15.11.2024 10:07
Sofia (epd). Bulgarien will den saudischen Journalisten und Bürgerrechtler Abdulrahman al-Khalidi in dessen Heimat ausweisen. Seinen Einspruch gegen eine entsprechende Verfügung verwarf das oberste Verwaltungsgericht in Sofia am 22. Oktober rechtskräftig. Gegen die nun jederzeit drohende Ausweisung protestieren internationale Menschenrechtsorganisationen und lokale Bürgerinitiativen, die fürchten, dass al-Khalidi in Saudi-Arabien Inhaftierung und Misshandlung oder sogar die Hinrichtung drohen.
Der 31-Jährige ist seit mehr als drei Jahren im Zentrum für die vorübergehende Unterbringung von Ausländern in Busmantsi bei Sofia interniert, wo er sich ab Anfang Juli 2024 für mehrere Wochen im Hungerstreik befand.
Noch während seines Jurastudiums in Riad engagierte sich Abdulrahman al-Khalidi für die Rechte von Häftlingen in Saudi-Arabien. Als das autokratische Regime im Jahr 2013 immer härter gegen Bürgerrechtler vorging, verließ er sein Heimatland in Richtung Türkei, wo er unter Pseudonymen publizierte, um sich und seine Familie zu schützen. In der Folge beteiligte er sich an der sogenannten Bee Army, einem Netzwerk oppositioneller Aktivisten, das der saudischen Propaganda in sozialen Medien entgegenwirkt. Der 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul ermordete Journalist Jamal Khashoggi unterstützte die "elektronischen Bienen" finanziell.
Als die Gültigkeit von al-Khalidis Personaldokumenten im Oktober 2021 ablief, er sie aber nicht im saudischen Konsulat verlängern wollte, ließ er seine Frau und zwei kleine Kinder in der Türkei zurück und ging über die grüne Grenze nach Bulgarien. Dort wurde er von bulgarischen Grenzbeamten festgenommen und nach Busmantsi gebracht.
Seinen Antrag auf politisches Asyl lehnte die bulgarische Staatliche Agentur für Flüchtlinge (SAB) im Mai 2022 ab. Einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Sofia von Januar 2024 zufolge, wonach al-Khalidi unverzüglich aus dem Gewahrsam in Busmantsi freizulassen sei, widersetzte sich Bulgariens Staatliche Agentur für Nationale Sicherheit (DANS). Sie händigte ihm stattdessen eine Ausweisungsverfügung aus. Nachdem das oberste Verwaltungsgericht al-Khalidis Einspruch dagegen verworfen hat, kann der Journalist nun jederzeit nach Saudi-Arabien ausgeliefert werden.
Al-Khalidis lokale Unterstützergruppe "Migrant Solidarity Bulgaria" appellierte in einem offenen Brief "an die diplomatische Gemeinschaft und die Vertretung der Europäischen Union in Bulgarien", ihm ein humanitäres Visum auszustellen. Die Ausweisungsverfügung komme "nach drei beispiellos langen Jahren illegaler Inhaftierung, institutioneller Gewalt und eklatanter Verletzung von Abdulrahmans grundlegenden Menschenrechten", heißt es in dem Schreiben. Dies lasse den Verdacht einer "Komplizenschaft zwischen den bulgarischen Behörden und den saudischen Geheimdiensten aufkommen" und wecke "ernste Bedenken hinsichtlich Bulgariens Engagement für Demokratie und internationales Recht".
fst
Zuerst veröffentlicht 15.11.2024 11:07
Schlagworte: Medien, Bulgarien, Saudi-Arabien, Pressefreiheit, fst
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