Medienaufsicht beanstandet TV-Spots der Bundesregierung - epd medien

30.01.2025 09:07

Szene aus dem "Energiewechsel"-Spot des Bundeswirtschaftsministeriums

Berlin (epd). Insgesamt 13 private Fernsehsender haben mit der Ausstrahlung des "Energiewechsel"-Spots des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Ende 2023 gegen das Medienrecht verstoßen. Die Landesmedienanstalten hätten diesen Spot als politische Werbung eingestuft, weil darin "nicht neutral informiert" werde, teilte eine Sprecherin der Medienanstalten dem epd auf Nachfrage mit. Der Spot werbe "gezielt für die energiepolitischen Maßnahmen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz".

Gesendet wurde der im Rahmen von Werbeunterbrechungen in mehreren Programmen der beiden großen Sendergruppen RTL Deutschland und ProSiebenSat.1, darunter RTL, Vox und N-TV sowie Sat.1, ProSieben und Sixx. Zu sehen war er außerdem beim Sender Welt des Medienkonzerns Axel Springer sowie bei DMAX und Tele 5, die beide zu Warner Bros. Discovery gehören.

Kein "Beitrag im Dienst der Öffentlichkeit"

Der Medienstaatsvertrag untersage "Werbung politischer, weltanschaulicher oder religiöser Art", sagte die Sprecherin der Medienanstalten. Daher habe die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Landesmedienanstalten Beanstandungen ausgesprochen. Bei dem Spot habe es sich nicht "um einen Beitrag im Dienst der Öffentlichkeit" gehandelt.

Solche Beiträge sind laut dem Medienstaatsvertrag zulässig. Dabei geht es um Inhalte, die "im Allgemeininteresse direkt oder indirekt zu verantwortlichem, sozial erwünschtem Verhalten aufrufen", heißt es konkretisierend in der Werbesatzung der Landesmedienanstalten. Gemeint sind damit insbesondere um "Spendenaufrufe zu Wohlfahrtszwecken".

Nach Ansicht der Landesmedienanstalten ist der Spot eindeutig werblich ausgerichtet, wie die Sprecherin erklärte. Die Gestaltung stehe in keinem angemessenen Verhältnis zum "äußerst geringen Informationsgehalt". Da der Spot gegen Entgelt "gebucht" worden sei, liege "keine freie redaktionelle Entscheidung der Veranstalter" vor. Es gehe um den "Erwerb einer Sendezeit im Werbeblock für die Verbreitung eines politisch mindestens imagewerblichen Inhalts".

Ministerium widerspricht

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sieht in seinem Spot keine politische Werbung. Auf epd-Anfrage verwies die Behörde auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1977. Darin werde die Bedeutung staatlicher Öffentlichkeitsarbeit unterstrichen. Die Bürgerinnen und Bürger müssten demnach über entscheidende Sachfragen umfassend informiert werden. Der "Energiewechsel"-Spot sei Teil der "Informations- und Aktivierungskampagne '80 Millionen gemeinsam für Energiewechsel'", mit der das Ministerium seit Juni 2022 zu den Themen Energieeffizienz, Ausbau Erneuerbarer Energien und Energiesparen informiere. Damit erfülle das Ministerium seine Informationspflicht.

Der Spot steht nach Auffassung des Ministeriums im Einklang mit der Werbesatzung der Landesmedienanstalten. Er rufe zu verantwortlichem Verhalten im Allgemeininteresse auf, etwa angesichts der angespannten Energieversorgungslage aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Der Spot sollte demnach möglichst viele Bürgerinnen und Bürger auf das vertiefende "Energiewechsel"-Informationsangebot im Internet aufmerksam machen. Nicht ausgestrahlt worden sei er "im Vorfeld von Landtagswahlen". Der Spot war nach Ministeriumsangaben ausschließlich bei Privatsendern und nicht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zusehen.

Jährliche Schwerpunktanalyse der Medienanstalten

Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil von 1977 auch ein "Gebot der Neutralität des Staates im Wahlkampf" hervorgehoben. In seiner späteren Rechtsprechung erweiterte das Gericht das Neutralitätsgebot: Auch außerhalb von Wahlkampfzeiten erfordere "der Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien die Beachtung des Gebots staatlicher Neutralität", stellte das Gericht etwa 2022 fest: Denn der Prozess der politischen Willensbildung sei "nicht auf den Wahlkampf beschränkt, sondern findet fortlaufend statt".

In dem Ministeriumsspot heißt es: "Zwei Drittel unserer Energie verbrauchen wir zu Hause beim Heizen." Da gebe es viel zu tun und Kosten zu sparen. Verwiesen wird auf Investitionen "in Fernwärme und Heizungen mit erneuerbarer Energie". Die Rede ist dabei von "passenden Förderungen, damit sich alle den Umzug leisten könnten".

Aufgefallen war die Ausstrahlung des "Energiewechsel"-Spots nach Angaben der Medienanstalten im Rahmen der jährlich stattfindenden Schwerpunktanalyse der Landesmedienanstalten zu Werbung in bundesweiten Rundfunkprogrammen in den ersten beiden Dezember-Wochen des Jahres 2023. Die ZAK sprach daraufhin am 22. November 2024 die Beanstandungen aus. Veröffentlicht wurden diese ohne nähere inhaltliche Erläuterung in einer Datenbank der Medienaufsicht.

Im Jahr 2023 hatten mehrere regionale Privatradios Beanstandungen von Landesmedienanstalten, weil die Sender Spots des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung ausgestrahlt hatten, welche die Medienaufsicht als unzulässige politische Werbung einstufte. Es ging um zwei Spots mit dem Slogan "Die Bundesregierung informiert: So entlasten wir Deutschland". Das Bundespresseamt teilte damals dem epd mit, man habe die öffentlich bekannt gewordenen Gründe für die Kritik der Medienanstalten zur Kenntnis genommen und werde sie "bei zukünftigen Maßnahmen angemessen würdigen".

vnn



Zuerst veröffentlicht 30.01.2025 10:07 Letzte Änderung: 30.01.2025 10:20

Schlagworte: Medien, Aufsicht, Bundesregierung, NEU

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