17.06.2025 00:00
Hamburg (epd). Eine wachsende Zahl von Menschen in Deutschland weicht Nachrichten bewusst aus. Wie aus dem "Reuters Institute Digital News Report 2025" hervorgeht, vermeiden 71 Prozent der erwachsenen Internetnutzerinnen und -nutzer mindestens gelegentlich, mit Nachrichten konfrontiert zu werden. Im vergangenen Jahr waren es 69 Prozent. Den deutschen Teil der Studie hat das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut in Hamburg verantwortet und am Dienstag veröffentlicht.
Der mit Abstand wichtigste Grund der Nachrichtenvermeidung seien die negativen Auswirkungen der Nachrichten auf die eigene Stimmung. 48 Prozent der Befragten hätten dies als Grund genannt. Zudem hätten jeweils 39 Prozent der Nachrichtenvermeider gesagt, dass zu viel über Kriege und Konflikte berichtet werde und dass sie von der Menge an Nachrichten erschöpft seien.
Das allgemeine Interesse an Nachrichten ist stabil geblieben. Wie bereits im Vorjahr hätten 55 Prozent der erwachsenen Internetnutzer in Deutschland angegeben, dass sie überaus oder sehr an Nachrichten interessiert sind, erklärte das Hans-Bredow-Institut. Auch die Reichweite von Nachrichten bleibe hoch. 91 Prozent würden mehr als einmal pro Woche Nachrichten konsumieren, 2024 seien es 89 Prozent gewesen.
Um sich über aktuelle Ereignisse zu informieren, nutzten zwei Drittel der erwachsenen Online-Nutzer in Deutschland mindestens einmal pro Woche Nachrichten im Internet. Dort werden laut Studie am häufigsten soziale Netzwerke wie Facebook, X oder Youtube, genutzt - von einem Drittel der Erwachsenen. In der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen nutzt jeder zweite regelmäßig Nachrichten auf solchen Plattformen. Für rund ein Drittel dieser Altersgruppe sind die sozialen Netzwerke zugleich die wichtigste Nachrichtenquelle, jeder sechste von ihnen kommt ausschließlich in den sozialen Medien mit Nachrichteninhalten in Kontakt.
Für die erwachsene Bevölkerung insgesamt bleibt das Fernsehen mit 43 Prozent die wichtigste Nachrichtenquelle, dicht gefolgt vom Internet mit 42 Prozent.
Von den sozialen Netzwerken wird Youtube mit 18 Prozent am häufigsten verwendet, um Nachrichten anzuschauen und zu teilen, gefolgt von Whatsapp mit 15 Prozent und Facebook ebenfalls mit 15 Prozent. 29 Prozent der 18- bis 24-Jährigen nutzen regelmäßig Nachrichten auf Instagram, gefolgt von Youtube (23 Prozent) und Whatsapp (20 Prozent).
Anwendungen, bei denen Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt, wie ChatGPT, spielen der Untersuchung zufolge derzeit nur eine geringe Rolle im Zusammenhang mit Nachrichten. Lediglich vier Prozent der erwachsenen Internetnutzer in Deutschland verwenden laut der Umfrage wöchentlich einen Chatbot zum Abrufen von Nachrichten. Dieser werde nahezu immer als Ergänzung zu anderen Nachrichtenquellen verwendet, sodass derzeit nicht zu beobachten sei, dass dadurch herkömmliche Informationsquellen verdrängt würden.
Der Umfrage zufolge fühlen sich 54 Prozent bei der Nutzung von Nachrichten, die hauptsächlich durch KI produziert werden, eher oder sehr unwohl. Etwas größer ist die Akzeptanz, wenn Nachrichten lediglich mit Unterstützung von KI erstellt werden. Nur 26 Prozent haben dabei ein schlechtes Gefühl.
Auch das Interesse der Befragten an der Nutzung von spezifischen Nachrichtenangeboten, die mithilfe von KI an ihre individuellen Bedürfnisse angepasst werden, sei eher gering, teilte das Forschungsinstitut mit. Nur 33 Prozent fühlen sich mit einer Nachrichtenauswahl nach eigenen Präferenzen wohl. Allerdings ist die Akzeptanz bei den jüngeren Befragten zwischen 18 und 24 Jahren mit 38 Prozent höher.
Auch nach der Angst vor Falschinformationen wurden die Menschen befragt. Im Vergleich verschiedener Kanäle und Plattformen werde Tiktok bezüglich Desinformationen als besonders gefährlich eingeschätzt (57 Prozent), dicht gefolgt von X (53 Prozent) und Facebook (50 Prozent). Lediglich 14 Prozent sind laut Studie der Meinung, dass Nachrichten-Websites eine große Gefahr im Zusammenhang mit falschen oder irreführenden Informationen im Internet darstellen.
Seit 2012 untersucht der "Reuters Institute Digital News Survey" jährlich über Repräsentativbefragungen in mittlerweile 48 Ländern generelle Trends und nationale Besonderheiten der Nachrichtennutzung. Insgesamt basiert die Studie in der 13. Wiederholung auf den Antworten von fast 100.000 Befragten auf sechs Kontinenten. Die Befragung in Deutschland erfolgte im Januar durch das Umfrageinstitut YouGov und ist nach Angaben des Hans-Bredow-Instituts für Nutzerinnen und Nutzer des Internets ab 18 Jahren repräsentativ.
kfr/dir
Zuerst veröffentlicht 17.06.2025 02:00 Letzte Änderung: 17.06.2025 07:38
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