12.02.2025 08:55
Würzburg (epd). Private Radiosender müssen nach Ansicht des Medienforschers Holger Schramm deutliche Änderungen an ihrem Musikprogramm vornehmen. "Der Mainstream-Mix verliert in der heutigen Zeit, wo immer mehr Menschen stark individualisiert Musik per Streaming nutzen, an Attraktivität", sagte der Professor für Medien- und Wirtschaftskommunikation an der Universität Würzburg dem epd zum Welttag des Radios am 13. Februar.
Radiosender könnten ihr Musikprogramm schrittweise profilieren und dafür auf die Kreativität ihrer Musikredakteurinnen und -redakteure zurückgreifen. "Damit könnten sich die Sender ein bisschen unverwechselbarer machen. Das geht nur mit menschengemachter Musik, die weg von der Marktforschung geht", so Schramm. Mit mehr Ecken und Kanten bestehe zwar die Gefahr, Hörerinnen und Hörer zu verlieren. "Aber ich glaube, sie haben keine andere Wahl und werden dann eine treue Hörerschaft finden".
Die Reichweite wird Jahr für Jahr bröckeln.
Laut der Funkanalyse Bayern hörten im vergangenen Jahr 78,5 Prozent der Menschen in Bayern Radio und 28,5 Prozent Musik und Podcasts im Internet. "Die Reichweite des Radios lag vor wenigen Jahren noch bei weit über 80 Prozent. Die Radiosender verlieren, und sie verlieren einen großen Teil an die Streamingdienste", sagte Schramm. "Die Reichweite wird Jahr für Jahr bröckeln, bis sie irgendwann an einer Grenze ist, wo selbst für große Sender nicht mehr genug Reichweite da ist, um genügend Geld über die Werbung zu verdienen." Bei den 14- bis 29-Jährigen in Bayern hat die Nutzung von Online-Angeboten mit 63,3 Prozent bereits die Radionutzung (61,4 Prozent) überholt.
Eine Herausforderung bleibe, junge Menschen grundsätzlich ans Radiohören heranzuführen. Viele Sender, die bereits ein geschärftes Profil haben, seien bei jungen Erwachsenen gar nicht bekannt, erklärte Schramm. Dies könne einer der Gründe für die kürzlich bekannt gewordene Insolvenz des bayerischen Radiosenders egoFM sein, der stark auf heimische Musik aus dem Indie- und Alternative-Bereich setzt: "Dieser spezielle Hörerkreis ist so klein, dass man damit nur begrenzt über Werbung Geld verdienen kann." Ein weiterer Grund sei die allgemein schlechte Wirtschaftslage, die sich unmittelbar auf die Werbeumsätze auswirke.
Einsparpotenziale über die Nutzung Künstlicher Intelligenz sieht Schramm bei den Sendern kaum. In den letzten 15 Jahren sei bereits so viel wegrationalisiert worden, dass es dafür wenig Potenzial gebe: "Außerdem will ich daran glauben, dass die Zukunft des Radios etwas Organisches, Menschliches und Überraschendes hat."
lbm
Zuerst veröffentlicht 12.02.2025 09:55
Schlagworte: Gesellschaft, Medien, Rundfunk, Forschung, Radio, Internet, Schramm, lbm
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