"Quäl Dich, Du Sau" - epd medien

20.07.2025 09:10

Mit eindrucksvollen Bildern, exklusiven Einblicken und legendären Geschichten vermitteln Marc Drumm und Ole Zeisler in der ARD ein Stück von der Faszination der Tour de France. Das Thema Doping sparen sie dabei jedoch weitgehend aus.

Dreiteilige ARD-Dokumentation "Mythos Tour 2"

In "Mythos Tour 2" geht es vor allem um die legendären Radsport-Profis der Tour de France

epd Titel und Triumphe, aber auch Tragödien und sogar einige Todesfälle - die Geschichte der Tour de France ist voll von mitreißenden Geschichten. Und genau das macht die Faszination des bekanntesten und bedeutendsten Straßenradrennens aus. Deutsche Fahrer spielten dabei immer wieder eine große Rolle - auch wenn sich über einige ihrer Erfolge später der Schatten des Dopings legte.

Zwei Jahre nach dem Erscheinen der ersten dreiteiligen Staffel von "Mythos Tour" in der ARD haben die beiden Sportjournalisten Marc Drumm und Ole Zeisler zur diesjährigen Rundfahrt nochmals drei Folgen nachgelegt. Dass die neue Staffel keineswegs wie ein Aufguss der ersten Folgen wirkt, sondern gleichzeitig unterhaltsam und überwiegend tiefgründig erzählt ist, ist ein Beleg für den riesigen Fundus an Geschichten, den das legendäre Radrennen bietet.

Jan Ullrich, Erik Zabel oder Marcel Kittel - Drumm und Zeisler begeben sich auf die Spuren großer Tour-Protagonisten aus vergangenen Zeiten und liefern viele exklusive Einblicke. Unter anderem steigen die ehemaligen Sportler dabei selbst wieder auf die Räder, um besonders geschichtsträchtige Orte ihrer Karriere nochmals zu "erfahren". Für Radsport-Fans ist die Doku-Serie ein Muss. Aber auch interessierte Laien bekommen ein Gefühl dafür, warum die Tour jedes Jahr Millionen von Menschen an den Straßen und an den Bildschirmen in ihren Bann zieht.

Drei Sprinter auf dem Hausboot

Die Folgen sind thematisch mit den Titeln "Sprinter", "Giganten" und "Wasserträger" gegliedert. In Folge eins treffen sich auf dem Hausboot von Rick Zabel sein Vater Erik, Marcel Kittel und André Greipel. Gemeinsam haben die drei als Sprinter 37 Tour-Etappen gewonnen. Sie lassen ihre Siege Revue passieren, sprechen über die Besonderheiten der Disziplin Sprint und erinnern sich an schillernde Rivalen.

Doch es geht nicht nur um Sport. Auch die nicht immer unproblematische Konstellation in der Familie Zabel wird thematisiert - geprägt vom Dopinggeständnis Eriks und davon, dass Rick zwar auch Radprofi wurde, aber nie in die riesigen Fußstapfen seines erfolgreichen Vaters treten konnte. Vergangenes Jahr beendete er im Alter von 31 Jahren seine Karriere, ist heute Kommentator und erfolgreicher Podcaster.

Zamperoni muss am Berg passen

Bei den "Giganten" steht Deutschlands einziger Tour-Gesamtsieger, Jan Ullrich, im Mittelpunkt. Rund drei Jahrzehnte später erklimmt er nochmals den gefürchteten Mont Ventoux - gemeinsam mit dem ehemaligen Bergexperten Simon Geschke und ARD-Moderator Ingo Zamperoni. Letzterer passt nicht wirklich in die Konstellation und muss dann auch am Berg passen. Beeindruckend dagegen der Auftritt der mittlerweile 80 Jahre alten Radsport-Legende Eddy Merckx, der auf die heutige Generation der Radprofis blickt.

Mit Blick auf die Spannung fällt die letzte und kürzeste Folge "Wasserträger" etwas ab. Den Helfern der Stars kommt in der Regel wenig Aufmerksamkeit zu, obwohl sie eine wichtige Rolle für den Erfolg der Topfahrer in ihrem Team spielen. Zudem prägte einer von ihnen einen heute geflügelten Satz: "Quäl Dich, Du Sau". Diese Worte rief Udo Bölts 1997 seinem Kapitän Jan Ullrich zu, als der in den Vogesen sein Gelbes Trikot zu verlieren drohte. Kurios: Als Ullrich und Bölts fast drei Jahrzehnte später auf dem Rad am Ort des Geschehens vorbeifahren, räumt der spätere Tour-de-France-Sieger Ullrich ein, dass er den wahrscheinlich berühmtesten Satz der deutschen Radsportgeschichte gar nicht bewusst wahrgenommen habe.

Doping kommt nur am Rande vor

Zum ersten Mal kommt in dieser Folge mit Clara Koppenburg eine Frau zu Wort, nachdem die gesamte Staffel bis dahin eine reine Männerveranstaltung gewesen war. Das erklärt sich zwar aus der Geschichte des Radrennens, da der Frauenwettbewerb Tour de France Femmes erst seit 2022 ausgetragen wird. Dramaturgisch wirkt das aber nicht besonders elegant, sondern etwas zu sehr gewollt.

Dass das Doping bei Ullrich nur sehr marginal thematisiert wird und der Serienbetrüger Lance Armstrong (sieben wegen Dopings aberkannte Tour-Siege) überhaupt nicht vorkommt, kann man kritisch sehen. Allerdings ist das Thema ja vielfach und umfassend aufgearbeitet worden. Und den Mythos und die Faszination der Tour hat das Doping ohnehin nicht zerstören können.

infobox: "Mythos Tour 2", dreiteilige Doku-Serie, Buch und Regie: Marc Drumm, Ole Zeisler, Kamera: Willem Konrad, Marc Drumm u.a., Produktion: SR mit nineteentwentyfour Hamburg (ARD/SR, 12.7.25, 17.30 Uhr, 13.7.25, 17.30 Uhr, 26.7.25, 16.30 Uhr und seit 4.7.25 in der ARD-Mediathek)



Zuerst veröffentlicht 20.07.2025 11:10

Stephan Köhnlein

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik (Fernsehen), KARD, KSR, Drumm, Zeisler, Köhnlein, ema

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