Studie: ZDF soll Alternative zu sozialen Netzwerken aufbauen - epd medien

11.04.2025 11:22

Ein Gutachten empfiehlt dem ZDF, ein gemeinwohlorientiertes digitales Netzwerk mitzugestalten - als Alternative zu großen Plattformen wie Tiktok oder Instagram. Ziel ist ein geschützter Raum für faktenbasierten, demokratischen Austausch.

Die ZDF-Verwaltungsratsvorsitzende Malu Dreyer bei der Vorstellung des Gutachtens am Freitag

Berlin (epd). Angesichts wachsender Desinformation und einer zunehmend zersplitterten digitalen Öffentlichkeit empfiehlt ein neues Gutachten dem ZDF den Aufbau eines gemeinwohlorientierten digitalen Netzwerks. Die Verständigung, die auf Fakten und demokratischen Grundwerten basiert, werde immer "massiver angegriffen und sogar zerstört", sagte die Vorsitzende des ZDF-Verwaltungsrats und ehemalige Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), am Freitag in Berlin. Deshalb sollte das ZDF einen digitalen Raum für unabhängige Meinungsbildung eröffnen.

Was derzeit fehle, sei ein "geschützter Raum für einen Dialog der Bürgerinnen und Bürger über gesellschaftlich politische Fragen", der nicht von internationalen Plattformen, unbekannten Algorithmen sowie Hass und Desinformation dominiert werde, sagte ZDF-Intendant Norbert Himmler. Er verstehe das Gutachten als "Ermutigung" nicht nur an das ZDF, sondern auch an die Gesellschaft, diesen Raum wieder zu schaffen.

Steigerung des Digitalen Public Value

Der ZDF-Verwaltungsrat hatte die Studie in Auftrag gegeben. Fünf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten in Dortmund, Berlin und Erfurt untersuchen darin, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Auftrag zur demokratischen Meinungsbildung in einer Medienlandschaft erfüllen kann, die zunehmend von digitalen Plattformen wie Instagram und Tiktok dominiert wird. Ziel ist, den sogenannten "Digital Public Value", also den Mehrwert für eine digitale Öffentlichkeit, zu steigern.

Konkret plädieren die Autorinnen und Autoren für ein gemeinwohlorientiertes digitales Netzwerk, einen "Digital Open Public Space" (DOPS), als Gegengewicht zu marktmächtigen Plattformen wie Instagram oder TikTok, die durch ihre algorithmischen Logiken oft Desinformation und Polarisierung begünstigen. Das neue Netzwerk soll hingegen als öffentlich-rechtliche Kommunikationsinfrastruktur auf Barrierefreiheit, Datenschutz und demokratische Diskursförderung ausgerichtet sein.

Aufbau in mehreren Phasen

Dem Gutachten zufolge könnte das ZDF den DOPS in mehreren Phasen aufbauen. Kurzfristig könne der Sender auf eigenen Plattformen einzelne Kommentar- und Feedback-Funktionen installieren, um Erfahrungen mit Nutzer-Interaktion zu sammeln, schlagen die Autoren vor. Mittelfristig könnte das ZDF diese Funktionen "auf alle Inhalte ausweiten und mit offenen Protokollen vernetzen, so dass Interaktionen über verschiedene Plattformen hinweg möglich wären".

Sobald Einrichtung und Betrieb eines vollumfänglichen DOPS vom gesetzlichen Auftrag erfasst und seine Finanzierung sichergestellt seien, könne eine vollständig offene, dezentrale Infrastruktur entstehen. Diese soll dem Gutachten zufolge "insbesondere auch anderen gemeinwohlorientierten Akteuren" als Plattform dienen.

Dreyer: Verschiedene Partner benötigt

Dreyer betonte, dass es nicht um die Entwicklung eines eigenen sozialen Netzwerks der Öffentlich-Rechtlichen gehe, sondern diese vielmehr einen Impuls für eine Alternative geben sollten. Für die Entwicklung eines solchen Netzwerks brauche es viele verschiedene Partner.

Die Erfurter Kommunikationswissenschaftlerin Leyla Dogruel betonte, dass das ZDF schon Schritte in die Richtung eines solchen - wenngleich auf den eigenen Sender beschränkten - Netzwerks gehe. So solle in diesem Jahr unter anderem in der ZDF-Mediathek eine Möglichkeit geschaffen werden, mit der die Zuschauenden über die jeweiligen Sendungen diskutieren könnten.

Neben der Förderung eines sozialen Netzwerks empfehlen die Autorinnen und Autoren dem Mainzer Sender, seine Software und Inhalte öffentlich zur Verfügung zu stellen - etwa durch Open Source, freie Nutzung von Eigenproduktionen oder transparente Algorithmen.

kps/rid



Zuerst veröffentlicht 11.04.2025 13:22 Letzte Änderung: 11.04.2025 16:33

Schlagworte: Medien, Rundfunk, Internet, ZDF, Verwaltungsrat, Dreyer, Himmler, kps, rid, NEU

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