Ein Frische-Kick - epd medien

09.04.2025 13:11

Premiere im Kika: Parallel zur ARD-"Sportschau" hat der Kindersender am Dienstag das Fußball-Länderspiel der Frauen Deutschland gegen Schottland übertragen - und die Kinder durften auch ans Mikrofon.

Beim Kika kommentierten Kinder das Fußball-Länderspiel der Frauen

Niklas, Lea und Dimi waren als Kinderkommentator, Kinderreporterin und Kinderreporter live im Stadion in Wolfsburg dabei

epd Als Zehnjährige hat Stephanie Baczyk ihren Bruder regelmäßig mit Vaters Kamera zum Fußball begleitet und die Spiele kommentiert. Knapp 30 Jahre später kennt das halbe Land ihre Stimme aus der "Sportschau". Der frühere ARD-Sport-Moderator Gerhard Delling erzählt in seiner Autobiografie eine ähnliche Geschichte: Wenn er als Kind gekickt hat, war er gleichzeitig Reporter, der seine Aktionen beschrieb.

Dellings Traumberuf war allerdings nicht Journalist, sondern Profifußballer, und das dürfte auch der Grund sein, warum sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) anlässlich des Nations-League-Spiels der Frauen gegen Schottland gern auf ein Experiment eingelassen hat: Dem deutschen Volkssport geht der Nachwuchs aus. Schon seit Jahren müssen sich immer mehr Vereine zu Spielgemeinschaften zusammenschließen, um überhaupt vollzählige Jugend-Mannschaften in eine Saison schicken zu können.

Clevere Idee

Da könnte sich die Live-Übertragung eines Länderspiels im Kinderkanal als clevere Idee erweisen, um Jungen und Mädchen für diese Sportart zu begeistern. Und weil bei "KiKA Live" stets auch die Zielgruppe mitwirkt, bekam Reporterin Baczyk den 13-jährigen Niklas als Co-Kommentator zur Seite gestellt.

Tatsächlich hat Niklas seine Sache nicht schlecht gemacht. Mitunter klang er gar wie ein alter Hase: Wer viel Fernsehfußball guckt, übernimmt diesen typischen Jargon mit seinen immer wiederkehrenden Floskeln ("Foul gezogen") fast zwangsläufig. Sollte Niklas aufgeregt gewesen sein, so war ihm das zumindest nicht anzuhören. Als Kicker weiß er, worauf es ankommt: Er fiel der Kollegin einige Male ins Wort, wenn die gerade ein bisschen Hintergrundwissen einstreute, weil das Geschehen auf dem Platz wichtiger war.

Perfekt vorbereitet

Baczyk wiederum nahm den Jungen ernst, bezog ihn immer wieder mit ein und unterließ es anständigerweise, ihn zu korrigieren, wenn er mal einen falschen Namen nannte. Das kam jedoch nur sehr selten vor, denn Niklas war perfekt vorbereitet. Respekt!

Auch bei den anderen Aufgaben rund um das Fußballspiel war die Zielgruppe präsent. Nach Angaben des Kika hatten sich mehr als 400 Kinder beworben. Lea, ebenfalls 13, durfte "Kika-Live"-Moderator Ben Blümel unterstützen. Anders als Niklas war sie ein bisschen aus dem Häuschen und wirkte trotzdem entspannter als der Mann neben ihr: Blümel, mittlerweile Mitte 40, ist vor der Kamera notorisch überdreht und liefert regelmäßig dankbares Anschauungsmaterial für die Parodie eines Moderators.

Wo das Brot tanzt

Auch bei Kollegin Sarah Parvanta, die sich mit einem weiteren "Kinderreporter" unter das Publikum mischte, schien es, als würde das Rotlicht an der Kamera die gleichen Botenstoffe im Hirn ausschütten wie jene Substanzen, die unter das Betäubungsmittel-Gesetz fallen.

Die "Halbzeitshow" mit dem vom DFB-Maskottchen Paule unterstützten tanzenden Bernd das Brot war dann zwar nicht ganz so "mega", wie von Blümel angekündigt, aber zum Pausengespräch schaute immerhin die vor dem Spiel offiziell vom DFB verabschiedete Ex-Kapitänin Alexandra Popp vorbei. Als Lea wissen wollte, ob sie oft erkannt wird, sprach sie recht offen über die "Kehrseite" ihrer Popularität: "Bisschen nervig." Und bei der Frage nach ihrem Schuhwerk nutzte sie die Gelegenheit, den Namen ihres Sponsors zu erwähnen. So läuft das Business.

Kaum zusätzliche Kosten

Für den Kinderkanal hat sich die Sache gelohnt. 40.000 Jungs und Mädchen zwischen 3 und 13 Jahren sind mehr, als der Kika sonst auf diesem Sendeplatz erreicht, und mit gut 30.000 "Visits" war auch "kika.de" in dieser Zeit gut besucht. Zusätzliche Kosten sind kaum entstanden, die Übertragungsrechte für die Länderspiele der Frauen liegen bei ARD und ZDF.

Natürlich hat die vergleichsweise frühe Anstoßzeit (17.45 Uhr) auch Publikum gekostet: Beim vom ZDF übertragenen Hinspiel in Schottland schauten noch knapp drei Millionen zu, diesmal im Ersten nur gut zwei Millionen. Doch die späten Länderspielübertragungen unter der Woche sorgen beim jungen Publikum schon länger für Unmut: Um 20.45 Uhr sind die meisten Schulkinder im Bett.

Tilmann Gangloff Copyright: Foto: privat Darstellung: Autorenbox Text: Tilmann Gangloff ist freier Journalist und regelmäßiger Autor von epd medien.



Zuerst veröffentlicht 09.04.2025 15:11 Letzte Änderung: 09.04.2025 15:16

Tilmann Gangloff

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Sport, Kinder, Kika, Gangloff, tpg, NEU

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