23.04.2025 09:10
BR-Dokumentarfilm "Wie im Himmel so auf Erden"
epd Das "Frauenkloster der heiligen Märtyrernonne Großfürstin Elisabeth" ist die einzige Einrichtung dieser Art der russisch-orthodoxen Kirche in Deutschland. Seit 2005 leben auf dem von der römisch-katholischen Kirche in Buchendorf gepachteten Gelände südwestlich von München orthodoxe Nonnen, heißt es zur Einführung auf einer Texttafel zu Beginn des Films. Die Gemeinschaft ist im Vergleich zu anderen Klöstern recht lebendig, zwei Neueintritte und einen Todesfall gab es während der Arbeit an dem Film.
Zu Beginn sind laut gemurmelte Gebete und Gesänge bei Kerzenlicht in malerisch komponierten Breitwand-Einstellungen zu sehen, bevor das leere, mit Folie ausgepolsterte Unterteil eines Sarges von einem halben Dutzend Nonnen durch lange Gänge und Treppenhäuser des Gebäudes in eine Art Foyer getragen wird - die Stimmung ist eher animiert als von stiller Trauer getragen.
Wir kleiden uns in seine Leiden.
Das mag daher kommen, dass neben Arbeit und Gebet im Kloster wenig erlaubt ist und diese kleine dienstliche Unternehmung gerne als Eskapade angenommen wird. Es mag auch etwas mit dem entspannteren Umgang mit dem Tod zu tun haben, von dem eine Nonne wenig später beim Kochen berichtet: Die in das Kloster Eingetretenen seien "gestorben für die Welt", sagt sie - und die Welt auch für die Nonnen. So erkläre sich auch die schwarze Tracht, die diese Nähe zum Tod und auch zu Gottes Sohn ausdrücken solle: "Wir kleiden uns in seine Leiden."
In den 77 Minuten, die der Film von Daria Kuschev, Absolventin der Hochschule für Film und Fernsehen in München, dem Leben im Inneren der historischen Gemäuer und in den Gärten drumherum durch die Jahreszeiten folgt, sind Begriffe wie "Leiden", "Gehorsamkeit", "Gnade" aber auch "spirituelles Wachstum" wiederkehrende Stichworte bei den kurzen Gesprächen, die wegen der strengen Klosterregeln immer nur begleitend bei der Arbeit am Kochtopf oder am Nähtisch geführt werden: Ein verschrobenes Regie-Konzept zur Vermeidung von Talking Heads, könnte man zuerst denken, bis einmal die Äbtissin herantritt, um eine Nonne zu ermahnen, dass sie sich beim Reden ihrer Näharbeit widmen soll, statt für die Kamera zu posieren.
Der Gehorsam gilt also nicht nur Gott, sondern auch den Klosterregeln. Der Tagesplan beginnt um halb vier morgens mit dem Aufstehen, der erste Gottesdienst ist eine halbe Stunde später. Die Frauen, die aus Deutschland, Griechenland, Litauen, Russland, Serbien oder der Ukraine stammen, sind freiwillig hier und schätzen die geforderte Unterwerfung. Einige von ihnen kommen aus traditionellen Verhältnissen, andere berichten, wie ihre Wendung zur religiösen Orthodoxie und ins Kloster zum Zerwürfnis mit der Familie geführt hat.
Doch wenn eine junge Frau dann erklärt, dass es für sie "keinen anderen Weg gab, als orthdox zu werden", bleibt das wegen fehlender Nachfragen der Autorin für Nicht-Gläubige unverständlich. Und gerade bei den jungen Nonnen wird auch sichtbar, wie die intensive Beschäftigung mit dem Glauben zu einer übersteigerten Beschäftigung mit dem eigenen Innenleben führt, die stark an die Seelenerkundung mancher Sekte erinnert.
Auch wenn viel von Gott die Rede ist, hängen an der Wand im Foyer eher weltliche Porträts des letzten Zaren Nikolai II. und seiner Ehefrau Kaiserin Alexandra, die eine Schwester von Kloster-Namensgeberin Elisabeth war. Doch von der institutionellen Einbindung des Klosters in die russisch-orthodoxe Kirche erfahren wir im Film so wenig wie vom Hintergrund der hereinschneienden Pilger. Und auch bei den gezeigten Arbeiten im Garten und den Werkstätten interessieren sich Kamera und Montage offensichtlich nur für die (demütige) Haltung und nicht für die Tätigkeit selbst oder ihre Bedeutung im arbeitsteiligen Gefüge: Weder die fertigen Speisen sind zu sehen noch bei Gartenarbeiten die Pflanzen.
So bleiben diese Ansichten weitgehend Illustration jenseits der Demonstration des Glaubens. Die Stärke des Films ist auch sein größtes Handicap: Denn so eng sich Bilder und Töne atmosphärisch verstärkend an das Leben der kleinen Klostergemeinde schmiegen, so sehr bleibt das Leben dort gerade durch diese Nähe zum Sujet für Außenstehende fremd.
infobox: "Wie im Himmel so auf Erden", Regie und Buch: Daria Kuschev, Kamera: Carla Muresan, Produktion: Michael Kalb Filmproduktion (BR, 16.4.25, 22.45-0.05 Uhr)
Zuerst veröffentlicht 23.04.2025 11:10
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KBR, KARD, Kuschev, Hallensleben
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