Publizistin Peggy Parnass gestorben - epd medien

12.03.2025 15:28

Die Gerichtsreportagen, die Peggy Parnass in den 1970er und 1980er Jahren in der Zeitschrift "Konkret" veröffentlichte, machten sie als Journalistin und als moralische Instanz überregional bekannt. Nun ist die NS-Überlebende in Hamburg gestorben.

Peggy Parnass mit dem Ersten Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher beim Christopher Street Day (CSD) im August 2024

Hamburg (epd). Die deutsch-schwedische Journalistin, Schriftstellerin, Schauspielerin und NS-Zeitzeugin Peggy Parnass ist tot. Sie starb am Mittwochmorgen im Alter von 97 Jahren in Hamburg, wie Marina Jacob, Wegbegleiterin und langjährige Freundin von Parnass, dem Evangelischen Pressedienst (epd) bestätigte. Der Tod der aus einer jüdischen Familie stammenden Holocaust-Überlebenden löste in Politik und Kirche Trauer und Betroffenheit aus.

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) würdigte Parnass, sie habe "ihr Leben dem Kampf gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung" gewidmet. Sie sei "bis ins hohe Alter für Toleranz und Vielfalt" eingetreten. Die evangelische Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs nannte Parnass eine "unermüdliche Kämpferin für Gerechtigkeit". Sie werde "ihre klaren Worte und ihre liebenswürdige, warmherzige Art sehr vermissen".

Filmkritikerin, Gerichtsreporterin

Peggy Parnass war 1939 als Elfjährige mit ihrem vierjährigen Bruder Gady mit einem der letzten Transporte für jüdische Kinder nach Schweden verschickt worden und so den Nationalsozialisten entkommen. Kurz vor Ende des Krieges kamen die Geschwister zu einem Onkel nach London, der als einziger der Familie durch Flucht überlebt hatte. Die Eltern wurden im Lager Treblinka von den Nationalsozialisten ermordet.

Als junge Frau kehrte Peggy Parnass nach Deutschland und in ihre Heimatstadt Hamburg zurück. Dort arbeitete sie als Filmkritikerin, Kolumnistin und Dolmetscherin. Einer breiten Öffentlichkeit wurde sie durch ihre Arbeit als Gerichtsreporterin der Monatszeitschrift "Konkret" bekannt. Ihr Buch "Prozesse", in dem Reportagen aus den 70er Jahren gesammelt wurden, wurde mehrfach ausgezeichnet.

Peggy Parnass hat viel und viele bewegt

Die Hamburger Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) wies auf das Engagement als "Schauspielerin, Gerichtsreporterin, Shoa-Überlebende, Ikone der queeren Szene" hin und nannte die Verstorbene eine "neugierige, warmherzige und meinungsstarke Persönlichkeit", die sich stets für die Belange von Minderheiten eingesetzt habe.

Kultursenator Carsten Brosda (SPD) sagte: "Stets ein Freigeist und ohne Angst anzuecken, setzte sie sich für eine offene und vielfältige Gesellschaft ein. Peggy Parnass hat viel und viele bewegt." Sie habe sich nicht gescheut, "mutig auch die Wahrheiten auszusprechen, die nicht gern gehört wurden". Als Gerichtsreporterin habe sie auf die Aufarbeitung der NS-Verbrechen gedrängt und sei "zur moralischen und antifaschistischen Instanz" geworden.

Peggy Parnass veröffentlichte mehrere Bücher, darunter "Süchtig nach Leben", "Unter die Haut" und "Kindheit: Wie unsere Mutter uns vor den Nazis rettete" (2012). Sie wurde unter anderem mit dem Fritz-Bauer-Preis und dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland geehrt. 2021 ernannte das PEN-Zentrum Deutschland sie zum Ehrenmitglied.

lnh



Zuerst veröffentlicht 12.03.2025 16:28

Schlagworte: Medien, Personalien, Journalismus

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