17.06.2025 04:36
Frankfurt a.M. (epd). Aus Sicht von Thorsten Schmiege, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, sollten Internetplattformen genauso wie Zeitungsverlage für Rechtsverstöße durch von ihnen verbreitete Inhalte haften. "Erst wenn die Plattformen genauso wie die Leserbriefseite jeder Zeitung haften, werden sie mehr Sorge dafür tragen, dass illegale Inhalte entfernt werden", schreibt Schmiege in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Dienstag). Das sogenannte Plattformprivileg sollte abgeschafft werden.
In einer funktionierenden Markt- und Gesellschaftsordnung sei es selbstverständlich: Wer ein Produkt auf den Markt bringe, hafte dafür, dass von dem Produkt kein Schaden für Dritte ausgeht, argumentiert der Medienaufseher. So müsse eine Zeitungsredaktion prüfen, ob von ihr veröffentlichte Leserbriefe möglicherweise Rechte Dritter verletzen. Bei den Plattformen beginne derzeit die Verantwortung erst, "wenn sie von einem Rechtsverstoß positiv Kenntnis haben, also von Nutzern oder auch der zuständigen Aufsicht, den Landesmedienanstalten, darauf hingewiesen werden".
Die Plattformen haben schlicht kein Interesse daran, sich in den Kampf gegen schädliche Inhalte einzubringen
Doch dieses Prinzip funktioniere nicht: "Die Plattformen haben schlicht kein Interesse daran, sich in den Kampf gegen schädliche Inhalte einzubringen", konstatiert Schmiege, der auch stellvertretender Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten sowie der Kommission für Zulassung und Aufsicht ist. Die Praxis zeige, dass Plattformen längst keine neutralen Mittler fremder Inhalte mehr seien. Sie nutzten vielmehr ihre Algorithmen, um zu entscheiden, welche Inhalte wie und nach welchen Kriterien in die Timeline eingespeist werden.
"Und das tun sie durchaus aktiv: Sie entscheiden, ob und wie viel Desinformation und Hassrede verbreitet wird. Dabei ist es kein Geheimnis, dass polarisierende und spaltende Inhalte besonders profitabel sind", schreibt Schmiege und fordert: "Weg mit den Privilegien! In der Online-Welt muss das greifen, was in der analogen Welt Recht und Gesetz ist. Bei rechtswidrigen Inhalten sollte deshalb offline wie online agiert und nicht nur reagiert werden."
Im Ergebnis würde aus seiner Sicht ein System entstehen, "in dem alle Medienhäuser nach den gleichen Prinzipien und entsprechend ihres Einflusses in die Verantwortung genommen werden". Wolle eine Plattform nicht selbst haften, könne sie entsprechende Kontrollmechanismen einsetzen, etwa technische Mittel wie im Jugendschutz.
kfr
Zuerst veröffentlicht 17.06.2025 06:36 Letzte Änderung: 17.06.2025 09:24
Schlagworte: Medien, Internet, NEU
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