Die Wand der Probleme - epd medien

25.06.2025 08:44

Im Zentrum des Hörspiels "Das Ding aus keiner anderen Welt als dieser" steht die Wand der Probleme, die sich vor den Menschen auftut und sie überfordert. Der Musikproduzent und Autor Albrecht Kunze versucht sich an einem spielerischen Umgang mit dem "Ding".

Hörspiel "Das Ding aus keiner anderen Welt als dieser"

epd Wir leben im Zeitalter der Polykrisen: Weltweit wächst der Nationalismus, toben Kriege und droht die Klimakatastrophe. Man kann die Krisen genau benennen. Der Autor und Musikproduzent Albrecht Kunze tut dies in "Das Ding aus keiner anderen Welt als dieser" bewusst nicht. "Die Wand der Probleme", die im Zentrum seines Hörspiels steht, bleibt so abstrakt, fremd und rätselhaft wie die gläserne Wand in Marlen Haushofers berühmtem Roman "Die Wand". Sie ist lediglich ein starkes Symbol für die problematische Gegenwart, die die Menschen überfordert, ohne dass sie immer benennen könnten, was sie konkret belastet und dann auch lähmt.

Wie aber soll der Mensch mit der sich vor ihm auftürmenden "Wand der Probleme" umgehen, nachdem nur sicher ist, dass man sie nicht umgehen kann wie beispielsweise einen Berg oder einen Verkehrsstau? Was sind ihre Ursachen? War "die Wand der Probleme" einfach eines Tages da, wie einige meinen, oder kam sie langsam auf uns zu, so dass sie lange Zeit nicht bemerkt worden ist, wie andere behaupten? Wird sie je wieder verschwinden?

Ein Stück Klangkunst

Albrecht Kunze lässt diese Fragen anderthalb Stunden lang von zwei Schauspielern und drei Schauspielerinnen (Nikola Duric, Clemens Giebel, Marie Löcker, Karolina Seibold und Claudia Splitt) mal aggressiv, mal panisch stakkatoartig vortragen und von mehreren Elektro-Songs umkreisen. Das klingt manchmal arg versponnen: "Das ist das Wie, das sich befragt wie vorher nie. Das ist das Wo, das sucht und sucht und fragt sich wo. Das ist das Wann, das weder will noch warten kann."

Man muss sich auf das Hörspiel einlassen. Dabei sollte man sich schnell von der Vorstellung verabschieden, dass Probleme diskursiv durchdrungen werden. Albrecht Kunze kommt von der Musik, und "Das Ding aus keiner anderen Welt als dieser" ist vor allem als ein Stück Klangkunst zu verstehen. So besteht ein Vorschlag des Sprecher-Ensembles im Umgang mit der starren Wand darin, "Musik, Sounds und Songs" zu ihr "hinzuschicken", um dann zu beobachten, wie sie von ihr zurückgeworfen werden. Eine Frage des Echos also, im weiteren Sinne eine der Technik.

Bass, wie tief kannst du gehen?

In diesem Zusammenhang wird man auch mit Fachvokabular wie "Wiederholungsgeschwindigkeit", "Kippschalter" und "Ausfallwinkel" konfrontiert. Zudem wiederholt Kunze Sätze oder ganze Passagen wie Leitmotive, zum Beispiel die konkret auf die Musik bezogene Frage: "Bass, wie tief kannst du gehen?" Seine Soundlandschaft lebt von allerhand Effekten mit Hall und Verzerrung, so dass man den wunderlichsten Geräuschen begegnet. Aber auch ruhigen, meditativen Momenten. Bei aller Ernsthaftigkeit hat das Hörspiel etwas Spielerisches und vielleicht liegt gerade in der Macht der Musik ein Rezept, wie eine "Linie der Verteidigung" gegen die "Wand der Probleme" aussehen könnte.

Das anspruchsvolle Hörspiel gibt keine Antworten. Die einzige Gewissheit, die es vermittelt, besteht darin, dass "die Wand der Probleme" nichts mit extraterrestrischem Leben zu tun hat, sondern menschengemacht ist. So ist auch Kunzes Titel zu verstehen, der auf den Science-Fiction Filmklassiker "Das Ding aus einer anderen Welt" von 1951 anspielt, in dem ein Außerirdischer die Welt in Angst und Schrecken versetzt.

infobox: "Das Ding aus keiner anderen Welt als dieser", Hörspiel, Regie, Buch und Musik: Albrecht Kunze (SWR Kultur, 21.6.25, 23.03-0.30 Uhr und in der ARD-Audiothek)



Zuerst veröffentlicht 25.06.2025 10:44

Florian Welle

Schlagworte: Medien, Radio, Kritik, Kritik.(Radio), KSWR, Hörspiel, Kunze, Welle

zur Startseite von epd medien