26.03.2025 08:44
Die Komödie "Eigentlich sollten wir" von ARD und ORF
epd Die erzählerischen Anliegen dieses Films sind richtig und ehrenwert: Dass wir nachhaltiger leben sollten. Dass es zu viel Plastikspielzeug gibt. Dass man Kindern lieber mehr Zeit als immer mehr Dinge schenken sollte. Von alldem handelt der Film "Eigentlich sollten wir", der nun in der ARD deutsche TV-Premiere feiert. Die Komödie bemüht sich, mit nicht allzu hoch erhobenem Zeigefinger daherzukommen und ihre Botschaft humoristisch und mit Wiener Schmäh zu verbreiten. Das ändert aber nichts daran, dass sie in ihrer grundsätzlichen Überdrehtheit für den Zuschauer zu einer albernen bis anstrengenden Prüfung wird.
Die Ouvertüre setzt den Ton: Da wird der auf den ersten Blick als komplett harmlos zu erkennende Familienvater Stefan Steindl (Thomas Mraz) vor den Augen seiner Frau Marion (Marleen Lohse) und der drei Kinder beim Verlassen seines Hauses von einem martialischen Sondereinsatzkommando festgenommen, als sei er ein international gesuchter Top-Terrorist. Und tatsächlich beginnt der überambitionierte Chefinspektor Horak (Gerhard Kasal) sein anschließendes Verhör so: "Sie leiten also die Terrorzelle 'Parents Against Krempel'?"
Ich bin aus Plastik wie dein Fischstäbchen.
Wie es so weit kommen konnte, schildert "Vorstadtweiber"-Regisseur Harald Sicheritz anhand der ins Bild gesetzten Aussagen von Stefan, parallel vernimmt Kripo-Chefin Karin Schober (Maria Fliri) dessen Frau.
Nach einem Exkurs über einen abflussverstopfenden Plastik-Dinosaurier erweist sich ein auf dem Fußboden liegender Spielzeug-Campingbus als Handlungsauslöser. Nachdem Stefan darauf ausgerutscht ist und eine Wirbelsäulen-Prellung erlitten hat, lernt er im Krankenhaus den schrägen Bastler Ferry (Roland Düringer) kennen, der ihn in sein Reparaturcafé "Ferrys Paradise" einlädt.
Um den zerbeulten Bus wieder herrichten zu lassen, schaut Stefan dort vorbei - und trifft neben Ferry auf drei Aktivisten (Elfriede Schüsseleder, Sonja Chan, Nikolai Baar-Baarenfels), die abschreckende Aufkleber für Spielzeug designen. Als Aufnahmeprüfung soll der begeisterte Stefan die Pickerln mit Slogans wie "Ich bin aus Plastik wie dein Fischstäbchen" in einem Geschäft auf die Ware kleben - und entkommt nur mithilfe seiner neuen Freunde dem Ladendetektiv.
Zur psychologischen Herleitung dieses aufflammenden Rebellentums bietet das Drehbuch, das Hauptdarsteller Mraz zusammen mit dem Kabarettisten Klaus Eckel geschrieben hat, eine Midlife-Crisis des Protagonisten an. "Aus meinem Papa-Monat sind zehn Jahre geworden", hadert der freischaffende Fotograf im Verhör. Seine Frau, eine ebenfalls freischaffende Grafikerin, verdient nicht nur mehr als er - sie nennt ihn auch noch penetrant Steffi.
"Finden Sie das sexy?", wundert sich Kriminalerin Schober. Immerhin erinnert sich Marion da noch an die einstige Anziehungskraft ihres Mannes: "Anfang der Zehnerjahre wollte den jeder haben." Ein "richtiger Hero" sei Stefan damals auf diversen Demos gewesen, ob "gegen die Prügelpolizei, für Freiheit in Weißrussland oder gegen Stuttgart 21".
Um das angeschlagene Verhältnis der Eheleute noch weiter auf die Probe zu stellen, sieht das Skript nun vor, dass Marion für die Chefin des Spielwarenkonzerns Kids and Toys - Aglaia Szyszkowitz als Betty Krüger - eine Kinderzeitung entwickeln soll. Als Fotografen holt sie Stefan ins Boot. Als CEO Betty mit ihrem Assistenten Masoud (Navid Akhavan) zum Abendessen kommt, tischt Hausmann Stefan Blumenkohl mit Haselnüssen und Rotbarsch auf, muss dabei allerdings überspielen, dass er in seiner Eigenschaft als "Underground Leader" gerade ein Videostatement ("Klimaschutz statt Plastikschmutz") aufgenommen hat. Klar, dass dieses Doppelspiel irgendwann auffliegt.
In puncto Dialogwitz gelingt den Autoren der eine oder andere Treffer. Hübsch etwa die Szene, in der Stefan den mit Ninja-Schwertern kämpfenden Nachwuchs für den Pazifisten Mahatma Gandhi erwärmen möchte, aber nicht durchdringt. "Mahatma Pech, Mahatma Gandhi", kommentiert Marion. Lustig auch, wie der manische Horak den Beweis führen will, dass es sich bei den "Parents against Krempel", kurz: PAK, um eine terroristische Vereinigung handelt: "RAF, IRA, ORF, ETA, jetzt die PAK: Die haben alle drei Buchstaben", kombiniert der Chefinspektor. Zu pointierten Wortschöpfungen wie "moralelastisch" gesellen sich originelle Einfälle wie minimal verfremdete Navi-Ansagen: "Wenn Sie wirklich nach Hause wollen, biegen Sie in 30 Metern links ab."
Eher treuherzig mutet wiederum die Volte an, dass die PAK internationale Nachahmer findet, zum "Megatrend" wird und Stefan deshalb im Interview mit ORF-Ikone Armin Wolf, der sich in einem Cameo-Auftritt selbst spielt, ein Plädoyer für nachhaltige Produktion halten darf. Nicht erst da wirkt die Konsumkritik von "Eigentlich sollten wir" eigentlich eher bieder.
infobox: "Eigentlich sollten wir", Komödie, Regie: Harald Sicheritz, Buch: Klaus Eckel, Thomas Mraz, Kamera: Thomas Kürzl, Produktion: E&A Film (ARD-Mediathek/ORF/BR, seit 26.3.25, ARD, 26.3.25, 20.15-21.45 Uhr)
Zuerst veröffentlicht 26.03.2025 09:44 Letzte Änderung: 26.03.2025 15:08
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), Komödie, Sicheritz, Eckel, Mraz, Luley, NEU
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