Rumänischer Präsidentschaftskandidat Simion filmte heimlich Journalisten - epd medien

20.05.2025 09:39

Bei der Präsidentschaftswahl in Rumänien verlor der rechtsextreme Kandidat George Simion die Stichwahl. Mit einem offenbar manipulierten, heimlich gefilmten Video versuchte er kurz zuvor, Journalisten vorzuführen. Live ausgestrahlte TV-Wahlkampfdebatten bezeichnete er als "Medien-Lynchmord".

Der rechtsextreme Kandidat George Simion versuchte, die Medien einzuschüchtern

Bukarest (epd). Der bei der rumänischen Präsidentschaftswahl am 18. Mai unterlegene Kandidat der nationalistischen "Allianz für die Einheit der Rumänen" (AUR), George Simion, hat sechs Tage vor dem entscheidenden zweiten Wahlgang eine Besprechung mit fünf Journalisten und Repräsentanten des TV-Senders Digi24 heimlich gefilmt. Den Video-Clip veröffentlichte er ohne Einwilligung der Gefilmten in sozialen Medien.

Die Digi24-Sendeleitung zeigte dies dem für die Regulierung elektronischer Medien zuständigen Nationalen Audiovisuellen Rat (CNA) an. Der CNA wertete Simions Handeln als "mangelnden Respekt vor dem Journalismus" und sah "die Grenzen des Anstands im öffentlichen Raum" überschritten. Gegenüber Radio Free Europe Romania (RFE) sagte Digi24-Chefredakteur Marius Tian, sein Sender werde sich zudem beim Zentralen Wahlbüro (CEB) beschweren und rechtliche Schritte gegen Simion einleiten.

Überraschende Begegnung

Auf seiner Online-Präsenz berichtete Digi24, seine Journalisten und Repräsentanten seien am Morgen des 12. Mai auf Einladung von Simions Wahlkampfteam in dessen Parlamentsbüro erschienen, um den Ablauf der für den Abend geplanten TV-Debatte zwischen dem AUR-Parteichef und seinem Kontrahenten Nicusor Dan, Bukarests Bürgermeister, zu besprechen. Sie hätten dabei nicht damit gerechnet, auf Simion persönlich zu treffen.

Dieser habe sie im Verlauf des Gesprächs im Unklaren darüber gelassen, ob er an der abendlichen TV-Debatte teilnehmen werde. Erst bei Sendebeginn um 19 Uhr sei klar gewesen, dass er nicht erscheinen würde. Während Digi24 die Sendung daher allein mit dem Kandidaten Nicusor Dan bestritt, veröffentlichte Simion etwa zeitgleich die Videoaufzeichnung des morgendlichen Gesprächs, überschrieben mit dem Titel "Der Grund, warum ich nicht an der Digi24-Debatte teilnehme".

Simion hatte sich während der Wahlkämpfe zu den beiden Wahlgängen der Präsidentschaftswahl bis auf eine Ausnahme allen Einladungen zu live ausgestrahlten Wahlkampf-Debatten mit Kontrahenten versagt. Auf dem von ihm veröffentlichten Video-Clip sieht und hört man ihn nicht bei der Besprechung des Ablaufs der TV-Debatte. Stattdessen erlebt man ihn, wie er den ihm gegenübersitzenden Journalisten und Vertretern von Digi24 eine Standpauke darüber hält, dass sie seine Person medial unangemessen darstellten. Dabei äußert sich Simion aggressiv und beleidigend.

Sie wollen mich demütigen.

Laut Digi24-Chefredakteur Tian wurde die Aufnahme vor der Veröffentlichung gezielt bearbeitet. So seien Antworten der Journalisten entfernt worden, "um den Eindruck zu erwecken, man würde Zeuge einer Tirade werden". In seinem Kommentar zu dem auf seiner Facebook-Seite publizierten Video-Clip begründete George Simion sein Vorgehen folgendermaßen: "Sie wollen mich demütigen, um mir eine Bewertung anzuhängen. Sie halten uns für so schwachsinnig, dass wir live zu einem Medien-Lynchmord kommen würden. Glauben Sie wirklich, dass wir so dumm sind? Schämen Sie sich nicht? Wollen Sie, dass ich zu einer Debatte gehe, bei der ich von den Medien ermordet werde? Sie sind Medienmörder."

Die Bezeichnung von Journalisten als "Medienmörder" stellt laut CNA eine Einschüchterung von Medienvertretern dar und damit einen schwerwiegenden "Verstoß gegen demokratische Werte und europäische Standards hinsichtlich der Pressefreiheit und des Schutzes von Journalisten".

Aus dem ersten Wahlgang zur Präsidentschaftswahl am 4. Mai 2025 war George Simion mit großem Vorsprung als Gewinner hervorgegangen, so galt er vor der Stichwahl als Favorit für das Amt des neuen rumänischen Staatsoberhaupts. Dies löste international Besorgnis vor einer nationalistisch-undemokratischen Entwicklung Rumäniens aus. In den vergangenen Jahren haben Simion und Vertreter seiner Partei AUR mehrfach Schmähkritik an Medien geübt und die Erstellung einer schwarzen Liste der "giftigsten und verlogensten Medien" propagiert. In der Folge wurden Journalisten auch von AUR-Anhängern angegriffen. Die Wahl am 18. Mai gewann der Liberale Nicusor Dan.

fst



Zuerst veröffentlicht 20.05.2025 11:39 Letzte Änderung: 21.05.2025 13:51

Schlagworte: Medien, Rumänien, Wahlen, Simion, Pressefreiheit, Stier, fst, NEU

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