29.05.2025 09:01
ARD-Doku-Serie "Forever Jan: 25 Jahre Jan Delay"
epd Das serielle Erzählen hat den audiovisuellen Musik-Journalismus gekapert. Die dreiteilige Doku-Serie "Forever Jan: 25 Jahre Jan Delay", ist jedenfalls nicht der erste Mehrteiler von und mit einem der Stars der jüngeren deutschen Popgeschichte, den eine ARD-Anstalt, in diesem Fall der SWR, zu verantworten hat. Allerdings unterscheidet sich die Reihe von Florian Kaiser und Eric Friedler von anderen Beispielen der Gattung durch die ruhigere Erzählweise, die klare inhaltliche Gliederung und die höhere Qualität der filmtechnischen Umsetzung sehr wohltuend von früheren Reihen.
Eine Musik-Doku ist eine Musik-Doku. Auch Friedler und Kaiser kommen an bestimmten Standards nicht vorbei, Jan-Philipp Eißfeldt, wie Jan Delay mit bürgerlichem Namen heißt, hat ihnen tiefe Einblicke in sein Bild- und Filmarchiv gewährt. Als weitere Puzzleteile verarbeitet die Doku-Serie Interviewfragmente - unter anderem mit Eißfeldt selbst, mit der Künstlerin Dörte Eißfeldt und dem Filmemacher und Musiker Theo Janßen, mit Fatih Akin und Bjarne Mädel, Ollie Dittrich und Udo Lindenberg sowie den Musikerinnen und Musikern aus seiner Band Disco No. 1. Es gehört zu den Qualitäten der Doku, dass sie diese Zeitzeugen als solche behandeln und nicht mit ihrer Prominenz die Bedeutung ihres Protagonisten beglaubigen lassen.
In der Dreiteilung der Doku umreißt zunächst die Szenerie, in der Eißfeldt aufgewachsen ist, als Kind eines Künstler-Paars in einem besetzten Haus im Hamburger Schickeria-Stadtteil Eppendorf, der 1976, als Eißfeldt zur Welt kam, noch gar nicht so schick war. Von hier aus wird die Entwicklung plausibel, der frühe Kontakt mit der sehr vielfältigen Plattensammlung seiner Eltern, die Bereitschaft zum politischen Engagement im besetzten Haus, später die ständige Begegnung mit der Eppendorfer Welt, mit Markenklamotten und Warenfetischismus.
Im zweiten Teil beobachtet man Eißfeldt im Umkreis seiner Freunde, die den Hip-Hop für sich entdeckt haben. Sie brauchen lange, bis sie nach einer Begegnung mit der Heidelberger Band Advanced Chemistry und dem Freestyle-Rapper Torch feststellen, dass man auch auf Deutsch rappen kann. Das löst bei Eißfeldt, der sich zuvor als DJ versucht hatte, einige Leinen. In einem der schönsten Momente der Doku erinnern sich seine Eltern daran, wie sie sich wunderten, als ihr Sohn auf der Bühne anfing zu singen. Weiter führt die Doku durch die Hamburger Szene, in den Hafen, in die Fabrik, nach Eimsbüttel.
Schließlich löst sich Eißfeldt vom Hip-Hop, von den teilweise erbitterten Reinheitsdebatten um Authentizität und soziale Voraussetzungen für den echten Hip-hop. Als das Genre groß geworden war, als aus Berlin eine neue aggressive Welle dieser Musik herangerollt kam und sich Beschwerden über Kinder des Bürgertums häuften, die Refrains mit echten Melodielinien in ihre Musik einbauten, stand ihm der Sinn nach etwas Neuem. Auftritt: Jan Delay, der Solokünstler und Genrespringer, mal Reggae, mal Funk, mal Deutschrocker im Geiste Lindenbergs, mal einfach Entertainer. Das serielle Erzählen, hier funktioniert es.
infobox: "Forever Jan: 25 Jahre Jan Delay", dreiteilige Doku-Serie, Regie, Buch und Kamera: Florian Kaiser und Eric Friedler, Produktion: Vibrophil Media (ARD-Mediathek/SWR, seit 26.5.25)
Zuerst veröffentlicht 29.05.2025 11:01
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), Dokumentation, KARD, Hentz
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