrer spielt, kann noch zugutegehalten werden, dass ihm in seinen selbstgeschriebenen Sketchen so mancher absurde Moment gelingt. Stets darum bemüht, junge Menschen für seine Gottesdienste zu gewinnen, schreckt er als Pfarrer Krintsch - der Name ist Programm - nicht davor zurück, einen Happy-Hour-Cocktail im Beichtstuhl anzubieten oder seine Messen in Fitness-, Karnevals- und Ballermann-Gottesdienste zu verwandeln. Dass derartige Einfälle im Drehbuch schon als Höhepunkt der Serie herhalten müssen, unterstreicht abermals, wie akut unlustig es sonst in dem beschaulichen Dorf zugeht.

Über die Sketche aus der Fernsehserie hinaus gewährt die Instagram-Seite "smeilingen" einen Einblick in das Leben im fiktiven Dorf. Dort ist der Bürgermeister stolz posierend vor dem Ortsschild zu sehen, während in weiteren Posts Mülltrennungsregeln erklärt und Urnen beworben werden. Eine solche Pseudo-Präsenz in echten sozialen Netzwerken mag eine nette Idee sein, um das Dorf und seine Protagonisten ein Stück weit nahbarer und realer wirken zu lassen. Doch verglichen mit andern fiktionalen Serien, die ihre Hauptfiguren in derartigen Social-Media-Profilen auch abseits der eigentlichen Serie zum Leben erwecken, kommt Smeilingens Profil wie ein liebloses Beiwerk daher. Den Zuschauern der Serie dient es immerhin als Plattform, auf der sie ihren Frust über die humorarme Serie kundtun können.

Für die Produktionsfirma Constantin Entertainment ist "Smeilingen - Ein Dorf wie Du und Ich” nun schon der zweite enttäuschende Versuch einer halbstündigen Comedyreihe am Freitagabend im Ersten, nachdem im Vorjahr schon "Comedy rettet die Welt! Ein bisschen." auf demselben Sendeplatz nur sehr bedingt amüsierte. Die Suche nach gelungenen Pointen gestaltet sich offenbar recht schwierig - in Smeilingen wird man jedenfalls nicht fündig.

infobox: "Smeilingen - Ein Dorf wie Du und Ich", sechsteilige Sketch-Comedy, Regie: Marko Cvitanovic, Sven Nagel, Buch: Simon Hausschild (Head-Autor), Kamera: Katharina Wetz, Patrick Zeller, Produktion: Constantin Entertainment (ARD/SWR, seit 1.11.24 jeweils freitags, 21.45-22.15 Uhr und seit 31.10.24 in der ARD-Mediathek)



Zuerst veröffentlicht 10.11.2024 13:05

Lukas Respondek

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KSWR, KARD, Serie, Comedy, Cvitanovic, Respondek

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