04.03.2025 10:00
Straßburg (epd). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Russland wegen des unzureichenden Schutzes von unabhängigen Journalisten verurteilt. Die Straßburger Richter stellten am Dienstag fest, dass die russischen Behörden es versäumt hätten, Journalistinnen und Journalisten der seit 2022 verbotenen Zeitung "Nowaja Gaseta" vor Bedrohungen zu schützen, nachdem sie über Menschenrechtsverletzungen durch die tschetschenischen Behörden berichtet hatten. (AZ: 75000/17)
Das Verlagshaus "Nowaja Gaseta" sowie drei Journalisten hatten die Klage eingereicht, darunter der ehemalige Chefredakteur der Zeitung, Dmitri Muratow, der 2021 den Friedensnobelpreis erhalten hatte. Die Journalisten hatten Artikel über eine gewaltsame Verfolgung von mutmaßlich homosexuellen Personen durch die tschetschenischen Behörden veröffentlicht und daraufhin Drohungen erhalten. Dennoch seien von den russischen Behörden keine Schutzmaßnahmen ergriffen worden.
Der Gerichtshof stellte eine Verletzung von Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention fest, der die Meinungsfreiheit garantiert. Zudem sahen die Richter eine Verletzung von Artikel 8 (Recht auf Privat- und Familienleben), da die Betroffenen Bedrohungen und Einschüchterungen ausgesetzt waren. Die Beschwerdeführer hatten zudem eine Diskriminierung geltend gemacht, da ihre Berichterstattung über die Verfolgung Homosexueller gezielt unterdrückt worden sei.
Russland wurde zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt. Die "Nowaja Gaseta" soll 7.500 Euro für immateriellen Schaden erhalten, während den betroffenen Journalisten jeweils 9.800 Euro zugesprochen wurden. Zusätzlich muss Russland 5.585 Euro für Kosten und Auslagen erstatten.
Im Februar hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Russland wegen der systematischen Einschränkung der Meinungsfreiheit nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine verurteilt. Dabei ging es unter anderem um die Schließung der unabhängigen Medien "Nowaja Gaseta" und Doschd TV. Die 2022 gegründete Onlinezeitung "Nowaja Gaseta Europe" arbeitet von Lettland aus.
Russland erkennt die Urteile des Gerichtshofs seit seinem Ausschluss aus der Europäischen Menschenrechtskonvention im September 2022 nicht mehr an. Der Gerichtshof erklärt sich jedoch weiterhin für Beschwerden gegen Russland zuständig, die vor diesem Datum eingereicht wurden.
mab
Zuerst veröffentlicht 04.03.2025 11:00 Letzte Änderung: 04.03.2025 12:17
Schlagworte: Europa, Medien, Justiz, Russland, EGMR, Muratow, mab, NEU
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