Medienexperten fordern mehr Selbstreflexion von Journalisten - epd medien

09.05.2025 14:50

Köln (epd). Auf dem Forum für Journalismuskritik in Köln haben sich Medienexpertinnen und -experten am Freitag für mehr Besonnenheit und Selbstreflexion im Journalismus ausgesprochen. "Ich finde es wichtig, dass Journalismus die eigenen Mechanismen reflektiert", sagte der Berliner Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger. Journalistinnen und Journalisten müssten nicht jede Provokation von Populisten aufgreifen und nicht alles zur Krise erklären. Die Veranstaltung im Kölner Funkhaus des Deutschlandradios stand unter der Frage, was die klassischen Medien der zunehmenden Prägung öffentlicher Debatten durch populistische Kräfte entgegensetzen können.

Die Medienkritikerin Nadia Zaboura appellierte an die Medien, nicht über "jedes Stöckchen, das einem hingehalten wird, zu springen". Vielmehr sollten öffentlich-rechtliche Sender prüfen, ob Äußerungen einen Nachrichtenwert hätten. "Oder fragen: Ist es eine anti-zivilisatorische Aussage und damit nicht von unserem Programmauftrag gedeckt." Zaboura riet den öffentlich-rechtlichen Sendern, sich stärker auf die veränderte, durch die Sozialen Medien geprägte Kommunikation einzustellen. Um auf die eigenen Kommunikationskanäle populistischer Kräfte zu reagieren, brauche es eine "andere, entschleunigte Form von Formaten" im Programm der Öffentlich-Rechtlichen.

Viele Menschen hätten das Gefühl, in der Debatte mit ihrer Meinung nicht mehr vorzukommen, stellte Andrea Maurer vom ZDF-Hauptstadtstudio fest. Ein Grund dafür sei auch, dass Journalisten immer mehr die Zeit fehle, im Land unterwegs zu sein. So steige die Gefahr, dass Journalisten zunehmend in einer Blase des politischen Berlin lebten. Sie plädierte dafür, Journalisten sollten selbstbewusster sein und sich weniger zu Getriebenen machen lassen. Vielmehr sollten sie sich dem zuwenden, was den Journalismus ausmache, nämlich das Interesse an den Menschen und ihren Geschichten.

Der langjährige Talk-Show-Moderator Frank Plasberg sieht die Ursache für die Entfremdung der klassischen Medien von einem Teil ihres Publikums auch in der Haltung vieler Journalisten. "Wir im Journalismus müssen aufhören, unbedingt auf der richtigen Seite stehen zu wollen." Es gehe vielmehr darum, sich um die Probleme der Menschen zu kümmern: "Sagen, was ist, und nicht sagen, was sein sollte."

Veranstalter des Forums Journalismuskritik, das in diesem Jahr zum neunten Mal stattfand, sind die Deutschlandfunk-Nachrichtenredaktion und die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA). Im Rahmen der Veranstaltung wird auch der Günter-Wallraff-Preis für Pressefreiheit und Menschenrechte verliehen, der in diesem Jahr nach Belarus geht. Ausgezeichnet werden die Menschenrechtsaktivistin Maryja Kalesnikawa und die Journalistenvereinigung des Landes (BAJ).

Meldung aus dem epd-Basisdienst

lwd



Zuerst veröffentlicht 09.05.2025 16:50

Schlagworte: Medien, Journalismus

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