21.06.2025 09:00
ZDF-Komödie "Für immer Freibad"
epd "Mein Vater sagt ja immer, dass ich'n sicheren Job brauche, und ich denke, mit Jura hab ich die meisten Optionen", doziert der 17-jährige Simon (Tyrell Otoo) auf einer feucht-fröhlichen Abiparty. "Bist du nicht der Typ, der's mit 'ner Melone gemacht hat?", entgegnet seine attraktive Gesprächspartnerin und lässt ihn unvermittelt stehen. Mit dem Flirten will es bei dem spätpubertären Schlaumeier, der eine Klasse übersprungen hat, noch nicht so recht klappen. Als der Minderjährige beim Kauf einer Flasche Wodka zu scheitern droht und ihm die ein Jahr ältere Mira (Anouk Elias) aus der Patsche hilft, verstört er sie mit ungelenken Ausführungen über Tampons als Foodstyling-Hilfsmittel. Auch sie sucht das Weite.
Es ist ein Freibadbesuch, der das Leben des drangsalierten Sohns eines Sicherheits- und Arbeitsschutzprüfers (Benno Fürmann) verändert. Im Schwimmbad trifft Simon nicht nur auf Sprücheklopfer Basti (Max Schimmelpfennig), der sich dort als Mitarbeiter verdingt hat und ihm die Angestelltenkluft als "Backstage-Pass" für Damenumkleide und Duschen anpreist. Nein, auch die bezaubernde Mira gehört als Rettungsschwimmerin zum Team. Kurzerhand schlägt Simon das von seinem Vater für ihn ausgesuchte Vorbereitungsseminar in Rechtswissenschaft in den Wind und heuert ebenfalls als Aushilfe an. In der launigen Crew findet das Trennungskind eine Ersatzfamilie, die sogar über den altmodischen Anzug hinwegsieht, in den sein Vater ihn gesteckt hat.
Die ZDF-Komödie "Für immer Freibad", der zweite Langfilm von Regisseurin Laura Fischer, nutzt den Mikrokosmos einer Badeanstalt als Schauplatz für eine klassische Coming-of-Age-Dramedy. Trotz einer ziemlich hohen Zotendichte kommt die von Will Evans und Christof Ritter ("Magda macht das schon") geschriebene Story nicht in erster Linie vulgär daher. Dafür ist das im Jahr 1999 angesiedelte Geschehen zu unschuldig, romantisch und nostalgisch. Hier haben die sogenannten Smartphones ihren Siegeszug noch nicht angetreten, der Eintritt wird noch in D-Mark entrichtet. Aufregerthemen sind der befürchtete Millennium-Bug und die totale Sonnenfinsternis über Mitteleuropa. Für die musikalische Untermalung sorgen Hits wie "I can't dance", "Sex Bomb" oder "Purple Rain".
Passend zu dieser Tonlage erweist sich selbst der raubeinige Pommesbräter Gundolf (Matthias Komm), der den Tag mit Sprüchen wie "Ich liebe den Geruch von Chlor am Morgen" beginnt, als sensible Seele. Die toughe Personalchefin Katja (Pheline Roggan) gewährt unverhofft Einblicke in ihre Enttäuschungen. Ex-Schwimmprofi Robbe (Jacob Matschenz) kaschiert mit seinem Sunnyboy-Gehabe nur den Stillstand in seinem Leben. Und was wird aus Simon und seiner Angebeteten? Eine erste Annäherung ergibt sich, als der von Höhenangst Geplagte beim Besteigen des Bademeisterstuhls ins Wasser fällt und von Mira geborgen werden muss.
Beim Flutschfinger-Eis am Beckenrand kommt es schließlich zum Deep Talk zwischen den beiden - nur leider auch zu einem folgenschweren Missverständnis: Miras Vater ist vor Kurzem an Krebs gestorben, weswegen sie die Schule geschmissen hat und immer noch leidet. Weil Simon so komisch über seinen Papa spricht und offenkundig ja auch dessen Anzug trägt, glaubt sie, dieser sei ebenfalls schon tot. Und weil Simon die vertrauensstiftende Gemeinsamkeit nicht im Keim ersticken will, greift er zur Lüge und bejaht. Unschwer zu erahnen, dass die Enthüllung der Wahrheit die zarten Bande der Sympathie auf dramatische Weise kappen wird.
Dem dramaturgischen Prinzip der maximalen Eskalation folgend, erscheint Simons Vater höchst lebendig zur Sicherheitsinspektion im Freibad - und ertappt dabei nicht nur seinen im Jura-Seminar gewähnten Sohn, sondern gleich auch noch seine untreue neue Partnerin (Jeannine Michaelsen) beim Seitensprung. Nach dieser Implosion aller Lebenslügen ist natürlich erst mal behutsame Wiederaufbauarbeit gefragt.
So muss Simon seine Höhenangst überwinden und zu Mira auf den Zehnmeter-Sprungturm klettern und der Vater anerkennen, dass es für den zeichnerisch begabten Sohn an der Zeit ist, seine eigenen Pläne zu machen. Sorge um ein Happy-End muss sich bei diesem luftig-leichten, ein wenig aus der Zeit gefallenen Lustspiel aber niemand machen. Sing Hallelujah!
infobox:"Für immer Freibad", Komödie, Regie: Laura Fischer, Buch: Will Evans, Christof Ritter, Kamera: Jakob Creutzburg, Produktion: Good Friends Filmproduktion (ZDF-Mediathek, seit 19.6.25, ZDF, 14.8.25, 20.15-21.45 Uhr)
Zuerst veröffentlicht 21.06.2025 11:00
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Luley
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