06.04.2025 12:05
Der ZDF-Fernsehfilm "Ewig Dein"
epd Ist das nicht Romantik pur? Judith (Julia Koschitz), Erbin und Betreiberin eines Wiener Kristall-Lüster-Geschäfts, und Architekt Hannes (Manuel Rubey) stoßen im Supermarkt zusammen. Kurz darauf besucht er sie in ihrem Laden, lädt sie auf einen "Weißen Spritzer" ein. Er schickt rote Rosen, gibt sich zuvorkommend. Ein "Lotto-Sechser" sei der Mann, kommentiert eine Freundin, nachdem Judith ihre Bekanntschaft zu einer Party mitgebracht hat. Doch in diesem Fall hat sich Schriftsteller Daniel Glattauer, dessen Roman aus dem Jahr 2012 das ZDF nun verfilmt hat, an einem anderen Genre versucht.
Es gehört zu den Stärken der von seiner Landsfrau Johanna Moder ("School of Champions") inszenierten TV-Adaption, wie sich der Psychohorror langsam anschleicht. Schon in der Phase des vermeintlich verliebten Kennenlernens liegt Anspannung in der Luft. Ist Hannes' erstes Kompliment - "Du hast schöne Zähne!" - nicht ziemlich schräg? Hat die ständige Rosenschickerei nicht auch etwas Obsessives?
Das mit den Zähnen erzählt Judith ihrem besten Freund Gerd (Stefan Rudolf), der sich ebenfalls befremdet zeigt. "Ich find' ihn ja fast unheimlich", sagt einmal Judiths Bruder Ali (Marcel Mohab). Aber noch sind das Nebensächlichkeiten, flüchtige Momente des Zweifels. Auch Judiths Mutter Edith (Barbara Auer) ist begeistert von Hannes, und Judiths Lehrmädchen Bianca (Mara Romei) fängt kurzerhand an, den Blumenboten zu daten.
Zum Kipppunkt wird nach rund 30 Filmminuten ausgerechnet eine Venedig-Reise. "Hast du das weiße Kleid mit und die hohen Schuhe?", fragt Hannes, der den Trip minutiös geplant hat. "Ich bin nicht deine Anziehpuppe", blafft sie erstmals genervt zurück. Beim Selfiemachen in der - selbstverständlich rosenbestückten - Gondel muss sie sich zum Lächeln schon erkennbar zwingen. Und als er beim Dinner zum Heiratsantrag anhebt, gebietet sie ihm Einhalt. Schonend versucht sie ihm beizubringen, dass sie nicht gemacht sei für so eine enge Bindung. Sie artikuliert ihren Trennungswunsch - und von da an ist pure Eskalation angesagt.
Für den Zuschauer ist Hannes, der nach Judiths abrupter alleiniger Abreise aus der Lagunenstadt zu hemmungslosem Stalking übergeht und flankierend gelbe Versöhnungsrosen schickt, klar als Psychopath dechiffriert. Zweifelhaft oder in neuem Licht erscheinen seine früheren Selbstauskünfte, etwa über seine verstorbene depressive Ex-Partnerin oder eine alte Nachbarin, für die er einkaufe.
Judith jedoch, die immer mehr Tabletten schluckt und unter Halluzinationen leidet, lernt die Kehrseite der Hannes-Begeisterung ihres Umfelds kennen. Auf ihrer eigenen Geburtstagsfeier muss sie sich von ihren Freunden erzählen lassen, dass "der Hannes" ja glaube, ihre Beziehung werde sich schon wieder einrenken. Wie toll es sei, was er für ihren Bruder getan habe: Eine komplette Fotoserie habe er dem klammen Künstler abgekauft. Und dann erscheint der toxische Ex auch noch als Überraschungsgast.
Natürlich ist der Plot vom kranken Stalker so wenig neu wie die morbiden Klischee-Schauplätze Wien und Venedig. Doch die klassischen Zutaten werden hier in einer inspirierten Variation dargeboten, die durchaus frösteln lässt. Großen Anteil daran haben die Schauspieler: Filigran deutet Julia Koschitz eingangs das latente Unwohlsein ihrer Figur an, und Manuel Rubey liefert eine Top-Performance als feingliedrig-manipulativer Bösewicht ab. Dazu findet Kameramann André Mayerhofer ahnungsvoll-einprägsame Bilder: Mal wird ein Sarg durch den Hausflur getragen, mal lässt sich ein Ring nicht wieder abstreifen. Einmal schneit es gar im geschlossenen Raum von der Decke.
Ein bisschen unglaubwürdig mag aus heutiger Sicht wirken, dass es lange niemanden stutzig macht, dass vom Architekten Hannes keinerlei digitale Spuren existieren - die kleine Schwäche mag dem Umstand geschuldet sein, dass die Romanvorlage schon 13 Jahre alt ist. Insgesamt aber bietet "Ewig Dein" bis zum Showdown unter Kristall-Lüstern gekonnten Thrill und Grusel.
infobox: "Ewig Dein", Psychothriller, Regie: Johanna Moder, Buch: Freya Stewart, Johanna Moder, Kamera: André Mayerhofer, Produktion: Mona Film, Tivoli Film (ZDF/ORF, ab 7.4.25 in der ZDF-Mediathek, ZDF, 14.4.25, 20.15-21.45 Uhr)
Zuerst veröffentlicht 06.04.2025 14:05 Letzte Änderung: 07.04.2025 11:29
Schlagworte: Medien, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Luley. Moder, BER, NEU
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