21.03.2025 13:17
Berlin (epd). Der Deutsche Presserat hat das Internetportal "bild.de" für ein Video gerügt, das den Attentäter von Magdeburg beim Rasen in eine Menschenmenge zeigte. "Diese Darstellung des Sterbens war nicht vom öffentlichen Interesse am Geschehen gedeckt, sondern verletzte die Würde der Betroffenen", erklärte das Selbstkontrollorgan der deutschen Presse am Freitag in Berlin.
Zudem habe der Beitrag die Grenze zur Sensationsberichterstattung überschritten, weil "bild.de" die Sequenz wiederholt zeigte "und damit über die reine Dokumentation des Geschehenen hinausging", kritisierte der Presserat. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei auch noch nicht klar gewesen, ob das Video echt war. Bei dem Anschlag auf den Wehnachtsmarkt am 20. Dezember 2024 waren sechs Menschen getötet und Hunderte schwer verletzt worden.
Eine weitere Rüge erhielt "bild.de", weil das Portal eine unbestätigte Zahl von Opfern des Magdeburger Anschlags als Tatsache dargestellt habe. Bei der Amokfahrt habe es "mindestens 11 Tote und bis zu 80 Verletzte" gegeben, hieß es laut Presserat in dem Beitrag. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung habe die Polizei jedoch weit weniger Opfer bestätigt.
Insgesamt sprach der Presserat auf seinen Sitzungen von Dienstag bis Donnerstag 24 Rügen, 29 Missbilligungen und 32 Hinweise aus. Viele der Rügen gingen an "bild.de" und andere Medien des Konzerns Axel Springer. Gleich zwei Rügen gab es für vorverurteilende Berichte in "bild.de" und der Boulevardzeitung "B.Z." über eine Polizistin, die angeblich als Trans-Frau zwei Kollegen sexuell missbraucht haben sollte. Die Berichte verstießen massiv gegen den Persönlichkeitsschutz und die Unschuldsvermutung, erklärte das Gremium.
Eine weitere Rüge erhielt "bild.de", weil eine falsche Bildunterschrift nicht korrigiert worden sei. Unter dem Titel "Die Hatz auf Juden ist wieder ausgebrochen" habe das Portal über Ausschreitungen beim Fußballspiel Ajax Amsterdam gegen Maccabi Tel Aviv berichtet. Unter einem Foto, das mehrere dunkel gekleidete Personen zeigte, habe die Redaktion geschrieben: "Judenhasser jagten in der Nacht auf Freitag israelische Fußballfans durch Amsterdam." Tatsächlich habe das Foto Maccabi-Fans gezeigt, die einen Niederländer angriffen, kritisierte der Presserat. Rügen erhielt "bild.de" zudem unter anderem wegen irreführender Berichterstattung über Bürgergeld-Bezieher und die identifizierende Berichterstattung über Opfer von Sexualstraftätern.
Die Berliner "tageszeitung" wurde wegen eines Kommentars mit dem Titel "Nicht Eure Zielscheibe" zum Thema Polizeigewalt gerügt. Die Redaktion habe darin mit Bezug auf eine erhöhte Anzahl von Fällen tödlicher Schüsse bei Polizeieinsätzen behauptet, Polizisten seien "die von der Gesellschaft beauftragten Mörder in Uniform". Die Bewertung der Vorfälle als "Morde" war nach Auffassung des Beschwerdeausschusses jedoch nicht von "hinreichenden Anhaltspunkten" gedeckt.
Das Webportal der "Berliner Zeitung" bekam eine Rüge für einen Gastbeitrag zu angeblichen Folgen der Corona-Impfung. Darin behauptete eine Ärztin, sie habe seit den Corona-Impfungen mit mRNA-Technik einen "neuartigen Turbo-Krebs" beobachtet. Zwar habe die Redaktion später einen eigenen Beitrag veröffentlicht, in dem sie klarstellte, dass es weder Anhaltspunkte für den angeblichen "Turbo-Krebs" noch steigende Krebszahlen nach Impfungen gebe, räumte der Presserat ein. Nach Ansicht des Gremiums hätte es jedoch im Gastbeitrag selbst einer Einordnung bedurft.
Der "Nordkurier" wurde wegen einer nicht gekennzeichneten Änderung im Beitrag einer Nachrichtenagentur gerügt. In dem Artikel "Happy End nach Chaos? Der Thüringer Landtag hat einen neuen Präsidenten" hieß es, der Verfassungsgerichtshof in Weimar sei "größtenteils besetzt" mit "Parteigängern und Parteisympathisanten der etablierten Parteien". In der Autorenzeile sei der Name der Agentur-Autorin genannt worden. Aus der Originalmeldung habe sich jedoch ergeben, "dass die Äußerung über die Richter im Agenturbeitrag nicht enthalten, sondern von der Redaktion in den Artikel eingefügt worden war". Dies sei eine massive Verletzung des Gebots der Wahrhaftigkeit.
rid
Zuerst veröffentlicht 21.03.2025 14:17 Letzte Änderung: 21.03.2025 15:11
Schlagworte: Medien, Presse, Medienethik, Presserat, bild.de, Bild, Springer, Magdeburg, rid, NEU
zur Startseite von epd medien