Lehren aus der Pandemie - epd medien

24.03.2025 10:00

Fünf Jahre ist es her, dass in der Corona-Pandemie das öffentliche Leben in Deutschland zum Erliegen kam: Schulen und Kindergärten wurden geschlossen, sogar Spielplätze im Freien durften wochenlang nicht genutzt werden. In "Meine offene Rechnung mit Corona" geht die ZDF-Journalistin Sarah Tacke der Frage nach, welche Folgen die Pandemie für die Gesellschaft hat.

Sarah Tacke, Leiterin der ZDF-Redaktion Recht und Justiz, hat für "Am Puls" mit Menschen darüber gesprochen, wie die Pandemie ihr Leben verändert hat

epd Als sie während der Corona-Pandemie abgesperrte Spielplätze sah, fand Sarah Tacke das falsch. Das erzählt die Presenterin, zugleich Leiterin der ZDF-Redaktion Recht und Justiz, in dieser Dokumentation. Fünf Jahre später stellt sie die Frage: "Was hat Corona mit uns gemacht?" Dazu reist sie durch das ganze Land und spricht, zügig voranschreitend, in die Kamera. Zwischendurch spricht sie mit Menschen, die auf unterschiedliche Weise unmittelbar und mittelbar von Corona betroffen sind.

Ihr erster Gesprächspartner ist ein Professor, der mit 37 Jahren seine Rente beantragt. Trotz dreimaliger Impfung leidet er am Chronischen Fatigue-Syndrom, der schwersten Long Covid-Form. "Was macht die Einsamkeit mit dir?", fragt Tacke. Zu ihren weiteren Gesprächspartnerinnen zählt eine junge Frau, die "seit der Impfung wie lebendig begraben" im Bett liegt und eine Sonnenbrille trägt, weil sie Licht nicht verträgt. Sie leidet an Post-Vac, also einem Impfschaden, sagt ihre Mutter.

Prüfungen zu Corona-Hilfen laufen noch

Der Berliner Mediziner Harald Prüß spricht von einem "Dilemma": Viele Impfschäden könnten nicht klar festgestellt werden. Auch während Corona habe es schwere Erkrankungen im üblichen Ausmaß gegeben, insofern viele Koinzidenzen ohne eindeutigen Kausalzusammenhang. Von mehr als 13.000 Anträgen auf Anerkennung von Impfschäden seien 8.297 abgelehnt worden, fasst Tacke aus dem Off weitere Recherchen zusammen. Fast 4.000 befänden sich noch in Bearbeitung. Anerkannt wurde also nur ein Bruchteil der Anträge.

Auch die Prüfung der Schlussabrechnungen der Finanzhilfen, die Unternehmen gewährt wurden, läuft noch immer. Das Bundeswirtschaftsministerium erwartet den Abschluss der Prüfungen Ende 2026. Eine Boutiquen-Besitzerin schildert, den Tränen nah, die Probleme ihrer zwei Läden seit der Pandemie.

Unterschiedliche Facetten

"Corona hat mir meine Kindheit genommen", klagt ein damals elf Jahre alter Berliner Rapper. In der Zeit habe er sich abgewöhnt, zur Schule zu gehen. Jetzt tue er das ungefähr einmal pro Woche. Bei einer "Querdenker"-Demonstration in Göttingen beobachtet Tacke, wie die 150 Leute, die nach fünf Jahren immer noch auf die Straße gehen, von größeren Aufgeboten an Gegendemonstranten und Polizei begleitet werden.

Bemerkenswert sind die sehr unterschiedlichen Aussagen und Facetten, die der Film zeigt. Er kann allerdings die angedeuteten Dilemmata nicht klären und Menschen, die durch Corona in Not geraten sind, auch nicht helfen. Manche Zuschauer könnten zu wenig Widerspruch bei kontroversen Aussagen monieren. Das ist freilich auch dem Umstand geschuldet, dass alle, die sich seit fünf Jahren mit Corona befassen, sehr routiniert reden.

Fehlende Aufarbeitung

Auch wenn die Menschen, die hier auftreten, unterschiedliche Sichtweisen haben, beklagen viele die fehlende Aufarbeitung der Corona-Jahre. Die kleine Presenter-Dokumentation setzt ein Zeichen, indem sie Politiker relativ scharf befragt. Der Lohn sind aufschlussreiche Antworten. Gesundheitsminister Lauterbach will erst mal sagen, "was wir richtig gemacht" haben im internationalen Vergleich, bevor er dann die verhängten Schulschließungen "zu radikal" nennt. Zugleich lässt er durchblicken, dass er schon für die nächste Regierung plant.

Ex-Gesundheitsminister Spahn von der CDU hingegen beschäftigt sich nicht mehr mit Gesundheitspolitik. Er hat in den vergangenen Monaten versucht, sich als Experte für andere Politikgebiete ins Gespräch zu bringen.

Die Frage, ob die Gesellschaft und die Politik aus der Pandemie gelernt haben und auf künftige Pandemien besser vorbereitet sind, lässt sich nach diesem Film nicht deutlich bejahen. Die von einer Impf-Gegnerin geäußerte Kritik, dass während Corona im Ersten, Zweiten und Dritten Programm "alles so gleich" gewirkt habe, als seien alle Sender "gleichgeschaltet" worden, ist zwar überspitzt, doch den Eindruck, dass es in den Medien zu wenig Kritik an der Corona-Politik gab, teilen auch andere. Immerhin bemüht sich das ZDF nun, mehr Perspektiven zu zeigen. Diese Dokumentation ist ein Beispiel dafür.

infobox: "Am Puls mit Sarah Tacke: Meine offene Rechnung mit Corona", Dokumentation, Regie und Buch: Julia Lösch, Kathi Liesenfeld, Sarah Tacke, Kamera: Leonard Bendix, Florian Lengert u. a., Produktion: Bewegte Zeiten Filmproduktion (ZDF, 12.3.25, 22.15-23.00 Uhr, ZDF-Mediathek seit 12.3.25)



Zuerst veröffentlicht 24.03.2025 11:00

Christian Bartels

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Dokumentation, Tacke, Lösch, Liesenfeld, Bartels

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