Der Kommissar weint - epd medien

24.01.2025 08:55

Der Kommissar Sifkovits tritt im "Dorfkrimi - Die tote Braut" so freundlich, bescheiden und harmlos auf, dass er leicht unterschätzt wird. Sein Chef schickt ihn in das Dorf Stinatz im Burgenland, um dort den Mord an einer Frau aufzuklären.

Inspektor Sifkovits (Thomas Stipits, ganz rechts) trifft in Stinatz seine alten Freunde wieder

epd Die Burgenländer sind für die Österreicher das, was die Ostfriesen für die Deutschen sind. Oder mal waren. Denn zum Glück sind die einst allgegenwärtigen Witze über die angeblich dusseligen Nordlichter aus der strukturschwachen Gegend ja aus der Mode geraten. Polizeiinspektor Sifkovits stammt aus dem Kaff Stinatz im südlichen Burgenland. Gespielt wird er im "Dorfkrimi - Die tote Braut" vom österreichischen Schauspieler Thomas Stipsits, der den Roman geschrieben hat, auf dem das Drehbuch basiert.

Die schmucklose Marktgemeinde sieht aus, als könnte sie irgendwo in Ungarn liegen - Burgenland eben. Aus dem uncoolen Image des Burgenländers hat Sifkovits eine Methode gemacht. Wie Columbo (der auch einmal erwähnt wird) sorgt er mit freundlich-bescheiden-harmlosem Auftreten dafür, dass man ihn gründlich unterschätzt. Doch "Schiffi", wie man ihn im Heimatort nennt, entgeht so schnell nichts. Das wird man im Lauf des Krimis noch feststellen.

Burgenlandkroatisch

Als eine Tote in einem Maisfeld bei Stinatz gefunden wird, schickt Schiffis Chef den auch von ihm notorisch unterschätzten Inspektor (in Deutschland würde man sagen: Kommissar) Sifkovitz los. Schon weil die Leute dort mit ihrem Burgenlandkroatisch ja sonst niemand verstünde. Burgenlandkroatisch? Diese Minderheitensprache existiert. Fernsehen bildet!

Sprachlich schwer verständlich ist dieser Fernsehfilm allerdings nicht nur, wenn gerade mal ein paar Brocken Burgenlandkroatisch eingestreut werden. Auch das "ganz normale" österreichische Idiom stellt deutsche Zuschauer hier vor Herausforderungen, so dass man teilweise untertitelt hat. Dabei wird nicht klar, nach welchen Kriterien. Manchmal gibt es Untertitel, obwohl man das Gesagte auch so verstanden hätte. Manchmal gibt es keine und man kann nur raten. Ein Tipp der Kritikerin fürs nächste Mal: Die Untertitel einfach durchlaufen lassen. Denn was "der Deutsche" versteht oder nicht, lässt sich nicht festlegen. Bayern sicher mehr als Ostfriesen.

Literweise Blut

Die Tote, deren Blut einem Landwirt bei der Maisernte an die Scheibe der Erntemaschine spritzt, war erst wenige Stunden zuvor, während der traditionellen Brautentführung in ihrer Hochzeitsnacht, spurlos verschwunden. Das ganze Dorf hatte sich während der Hochzeit hoffnungslos besoffen und wenig mitbekommen. Schiffi ermittelt und wohnt unterdessen bei seiner kernigen, kochwütigen Mutter (Erika Deutinger). Er taucht noch einmal ein ins Milieu seiner Jugend. Sonst lasse er sich ja nur selten blicken, schimpft die Mutter.

Die Mutter ist Teil der "Kopftuchmafia", die aus drei alten Damen besteht. Sie sitzen mit Kittelschürze und Kopftuch gern auf einer Bank in der Ortsmitte und hecheln durch, was so passiert. Das kommt allerdings nicht ganz so witzig rüber, wie es wohl hätte sein sollen, das gilt auch für andere der vielen humoresken Elemente in diesem Film. Man scherzt gern deftig. Mal spritzt literweise Blut, mal trinkt Schiffis Chef versehentlich dessen für den Arzt abgefülltes Pipi. Dieser eher drastische Humor mischt sich auf eigene Weise mit einem fast poetischen Grundton.

Die alten Freunde

In aller Ruhe erzählt der Film seine Geschichte. Gut zum "Runterkommen", sofern es einem dabei nicht zu langweilig wird. Mit dem leisen Schiffi taucht man ein in diese provinzielle Welt vor unserer Zeit. Eine, in der nicht etwa alles schlecht war oder ist. Da wäre beispielsweise die ehemalige Buben-Bande, zu der Schiffi gehörte. Heute sind die Jungen von einst erwachsen und jeder auf seine Art vom Leben gezeichnet. Man liebt sich trotzdem und betrinkt sich mit Uhudler-Likör (Uhudler ist ein typischer Wein aus dem Südburgenland).

Am Ende muss Schiffi bitterlich weinen. Seine Mutter nimmt ihren großen Buben anteilnehmend in den Arm und fragt, ob er traurig sei, weil er keinen Mörder gefunden habe. Er klammert sich schluchzend an sie und sagt, er sei so traurig, weil er ihn gefunden habe. Ein Fernseh-Polizist, der schluchzt und dem man jede Träne glaubt! Was für eine schöne Figur. Fast hätte man sie unterschätzt.

infobox: "Dorfkrimi - Die tote Braut", Fernsehfilm, Regie: Daniel G. Prochaska, Buch: Stefan Hafner, Thomas Weingartner nach dem Buch "Kopftuchmafia. Ein Stinaz Krimi" von Thomas Stipsits, Kamera: Adrian Bidron, Produktion: Mona Film (Arte/ORF, 24.1.25, 20.15-21.45 Uhr, Arte-Mediathek bis 22.2.25)



Zuerst veröffentlicht 24.01.2025 09:55

Andrea Kaiser

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KArte, KORF, Fernsehfilm, Prochaska, Hafner, Weingartner, Stipsits, Kaiser

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