Studie: Parteien unterlaufen Staatsferne der Rundfunkräte - epd medien

27.02.2025 11:24

Frankfurt a.M. (epd). Parteien nehmen nach einer Studie der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung übermäßig Einfluss in Rundfunk- und Verwaltungsräten von öffentlichen Sendern: Mit der Entsendung ehemaliger Ministerinnen und Minister sowie anderer Parteiangehöriger durch Organisationen werde die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts von 2014 unterlaufen, dass höchstens ein Drittel der Mitglieder der Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks staatlich oder staatsnah sein dürfen.

Während beim Anteil der staatlichen Vertreter die rechtliche Beschränkung in der Regel eingehalten werde, liege der Anteil der Parteimitglieder deutlich darüber, heißt es in der am Donnerstag in Frankfurt am Main veröffentlichten Untersuchung.

Realer Einfluss ist höher

In den Rundfunkräten liegt nach der Untersuchung der Anteil der staatlichen Vertreter im Durchschnitt bei 24 Prozent, am höchsten ist er bei der staatlich finanzierten Deutschen Welle mit 41 Prozent. Allerdings sind im Durchschnitt 41 Prozent der Rundfunkräte Mitglieder einer Partei, im ZDF-Fernsehrat sind es sogar 60 Prozent.

Noch größer ist der Unterschied bei den Verwaltungsräten. Hier stellen die staatlichen Vertreter im Durchschnitt 15 Prozent der Räte, aber 53 Prozent sind Parteimitglieder. Auch hier gibt es den höchsten Anteil von Parteimitgliedern mit 83 Prozent beim ZDF. Fazit sei, "dass der reale Einfluss politischer Parteien über die unmittelbare Repräsentanz politischer Vertreter und Vertreterinnen hinausgeht".

Intransparenz bei Kosten kritisiert

Intransparenz bemängelte die Studie bei den Kosten der Gremienarbeit. Die Aufwendungen der Rundfunkanstalten für die Gremien variierten zwischen knapp über 100.000 Euro (Deutsche Welle) und weit über zwei Millionen Euro (WDR). Hier sei mehr Transparenz über die Verwendung der Gebühren nötig.

Die monatliche Aufwandsentschädigung der Rundfunkräte unterscheide sich stark zwischen 1.000 Euro beim WDR und keiner beim Saarländischen Rundfunk. Intransparent seien auch die Programmbeobachtung der Rundfunkräte und die Beschwerden, die nicht die Gremien erreichten, sondern durch die Intendanzen bearbeitet werden.

Lob für öffentliche Sitzungen

Als Fortschritt bewertete die Studie, dass die Rundfunkräte mit Ausnahme der Deutschen Welle öffentlich tagten und ein guter Teil der Sitzungen live online übertragen werde.

Für die Studie untersuchte der Journalist und Medienblogger Peter Stawowy im Zeitraum vom 26. April bis 31. August 2024 die entsendenden Organisationen und Parteizugehörigkeit von 772 Rundfunkrats- und Verwaltungsratsmitgliedern. Diese bilden die Aufsichtsgremien der neun ARD-Anstalten, von ZDF, Deutschlandradio und Deutscher Welle.

lmw



Zuerst veröffentlicht 27.02.2025 12:24 Letzte Änderung: 19.03.2025 10:18

Schlagworte: Medien, Rundfunk, Parteien, Forschung, Otto-Brenner-Stiftung, lmw, NEU

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