Nichts ist, wie es war - epd medien

26.05.2025 09:49

Das ZDF widmet sich in zwei Dokumentationen mit unterschiedlichem Ansatz dem Verhältnis zwischen Trump und den US-Tech-Milliardären. Mit Atmosphäre und Fakten ergänzen sich beide Sendungen beim Aufspüren amerikanischer Befindlichkeiten.

ZDF-Dokus "Trump und das Silicon Valley" und "Trump und seine Milliardäre"

"Stürzt die Oligarchen", fordert eine Demonstrantin

epd "Flood the zone with shit" - dieses Zitat des rechtskonservativen früheren Trump-Beraters Steve Bannon ist ein Schlüsselzitat. Maximale Disruption, die Freund wie Feind in den Bann schlägt und dabei alle normativen und demokratischen Elemente wie ein Sturm umfegt. Das gilt auch für die mediale Berichterstattung über Trumps zweite Amtszeit, die mit dem Aufzählen von früher ungeheuerlich Erscheinendem oft nur noch erschöpft. Diese Bürde ist auch den zwei ZDF-Dokus "Trump und das Silicon Valley - Staatsstreich der Tech-Milliardäre" (ZDFzeit) von Claus Kleber und "Trump und seine Milliardäre" (Auslandsjournal) von Gert Anhalt anzumerken, die nach einer Erklärung für Donald Trumps zerstörerische Macht suchen.

Beide finden diese Erklärung im Schulterschluss des autoritären Politikers mit dem libertären Establishment des Silicon Valley, dem Epizentrum der globalen Tech-Industrie. Mit einem Anflug auf die in Nebel gehüllte Golden Gate Bridge von San Francisco raunt Kleber bereits melancholisch: "Es ist nicht mehr, wie es war. Grundlegendes hat sich verändert."

Schachspieler im Hintergrund

Auf Hochhausfassaden sind Porträts der Firmenbosse von Google, Meta und Co. projiziert. Er sei gekommen, um zu sehen, zuzuhören, zu verstehen, sagt der Autor, der jedoch schon eingangs Skepsis darüber äußert, "ob die amerikanische Demokratie überlebt". Diese Ansicht teilen die meisten seiner Gesprächspartner, wie die Digitaltech-Autorin Kara Swisher, die Trump als "einen Münzautomaten von Präsident" bezeichnet, während im Hintergrund schlaue Unternehmer wie der Startup-Investor Peter Thiel die Fäden ziehen. Illustriert im Film als Schachspieler, der seine Mitstreiter in höchste Ämter in Washington einschleust.

Doch Empörung ist noch keine Analyse. Eigentlich ist das Silicon Valley, wie Kalifornien, eine blaue Hochburg der Demokraten. Trump hatte dort in seiner ersten Amtszeit kaum Freunde. Doch mit dem bedächtigen und gewerkschaftsfreundlichen Joe Biden gab es Probleme, erläutert der KI-Professor und frühere Google-Manager Sebastian Thrun. Dass KI so gefährlich sei wie die Atombombe und reguliert werden müsse, habe Schockwellen in der Tech-Szene ausgelöst. Dabei geht es vor allem um gewaltige Monopole.

Meta, der Facebook-Mutterkonzern, verbreite 90 Prozent der weltweiten Nachrichten. Ihm droht die US-Monopolbehörde noch, wie Google, mit der Zerschlagung. Unerwähnt bleibt, dass sich gerade bei Meta Demokraten und Republikaner bisher einig waren bei Bedenken zum Jugendschutz. Aber es geht vor allem ums große Geld. Vervierfacht habe sich seit vergangenem Jahr der Börsenkurs von Thiels Überwachungssoftware-Firma Palantir, die von Polizei- und Militär genutzt wird. Und Elon Musks Space X habe "mehr Satelliten und Tonnage, als alle raumfahrenden Staaten zusammen".

Zeiten ändern sich überall

Doch dem Phänomen Trump kommt auch Kleber nicht näher. Mit einer Empörung, die kaum größer ist als das Staunen, bilanziert er dessen Aufstieg durch "gewaltige Bauvorhaben", ergänzt nun mit den Kryptowährungen als größte Geldquelle des Trump-Clans, "eine nie dagewesene Schamlosigkeit". Dann reist Kleber, um sich "zu erden", ins Dörfchen Woodside, wo er seit 30 Jahren ein uriges Lokal kennt. Doch auch dort, wo sie Teile des ersten Apple-Computers an der Wand haben und den Tisch, an dem Teslas erster Kredit unterzeichnet wurde - auch dort sind die Zeiten anders geworden.

