Gericht untersagt ZDF Äußerungen zu früherem BSI-Chef Schönbohm - epd medien

19.12.2024 15:31

Der frühere Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm, verlor nach der Ausstrahlung einer "ZDF Magazin Royale"-Sendung über ihn sein Amt. Ein Rechtsstreit zur Sendung ging nun in erster Instanz zu seinen Gunsten aus, allerdings blieb Schönbohm die geforderte Geldentschädigung versagt.

Der frühere BSI-Chef Arne Schönbohm

München (epd). Im Rechtsstreit zwischen dem früheren Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, und dem ZDF hat das Landgericht München dem öffentlich-rechtlichen Sender die Verbreitung und Behauptung von vier Äußerungen über vermeintliche Kontakte Schönbohms nach Russland untersagt. Diese waren im "ZDF Magazin Royale" von Jan Böhmermann und später auf der Webseite des ZDF getätigt worden. Einen Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung wies die zuständige Zivilkammer dagegen ab, wie das Gericht am Donnerstag in München mitteilte. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. (AZ: 26 O 12612/23)

Hintergrund der Klage ist eine "Magazin Royale"-Sendung vom 7. Oktober 2022 über Schönbohm. Wenige Tage nach der Ausstrahlung der Sendung wurde Schönbohm seines Amtes enthoben.

Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Die Kammer sei überzeugt, dass insbesondere zwei in dieser Sendung getätigte Äußerungen vom Publikum so verstanden werden könnten, "dass der Kläger bewusste Kontakte zu russischen Nachrichtendiensten gehabt habe", erklärte das Gericht. Dies stelle "eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, die den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze".

Auch eine satirische Äußerung müsse sich an den Maßstäben der Meinungsfreiheit messen lassen, wenn es um den Tatsachenkern der Aussage gehe. In der Abwägung, ob die Äußerungen untersagt werden oder nicht, sei ein großzügiger Maßstab anzulegen. Bei vier von insgesamt fünf angegriffenen Äußerungen sei jedoch die Grenze zu einer unwahren, das Persönlichkeitsrecht verletzenden Tatsachenbehauptung überschritten und der Anspruch des Klägers daher begründet, entschied die Kammer.

Zugespitzte Meinungsäußerung

Bei der fünften der angegriffenen Äußerungen handele es sich dagegen um eine satirisch zugespitzte Meinungsäußerung, nicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung, die deshalb unter Abwägung der Umstände noch hinzunehmen sei.

Schönbohm hatte zudem eine Entschädigung in Höhe von mindestens 100.000 Euro gefordert. Er gab laut Gericht an, durch die angegriffenen Äußerungen "besonders schwerwiegend in seinen allgemeinen Persönlichkeitsrechten verletzt" zu sein. "Insbesondere sei er in der Öffentlichkeit in erheblichem Umfang herabgewürdigt worden" und habe sein Amt als Präsident des BSI verloren.

Das ZDF habe hingegen argumentiert, dass die Berichterstattung nicht so zu verstehen sei, dass man Schönbohm bewusste Kontakte nach Russland unterstellt habe. Schönbohm selbst habe "unbewusste Kontakte" zu russischen Geheimdiensten nicht ausschließen können. Die Sendung habe "in zulässiger Weise satirisch zugespitzte Kritik" am BSI und seinem damaligen Präsidenten geübt.

Berufung wegen versagter Geldentschädigung in Prüfung

Schönbohms Anwalt Markus Hennig teilte mit, dass es dem früheren BSI-Chef vor allem darum gegangen sei, "den Lügenjournalismus aufzudecken". Wegen der nicht zugesprochenen finanziellen Entschädigung werde die Möglichkeit der Berufung geprüft.

"Mit völlig haltlosen Vorwürfen hat Jan Böhmermann meine Integrität zerstört, ebenso irreparabel meine Karriere", sagte Schönbohm laut Mitteilung. "Mit der durch nichts gerechtfertigten medialen Hinrichtung wurde außerdem Deutschlands Sicherheit gefährdet." Gefordert seien nun personelle Konsequenzen und eine transparente und umfassende Aufarbeitung der internen Abläufe beim ZDF, hieß es. Zudem soll eine neue Programmbeschwerde unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnisse eingereicht werden. Der ZDF-Verwaltungsrat müsse das Gerichtsurteil "umgehend analysieren und notwendige personelle Konsequenzen ziehen".

Das ZDF teilte auf Anfrage des epd mit, die Urteilsbegründung "sorgfältig auswerten und auf dieser Basis über das weitere Vorgehen entscheiden" zu wollen. Der Sender betonte, er habe im Gerichtsverfahren und darüber hinaus wiederholt darauf hingewiesen, dass in der "Magazin Royale"-Sendung vom 7. Oktober 2022 bewusste Kontakte zwischen Schönbohm und russischen Nachrichtendiensten "gar nicht - weder direkt noch indirekt - behauptet worden" seien.

cph



Zuerst veröffentlicht 19.12.2024 16:31 Letzte Änderung: 20.12.2024 11:52

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Justiz, Internet, Schönbohm, Böhmermann, ZDF, Landgericht München, cph, NEU

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