25.03.2025 10:11
Ankara/Berlin (epd). Reporter ohne Grenzen (RSF) verurteilt die Gewalt gegen Journalisten in der Türkei, die über Proteste gegen die Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu berichten. Ebenso besorgniserregend sei das Vorgehen der türkischen Medienaufsicht RTÜK, die Fernsehsender mit Lizenzentzug bedrohe, sollten sie weiterhin kritisch über die Proteste berichten, erklärte RSF am Montagabend.
Imamoglu und Personen aus seinem Umfeld waren am 19. März festgenommen worden. Ihnen werden unter anderem die Führung einer kriminellen Organisation und Bestechung vorgeworfen. Imamoglu gehört der sozialdemokratischen Partei CHP an und gilt als Hauptkonkurrent des Staatschefs Recep Tayyip Erdogan, der seit 2003 regiert.
Nach Angaben von RSF wurden seit dem 19. März mindestens zehn Medienschaffende von Sicherheitskräften angegriffen, zudem seien mindestens fünf Journalistinnen und Journalisten festgenommen worden. Die türkische Journalistengewerkschaft sprach von mindestens neun inhaftierten Berichterstattern. RSF verwies darauf, dass einige der nun verhafteten Medienschaffenden in den vergangenen Tagen bereits von der Polizei in die Enge getrieben und körperlich attackiert worden seien.
"Die Festnahmen und die gezielte Gewalt zeigen, dass das türkische Regime die Berichterstattung über regierungskritische Proteste unterdrücken will - das passt zu dem autokratischen Muster, mit dem Präsident Erdogan spätestens seit dem Putschversuch im Juli 2016 regiert", erklärt Anja Osterhaus, Geschäftsführerin der deutschen RSF-Sektion. Die Organisation forderte die türkische Regierung auf, die massive Einschränkung der Pressefreiheit zu beenden.
Wie RSF weiter mitteilte, haben mehrere Sender ihre Live-Berichterstattung über die Proteste eingestellt, um ihre Lizenz nicht zu verlieren. Ein weiteres Druckmittel seien hohe Geldstrafen. Am 20. März habe die Aufsichtsbehörde RTÜK bereits die Sender Now TV, Tele1, Halk TV und SZC TV mit Strafen in Höhe von drei Prozent ihrer Werbeeinnahmen des Vormonats belegt. Die Aufforderung der Medienaufsicht, ausschließlich offizielle Regierungsangaben zu verbreiten, verdeutliche den stetigen Druck auf Medien im Land.
Parallel dazu habe das Regime in Istanbul die Internet-Bandbreite mehrerer Plattformen reduziert. Besonders betroffen waren demnach Instagram, Facebook und WhatsApp. Die Plattform X von Elon Musk sperre seit der Festnahme Imamoglus offenbar immer mehr regierungskritische Accounts in der Türkei, darunter die Konten von zivilgesellschaftlichen Gruppen, feministischen Organisationen und studentischen Initiativen.
Auf der weltweiten RSF-Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei derzeit auf Platz 158 von 180 Staaten. Die einst pluralistische Medienlandschaft steht nach Angaben der Organisation inzwischen fast vollständig unter Kontrolle der Regierung oder regierungsnaher Geschäftsleute.
rid
Zuerst veröffentlicht 25.03.2025 11:11 Letzte Änderung: 25.03.2025 15:27
Schlagworte: Medien, Türkei, Imamoglu, Pressefreiheit, rid, Erdogan, RTÜK, NEU
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