Feier des Lebens - epd medien

24.04.2025 07:20

Musikmanager Eric schmeißt seinen Job hin und will ausgerechnet Bestatter werden. "Ich war mal Grufti", erklärt er dem Bestatter Volker Mutz in "Sterben für Beginner". Der ZDF-Film erzählt vom Tod und vom Leben.

Edin Hasanović als Bestatter in "Sterben für Beginner"

Eric (Edin Hasanović, rechts) beginnt ein Praktikum bei Bestatter Volker Mutz (Peter Kurth)

epd Was qualifiziert den Musikmanager Eric (Edin Hasanović) dafür, im traditionsreichen Bestattungsinstitut von Volker Mutz (Peter Kurth) einzusteigen? "Ich war mal Grufti", sagt Eric. Das ist nicht viel, aber mehr, als die meisten von uns anführen können. Mutz lässt sich auf eine Probezeit ein. Derzeit wird mehr gestorben als sonst. Nichte Alina (Luna Jordan) mit ihren eigenwilligen Vorstellungen der Arbeit im "Vorbereitungsraum" könnte helfende Hände gut gebrauchen.

Eric ist zufällig ins Geschäft der Pietät geraten. Das Werbeplakat mit dem an AIDS verstorbenen Freddy Mercury ("Who wants to live forever?") hat ihn angezogen. Dass diesen Hans-Dampf-in-allen-Gassen, bester Freund des Kneipiers Alex (Max Hubacher), mehr als Trauerbegleiter und Bestatter qualifiziert als seine Grufti-Phase, stellt sich im Verlauf des Films "Sterben für Beginner" heraus.

Nicht jeder Tod ist gleich

Eric ist ungewöhnlich offen für diese seltsamen, so befremdlichen wie befreienden Erfahrungen. Er denkt sich seinen Teil, er fühlt sich ein, nimmt uns mit und wünscht sich, besonders nach den Schwierigkeiten mit Leiche Hedi, ein Bewusstsein für Abschiedsrituale. So wie nicht jedes Leben gleich gewesen ist, ist es nicht jeder Tod und auch nicht jeder Abschied.

Das sieht Inhaber Mutz freilich anders. Der Tod der anderen ist sein Geschäft, aber auch er wird sich öffnen in diesem außergewöhnlichen Film. Ein Film, der Gefühle - schlimme wie schöne - zur Darstellung bringt, manchmal chaotisch durcheinander und doch transparent für die zum Mitfühlen eingeladenen Zuschauer.

Hedi ist die erste "Wohnungsleiche", mit der Eric zu tun bekommt. Zwei Wochen lang lag sie unentdeckt in ihren vier Wänden, niemand hat sie vermisst. Ihr Sohn will sie nach der Einäscherung anonym bestatten lassen. Er plant nicht zu kommen. Im Leben war sie schrecklich, sagt er. Ihre Leiche freilich behandeln Eric und Alina mit dem größten Respekt. Auch wenn er wegen des Geruchs aus den Latschen kippt. Zur Musik von Hildegard Knef machen sie Hedi würdig und schön, wie sie vielleicht zu Lebzeiten nicht war.

Akte der Liebe

Die Kamera von René Gorski geht nah heran, ohne voyeuristischen Grusel zu erzeugen. Wir sehen, dass es angesichts toter Menschen nicht um falsche Unbefangenheit geht, sondern um tatkräftige Würdigung der sterblichen Hülle. Es sind Akte der Liebe, auch wenn sie schwerfallen.

"Sterben für Beginner" ist im besten Sinn emotional anschlussfähig, herzzerreißend, ohne das Gehirn auszuschalten, schaut detailliert auf Sterben und Tod, ohne distanzlos zu sein. Anders als bei anderen Bestatter-Filmen oder -Serien geht es hier weder übertrieben grotesk noch tragikomisch noch memento-mori-mahnend zu.

Sympathischer Kindskopf

Im Mittelpunkt steht neben Erics Bestatterkarriere das Sterben seines Freundes Alex. Beides umhüllt, wenn man das so sagen kann, die Feier der unbegrenzten Freundschaft beider. Bemerkenswert und unüblich: Alle Figuren hier sind positiv, nein: menschlich, auch wenn sie miteinander allzu menschliche, allzu verständliche Konflikte haben.

Bei Alex, von Max Hubacher tief berührend als großer sympathischer Kindskopf gespielt, der keinesfalls vor der Zeit abtreten will, wird ein bösartiger Hirntumor diagnostiziert. Freundin Karla (Svenja Jung) ist schwanger, die Kneipe soll eine Musikbühne bekommen, ein alter Kahn restauriert werden.

Sterben für Beginner" erzählt alle Phasen dieser schnell voranschreitenden Krankheit und die Gefühle: Negieren, Herunterspielen, Verzweiflung, Wut, der Wunsch, dem Kind zu erzählen von dem Vater, den es nicht kennenlernen wird. Der Film erzählt das wild, verrückt, ausgelassen. Es gibt viele Umarmungen. Alex' Wunsch und Trost: Eric soll ihn bestatten.

Liebevolle Tonalität

Erst einmal kommen eine Abschiedsparty und die Hochzeit mit Karla samt Zoff über die Grabstätte von Alex zwischen ihr und seinen Eltern (Steffi Kühnert und Wolfram Koch), während Alex dabeisitzt. Selbst die Eltern, obgleich Nebenfiguren, machen einen Einfühlungs- und Annäherungsprozess durch.

Der Film zeigt in allen Momenten seine Qualitäten: mal ist er wild, mal still, bleibt dabei, schaut zu, ohne aufdringlich zu werden. Das Kunststück aber ist, Eric zur Hauptfigur zu machen. Die Besetzung des Films passt perfekt, das Buch von Benedikt Gollhardt und die sinnlich-nahe Inszenierung von Christian Klandt sorgen für eine warmherzige, traurige, liebevolle Tonalität. Nicht zuletzt der Schnitt von Julia Steinke, mal verlangsamend, mal raffend, die Dynamik des Verlaufs bestimmend, sorgt dafür, dass "Sterben für Beginner" ein Geschenk sein kann für alle, die - auch zu Recht - sich nicht anfreunden mögen mit dem Tod und dem Sterben. Ein Film, der das Leben feiert und doch die unbestrittene Tragik des Todes nicht durch falsche Munterkeit entwertet.

infobox: "Sterben für Beginner", Fernsehfilm, Regie: Christian Klandt, Buch: Benedikt Gollhardt nach dem Sachbuch "The End: Das Buch vom Tod" von Eric Wrede, Kamera: René Gorski, Produktion: Producers at Work (ZDF-Mediathek ab 23.4.25, ZDF am 5.5.25 20.15 - 21.45 Uhr)



Zuerst veröffentlicht 24.04.2025 09:20 Letzte Änderung: 25.04.2025 09:24

Heike Hupertz

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Fernsehfilm, Klandt, Gollhardt, Hasanovic, Hupertz, NEU

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