Thomas Foley, ein Start-Up-Gründer, bewundert den Behörden-Kahlschlag von Elon Musk. "Bürokratie brutal abbauen, dann sehen, was fehlt und ergänzen", das sei die richtige Lösung für ein träge gewordenes System. Und Risiko-Investorin Celestine Schnugg freut sich darüber, dass es jetzt schon möglich sei, monoklonare Antikörper ohne Tierversuche, nur mit KI, zu testen. So wenig wie es Kleber gelingt, die Faszination des MAGA-Kults um Trump zu erklären, so kurz fällt die Sache mit der Opposition aus: "Gelegentliche Demos, keine Konzepte und Führung, kein Rückhalt im Kongress". Immerhin gibt es starke Szenen, wie das Privatvideo aus dem journalistenfreien Pentagon, wo Verteidigungsminister Pete Hegseth die Ärmel für seine großflächigen Tattoos hochkrempelt und eine illustre Runde sich köstlich amüsiert.

zitat: Die Demokraten haben das Internet verschenkt

Am Ende verrät diese Sendung mehr von den Ängsten und Befürchtungen der Betrachter, als über die Dynamik des Geschehens und die Aussichten auf Veränderung. Erstaunlich ist dabei der Vergleich mit einer früheren ZDF-Doku von Gert Anhalt. Wo Kleber als Ich-Erzähler reist, greift Anhalt lediglich auf Archivmaterial zurück, das er pointiert betextet.

Das ist eindeutig der analytischere Ansatz, zudem mit einer disruptiven Dramaturgie. Anhalt kontrastiert Trumps herabwürdige Begrüßung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Olivgrün mit Elon Musks Auftritten mit Basecap und enthüllendem T-Shirt ("Tech-Support"). Und er begeht nicht den Fehler, alles auf die Person Trump zu schieben. Bereits unter Präsident Bill Clinton habe die Deregulierung begonnen. "Die Demokraten haben das Internet verschenkt", sagt die Harvard-Wirtschaftsprofessorin Shoshana Zubott. 1997 habe "der Rückzug aller Regularien" begonnen. Das Motto schon damals: "Government must get out of the way".

Mit dem Terror von 9/11 kam der Überwachungskapitalismus hinzu, sagt Zubott. Schließlich habe Barack Obama nicht nur den Online-Wahlkampf perfektioniert, es habe in seiner Administration "eine Drehtür zum Silicon Valley" gegeben. Der Staat als Verhinderer von Fortschritt, dieses libertäre Verständnis eine das Silicon Valley und Trump, sagt die Regensburger Politikwissenschaftlerin Gerlinde Groitl. Trump und Musk verbinde zudem das Gefühl einer tiefen Zurücksetzung.

Atmosphäre und Fakten

Gert Anhalts Doku glänzt zwar nicht mit Vor-Ort-Stimmungsbildern, dafür mit hintergründigen Fakten. Etwa, wie populistische Aufreger den Blick trüben. So schimpfte Trump über angeblich 100 Millionen US-Dollar für Kondome an die Hamas - Fake News, so Anhalt. Wie ein CNN-Reporter später herausfand, ging es um die Provinz Gaza im HIV-geplagten Mozambique, wo die US-Entwicklungshilfe 5,4 Millionen Dollar für Verhütungsmittel investierte. Und Grönland, das Trump annektieren will? Kein Spleen, sondern Strategie wegen der Seltenen Erden als KI-Rohstoffe. Anhalt gräbt auch ein Dokument aus, das die so liberale Internet-Szene schon 1996 als reaktionär entlarvte: John Perry Barlowes Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace mit der Absage an alle demokratischen Institutionen: "Ihr gehört der Vergangenheit an - Lasst uns in Ruhe!".

Atmosphäre und Fakten - so ergänzen sich die beiden Sendungen bei dem Aufspüren amerikanischer Befindlichkeiten - auch wenn der Blick auf die neuen Machtverhältnisse in beiden Beiträgen, vor allem bei Kleber, eine für nüchterne investigative Recherchen unangenehm schicksalshafte Düsternis ausstrahlt. Dabei ist es Anhalt, der in seinem Schlusssatz differenziert: "Die Maschinen sind absichtslos; die sie bedienen nie!"

infobox: "ZDFzeit: Trump und das Silicon Valley - Staatsstreich der Tech-Milliardäre", Dokumentation, Regie und Buch: Claus Kleber und Angela Andersen, Kamera: James Rodney Stolz, Brian Dentz und Mathieu Mazza, Produktion: Eco Media (ZDF, 22.5.25, 22.15-23.00 Uhr und in der ZDF-Mediathek); "Auslandsjournal - die Doku: Trump und seine Milliardäre", Regie und Buch: Gert Anhalt (ZDF, 4.3.25, 20.15-21.00 Uhr und in der ZDF-Mediathek)



Zuerst veröffentlicht 26.05.2025 11:49

Dieter Dehler

Schlagworte: Medien, Kritik, Fernsehen, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Dehler, Dokumentation

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