Eltern machen Schule - epd medien
20.06.2025 09:43
ZDF-Komödie "Andere Eltern - Die 1. Klasse"
epd Grundsätzlich ist es eine prima Sache, wenn die eigenen Kinder erwachsen werden. Zu den besten Begleiterscheinungen gehört, dass man nicht mehr zu Elternabenden muss, auf denen Eltern, die offensichtlich noch nie ein Schulhofgespräch der lieben Kleinen belauscht haben, besorgt fragen, ob das Aufklärungsbuch nicht viel zu früh für die zarte Kinderseele ihres Sprösslings ist.
So etwas geht einem angesichts des neuen Films von Lutz Heinking Jr. durch den Kopf: Er ist die Fortsetzung der Serie "Andere Eltern", deren erste Staffel 2019 von TNT-Comedy entwickelt wurde und deren zweite Staffel 2021 beim ZDF folgte. In der Serie - halb Sitcom, halb Mockumentary - drehte sich alles um Helikopter-Eltern in Köln-Nippes, die kurzerhand ihre eigene Kita gründeten und nach ihren Vorstellungen selbst führten, unter Anwesenheit und zum Entsetzen der ausgebildeten Erzieherin Paula Oschmann (Maike Jüttendonk).
Mangel an Finanzen und Lehrpersonal
Die hat inzwischen, um der Elternkita-Hölle zu entkommen, ein Lehramtsstudium absolviert und ist nun Grundschullehrerin an einer Freien Schule. Die nervigen Eltern wird sie trotzdem nicht los - denn deren Kinder werden nun eingeschult, und zwar an ihrer Schule. Dort mangelt es nicht nur an Finanzen, sondern auch an Lehrpersonal, weshalb sich Rektorin Franziska Marx (Veronika Ferres) gern auf einen Deal einlässt: Der Unternehmer und Vater Björn (Serkan Kaya) unterstützt die Schule finanziell großzügig, dafür dürfen die Eltern nun als Lehrer quer einsteigen.
Das Experiment wird, wie schon in den Serienstaffeln, dokumentarisch begleitet von der Journalistin Ini (Johanna Gastdorf), deren Tochter Nina (Lavinia Wilson) schon beim Kita-Experiment als Mutter mit dabei war. Nina hat inzwischen einen Erziehungsratgeber geschrieben und tingelt damit durch die Talkshows und auf Lesereisen. Die beiden Kinder betreut inzwischen ihr Mann Jannos (Jasin Challah).
Die ruhige, nüchtern beobachtende Ini und der sachliche Pragmatismus der Rektorin bilden einen wohltuenden Konterpart zu den frei drehenden Helikoptern. Denn natürlich geht es hier nicht um die Kinder, sondern um die überbordenden Egos wohlhabender Eltern, die ihren Nachwuchs als Projekt verstehen.
Stimmige Kontraste
Björn, Erfinder eines 100-Prozent-Ingwer-Kultgetränks ("Kippes Nippes") finanziert die Schule durch den Verkauf seiner Getränkefirma und sichert seine Rente mithilfe eines Zuchthengstes. In der Schule lässt der Esoteriker seine erste Klasse unter vielen Ommms meditieren. Hausfrau Anita (Nadja Becker) dagegen vertritt das ORK-Prinzip ("Ordnung, Regeln, Kontrolle"), während ihr Ehemann, Anwalt Lars (Sebastian Schwarz) für die Einschulung mit vier Jahren kämpft. Die freigeistige Musikproduzentin Nike (Henny Reents) kopiert Ausmalbilder mit ihrem Konterfei für den Kunstunterricht.
Dass die Szenen frei improvisiert sind, mag man angesichts der pointierten Dialoge kaum glauben, so überzeugend sind die Professionalität des Ensembles und seine Spielfreude. Stimmig sind auch die Kontraste, denn neben Ini und Frau Marx gibt es noch weitere erwachsene und vernunftbegabte Figuren. Zudem hält das Drehbuch im letzten Drittel noch ein paar witzige und überraschende Volten parat.
Die bissige Impro-Komödie ist eine gelungene Parodie auf die Auswüchse der deutschen Bildungslandschaft und zeugt in vielen Szenen von guter Beobachtung der überambitionierten Eltern-Klientel. Wer erwachsene Kinder hat, darf sich erleichtert und amüsiert zurücklehnen und drei Kreuze machen, dass er diese Hölle hinter sich hat. Denn das Ende dieses Films ist in seinem Realismus unerwartet bitter: Zwar empfiehlt die Schulaufsicht die umgehende Beendigung des Experiments - doch wegen des Lehrermangels dürfen die Eltern weiter als Lehrer dilettieren.
infobox: "Andere Eltern - Die 1. Klasse", Komödie, Regie: Lutz Heineking Jr., Buch: Ben Braeunlich, Laura Solbach, Lutz Heineking jr., Archana Arumainayagam, Tankred Lerch, Sebastian Züger, nach einer Idee von Jan Weiler, Kamera: Philipp Pfeiffer, Matthias Schellenberg, Produktion: Eitelsonnenschein (ZDF-Mediathek, seit 19.6.25, ZDF, 24.7.25, 20.15-21.45 Uhr)
Zuerst veröffentlicht 20.06.2025 11:43
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Komödie, Steglich
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