Serbien: Sorge um redaktionelle Unabhängigkeit bei der United Group - epd medien

30.06.2025 08:53

Nach der Abberufung von Firmengründer Dragan Solak und Geschäftsführerin Viktorija Boklag übernimmt der frühere KPN-Manager Stan Miller die Führung der United Group. Hinter den Wechseln stehen offenbar Rechtsstreitigkeiten mit Mehrheitseigner BC Partners.

London/Hoofddorp (epd). Personelle Wechsel in der Geschäftsführung der in Südosteuropa aktiven United Group sorgen im Unternehmen für Unruhe. Der in London ansässige Investmentfonds BC Partners, der Mehrheitseigner der in den Niederlanden registrierten United Group ist, informierte Belegschaft und Öffentlichkeit am 16. Juni darüber, dass Firmengründer und Minderheitseigner Dragan Solak als Vorsitzender des Beirats abberufen und die Geschäftsführerin Viktorija Boklag von ihrer Position entbunden worden sei.

An ihrer Stelle werde der frühere CEO des niederländischen Kabelnetzbetreibers KPN Mobile, Stan Miller, die "strategische Neuausrichtung auf die EU-Märkte führen", nachdem bereits "Nicht-EU-Geschäftsbereiche erfolgreich verkauft worden" seien. Medienberichten zufolge reichten Solak und Boklag vor einem Gericht in Amsterdam Klage gegen ihre Entlassung ein.

Offener Brief an die EU-Kommission

Der zur United Group gehörende serbische TV-Sender N1 berichtete am 25. Juni in seinem Online-Auftritt, hinter der personellen Umstrukturierung stehe ein Rechtsstreit zwischen Solak und BC Partners. So habe Solak im vergangenen April vor dem High Court in London Klage eingereicht, nachdem BC Partners sich geweigert habe, ihm und Mitgliedern seines Managementteams fällige Leistungszahlungen für den Verkauf von Telekommunikationstochtergesellschaften in Serbien zu zahlen.

In einem unter anderem an die EU-Kommission und Branchenorganisationen wie Reporter ohne Grenzen und die Europäische Journalisten-Föderation (EFJ) gerichteten offenen Brief äußerten führende redaktionelle Mitarbeiter der Mediensparte United Media ihre "Besorgnis über die Art und Weise, wie der Wechsel im Management der United Group durchgeführt wurde" und forderten "die Wahrung der Unabhängigkeit aller Redaktionen".

Die United Group ist eigenen Angaben zufolge mit 15.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von drei Milliarden Euro "das führende Telekommunikations- und Medienunternehmen in Südosteuropa". Sie ist in den EU-Ländern Slowenien, Kroatien, Bulgarien und Griechenland sowie in Bosnien-Herzegowina und Montenegro als Telekommunikationsanbieter aktiv und betreibt in acht südosteuropäischen Ländern 60 TV-Sender sowie Dutzende Radiostationen und Print- und Onlinemedien.

Seit Jahresbeginn veräußerte die Unternehmensgruppe Vermögenswerte in Westbalkanländern in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. So verkaufte sie das Telekommunikationsunternehmen SBB Serbia an die tschechische e& PPF Telecom und den Kabelnetzbetreiber Net TV Plus sowie südosteuropäische Sportübertragungsrechte an Telekom Srbija.

Serbiens Staatspräsident kritisiert Solak

Dragan Solak gründete im Jahr 2000 eine Kabelnetzfirma, die zur Keimzelle der United Group wurde. Er hält heute eine Minderheitsbeteiligung an dem Unternehmen in Höhe von knapp 40 Prozent und gilt mit einem Milliardenvermögen als reichster Serbe. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Offenen Briefs, zu denen auch die Nachrichtenchefin des bulgarischen Fernsehsenders Nova TV, Marta Ewtimowa, zählt, halten es für seinen Verdienst, dass die redaktionelle Unabhängigkeit der Medien der United Group bisher gewahrt worden sei.

Vor allem in Serbien, wo der Fernsehsender N1 als letzter regierungskritischer TV-Kanal mit Reichweite gilt, gibt es nun Befürchtungen, der Personalwechsel und die strategische Neuausrichtung könne sich abträglich auf die redaktionelle Unabhängigkeit der Medien der United Group auswirken.

Serbiens Staatspräsident Aleksandar Vucic kommentierte Solaks Ablösung mit den Worten, dieser sei "eine der Hauptinitiatoren einer Farbrevolution in Serbien", der "mit ausländischen Geheimdiensten zusammengearbeitet" habe. Der autokratisch herrschende Präsident spielte damit auf die Berichterstattung von N1 über die andauernden Proteste gegen Korruption in seinem Land an.

In der Presseerklärung zur Neubesetzung des führenden Managements lobte der Europachef von BC Partners, Nikos Stathopoulos, in der sechsjährigen Partnerschaft mit der United Group habe man "gemeinsam mit Dragan und seinem Team die Größe des Unternehmens vervierfacht und es erfolgreich von einem regionalen Betreiber zu einer großen europäischen Plattform mit deutlich gestärkter EU-Positionierung diversifiziert".

fst



Zuerst veröffentlicht 30.06.2025 10:53

Schlagworte: Medien, Niederlande, Serbien, Südosteuropa, fst, Stier

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