Gericht untersagt Passagen in RTL-Doku über Barschels Tod - epd medien

21.03.2025 16:16

Ein ehemaliger Geheimagent klagte gegen eine RTL-Doku über den Fall Uwe Barschel. Er warf dem Sender vor, ihn in einen Zusammenhang mit dem Tod des Politikers 1987 in einem Genfer Hotelzimmer gerückt zu haben. Der Mann bekam vor dem OLG Frankfurt recht - obwohl er in der Planungsphase der Doku eine Stellungnahme abgelehnt hatte. RTL prüft nun ein mögliches weiteres rechtliches Vorgehen.

Presse-Schlagzeilen zum Tod von Uwe Barschel im Oktober 1987

Frankfurt a.M. (epd). Wenn Medien einen Verdacht über eine Person erwecken, müssen sie diese laut einer Gerichtsentscheidung vor der Veröffentlichung anhören. Diese Pflicht gelte auch, wenn die betroffene Person zu einem früheren Zeitpunkt eine Stellungnahme abgelehnt habe, teilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) am Freitag mit. Im konkreten Fall untersagte das Gericht Passagen in einer RTL-Dokumentation über den Tod des früheren schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel (CDU). Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar. (AZ: 16 U 42/24)

Ein Geheimagent, der laut Gericht für deutsche und ausländische Sicherheitsbehörden tätig war, hatte auf Unterlassung bestimmter Passagen in der vierteiligen TV-Reihe geklagt. Er monierte, diese hätten ihn in einen Zusammenhang mit dem Tod Barschels 1987 in einem Genfer Hotelzimmer gerückt. Das OLG verpflichtete die Filmemacher, es zu unterlassen, den Verdacht einer Beteiligung des Klägers am Tod Barschels zu erwecken. Es bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz.

Vierte Folge nicht mehr abrufbar

Der Verdacht werde zwar nicht ausdrücklich erhoben, führte das Gericht aus. Allerdings ergebe er sich "aus dem Gesamtkontext mehrerer für sich genommen wahrer Tatsachen". Der Zuschauer folgere "aus der Zusammenstellung und Anordnung von Angaben" von Zeitzeugen mit Zwischentexten eine eigene Äußerung der Filmemacher. Zu dieser Verdachtsäußerung seien die Beklagten nicht berechtigt, weil sie dem Kläger nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme hätten.

Nach Gerichtsangaben war es Ziel der Doku, Theorien und Indizien zu den Umständen und Hintergründen des Todes von Barschel zu verfilmen. Das offizielle Ergebnis der damaligen Ermittlungen, Barschel habe im Zusammenhang mit der ihm angelasteten Verleumdungsaffäre gegen seinen Herausforderer Björn Engholm (SPD) Suizid begangen, wurde mehrfach in Zweifel gezogen.

Anhörung zu konkreten Inhalten nötig

Das OLG führte aus, auch wenn der Geheimagent zunächst ohne Kenntnis des geplanten Films "jede Stellungnahme" abgelehnt habe, entbinde dies die Filmemacher nicht von der Pflicht, den Betroffenen zu den konkreten Inhalten des gedrehten Films anzuhören. Der Umstand, dass der Kläger gegen einen Wikipedia-Artikel zu "Uwe Barschel" nicht vorgegangen sei, in dem seine Rolle beleuchtet werde, lasse die Anhörungspflicht ebenfalls nicht entfallen.

Die Dokumentation "Barschel - Der rätselhafte Tod eines Spitzenpolitikers" war 2023 veröffentlicht worden. Im Streamingdienst RTL+ ist die vierte Folge der Reihe mit dem Titel "Verschwörung" nicht mehr abrufbar. Eine RTL-Sprecherin erklärte auf epd-Anfrage, nur die vierte Folge sei von der Gerichtsentscheidung betroffen. "Wir werden das Urteil sowie ein etwaiges weiteres rechtliches Vorgehen prüfen", fügte sie hinzu.

Da die Eilentscheidung des OLG nicht anfechtbar ist, müsste RTL den Kläger in ein Hauptsacheverfahren zwingen. Dieses würde erneut beim Landgericht Frankfurt beginnen.

lmw/rid



Zuerst veröffentlicht 21.03.2025 12:25 Letzte Änderung: 21.03.2025 17:16

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Recht, RTL, Barschel, Oberlandesgericht Frankfurt, lmw, rid, NEU

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