15.05.2025 09:10
Berlin (epd). Der Rechtsstreit zwischen dem Medienkonzern Axel Springer und der ARD über die Nutzung bestimmter Fernsehbilder durch Bild TV am Abend der Bundestagswahl 2021 beschäftigt weiterhin die Justiz. Gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Berlin II im Hauptsacheverfahren vom 10. Januar 2024 habe Springer Berufung eingelegt, teilte eine Gerichtssprecherin dem epd auf Nachfrage mit. Wann mit einer Entscheidung des Kammergerichts zu rechnen ist, sei nicht absehbar (AZ: 24 U 23/24).
Im vorangegangenen Eilverfahren hatte die ARD vor dem Kammergericht einen Erfolg gegen Bild TV erzielt. Sowohl die Übernahme der Wahlprognosen als auch der Hochrechnungen am 26. September 2021 sei urheberrechtswidrig gewesen, entschied das Gericht im September 2022 und bestätigte damit die erstinstanzliche Entscheidung der 16. Zivilkammer Landgerichts Berlin II.
Darüber hinaus hatte das Kammergericht auch die Übernahme eines Interviews mit dem damaligen CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, welche die Vorinstanz nicht beanstandet hatte, für unzulässig erklärt. Erfolglos blieb die Berufung der ARD hinsichtlich der wettbewerbsrechtlichen Ansprüche, die mit Blick auf die gemeinsam mit dem ZDF produzierte "Berliner Runde" geltend gemacht wurden.
Nach Abschluss des Eilverfahrens zwang Springer die ARD mit einem entsprechenden Antrag ins Hauptsacheverfahren. Das Landgericht Berlin II untersagte es Springer daraufhin auch in seinem dem epd vorliegenden Urteil von Anfang 2024, das Livesignal der Wahlberichterstattung der ARD mit den Wahlprognosen und Hochrechnungen "ganz oder teilweise im Rahmen einer eigenen Sendung weiterzusenden" oder öffentlich zugänglich zu machen.
Dies schließe auch die Verwendung als Livestream auf dem Youtube-Kanal von Bild TV sowie die anschließende Bereitstellung auf Abruf ein, führte das Landgericht aus. Eine Verletzung des Urheberrechts liege unbenommen der Tatsache vor, dass Bild TV das Programm unvollständig und mit Modifikationen übernommen habe.
Die Übernahme des Ziemiak-Interviews habe dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprochen, entschied das Landgericht. Damit schloss es sich der erstinstanzlichen Entscheidung der 16. Zivilkammer im Eilverfahren an. Die Positionierung führender Parteipolitiker zu Wahlprognosen oder Hochrechnungen sei von öffentlichem Interesse, weshalb dem Grundrecht der Pressefreiheit hier ein besonders hoher Rang zukomme. "Dies gilt insbesondere deshalb, weil die umfassende Information der Bürger durch die Presse eine Grundvoraussetzung des Prozesses demokratischer Meinungs- und Willensbildung ist", hieß es.
Allerdings habe bei der Interview-Übernahme durch Bild TV eine ordnungsgemäße Quellenangabe gefehlt. Zwar sei während der Ausstrahlung des Interviews oben rechts in der Ecke das Logo der ARD zu erkennen gewesen, dies sei aber nicht ausreichend deutlich gewesen. "Die Quellenangabe ist durch ihre Platzierung sowie Form und Größe so zu gestalten, dass die Quelle ohne besondere Mühe zu ersehen ist", befand das Landgericht.
Wegen der unerlaubten Nutzung der TV-Bilder sei Springer gegenüber der ARD schadenersatzpflichtig, stellte das Gericht weiter fest. Den Medienkonzern forderte es in seinem Urteil zu Auskünften unter anderem zur Zahl der Zuschauer und der Video-Aufrufe sowie zur Höhe der Werbeeinnahmen im Zusammenhang mit den unrechtmäßig genutzten ARD-Fernsehbildern auf. Den Streitwert des Verfahrens setzte das Gericht auf 188.400 Euro fest.
Auch im Rechtsstreit mit dem ZDF über die Übernahme von Bildern der gemeinsam mit ARD produzierten "Berliner Runde" war Bild TV im Eilverfahren unterlegen. Das Oberlandesgericht Köln bestätigte hier im Oktober 2022 die Entscheidung des Landgerichts, wonach die Nutzung von 13 Minuten Bildmaterial der gemeinsam von ARD und ZDF produzierten "Berliner Runde" unverhältnismäßig war. Diesen Streit verfolgt Springer nicht weiter, wie eine Sprecherin auf epd-Nachfrage sagte: "Wir konzentrieren uns auf das Hauptsacheverfahren in der Auseinandersetzung mit der ARD."
Bild TV hatte die Bundestagswahl vor dem Hintergrund der Rechtsstreitigkeiten mit ARD und ZDF als "zeithistorischen Moment von überragendem öffentlichem Interesse" bezeichnet. Daher habe der Sender die unterschiedlichen Prognosen mit klarem Quellenhinweis live zitiert und ausgewählte Sequenzen aus der "Berliner Runde" übernommen.
Zum Jahresende 2023 stellte Springer seinen Fernsehkanal Bild TV nach gut zwei Jahren ein. Der Sender war im August 2021 frei empfangbar über Kabel, Satellit und Internet an den Start gegangen. Das Bewegtbildangebot unter dem Markennamen Bild konzentriert sich seit 2024 auf eine eigene digitale Plattform.
nbl
Zuerst veröffentlicht 15.05.2025 11:10
Schlagworte: Medien, Justiz, Fernsehen, Wahlen
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