25.07.2025 08:10
Die ZDF-Comedyserie "Rembetis"
epd Wir Deutschen wissen gar nicht zu schätzen, was wir Griechenland alles zu verdanken haben. Klar: "Wiege der Demokratie", "Ilias" und "Odyssee", die antiken Tragödien - von den großen Philosophen ganz zu schweigen: Aber letztlich reduzieren wir das Land doch auf Akropolis, Vicky Leandros und Gyros. Das ist natürlich ein himmelschreiendes Unrecht. Wolfgang Schäuble hatte keine Ahnung, wie zutreffend sein Fazit "Isch over" während der Eurokrise vor zehn Jahren war: Ohne griechische Geisterjäger wären wir alle längst Geschichte und die Erde ein Tummelplatz für Dämonen. Alle 100 Jahre sorgt eine bestimmte planetare Konstellation dafür, dass sich das Tor der Hölle öffnet, und allein die Mitglieder der Familie Rembetis können die Apokalypse verhindern.
Im Grunde gibt es nur zwei Möglichkeiten, diese Geschichte zu erzählen: als fesselndes Fantasy-Spektakel mit Kreaturen aus dem Computer und aufwendigen visuellen Effekten oder als Hommage mit optischen Tricks, die ein bisschen nach Handarbeit aussehen. Schauspieler Jasin Challah, als Sohn einer griechischen Mutter und eines syrischen Vaters 1974 in Niedersachsen geboren, hat sich für Option Nummer zwei entschieden, weil Option Nummer eins nicht zur Debatte stand. Das Ergebnis ist eine Parodie auf Ivan Reitmans modernen Hollywood-Klassiker "Ghostbusters - Die Geisterjäger" (1984).
"Ghostbusters" war damals selbst eine Parodie. Dass einige der vielen Folgeprojekte bei weitem nicht den ursprünglichen Charme hatten, lag auch an dem meist misslungenen Versuch, das Original zu persiflieren, Minus mal Minus gibt eben nicht immer Plus. Also hat Challah, an der von ihm selbst initiierten Serie als Chefautor, musikalischer Leiter sowie bei zwei Folgen als Co-Regisseur beteiligt, die Flucht nach vorn angetreten. Sein größter Trumpf ist die Selbstironie.
Challah selbst spielt die Hauptfigur der achtteiligen Serie, Paris Rembetis. Der Costa-Cordalis-Verschnitt mit wallendem Brusthaar und Goldkette hatte vor vielen Jahren einen Hit ("Orchideen aus Athen"). Seither versucht er, den Erfolg mithilfe seiner Managerin (Tanja Schleiff) zu wiederholen, träumt von einem Auftritt in der Show von Florian Goldesel (Michael Kessler) und tourt bis dahin mit einem klapprigen VW-Bus durchs Land. Als während der Aufnahmen zu einem neuen Lied eine beängstigende Vision zum Kollaps führt, empfiehlt ihm sein Therapeut eine Auszeit, am besten im Kreis der Familie, die Paris jedoch einst fluchtartig verlassen hat, weil er keine Lust hatte, Vaters Imbiss "Olympia" zu übernehmen. Doch dann segnet sein Erzeuger das Zeitliche. Marcos Rembetis' Ableben entpuppt sich allerdings als Trick, um den Sohn zurück ins rheinische Gosse zu locken: Der Familie bleiben nur zehn Tage, um das Hades-Tor zu schließen und Paris ist als Erstgeborener dazu auserkoren.
All das ist aber nur Hintergrund, denn als beim Gerangel zwischen Paris und seinem Bruder Hektor (Samy Challah) die Bouzouki der verstorbenen Mutter zerbricht, entfleucht allerlei Kroppzeug, das die Familie Rembetis fortan auf Trab hält. Ein Geist fährt in einen Hackbraten und dann in den Mund einer harmlosen Hausfrau. Johanna Gastdorf spielt diese Rolle, als habe sie nur darauf gewartet, mal als Knallcharge besetzt zu werden. Auch die weiteren Mitwirkenden wandeln auf einem schmalen Grat zwischen Parodie und Karikatur: Pavlos Kourtidis zum Beispiel erinnert als Patriarch mitunter verblüffend an Robert De Niro, dessen Darbietungen als Komödiant nicht zuverlässig "Oscar"-reif sind.
Dass "Rembetis" trotzdem Spaß macht, liegt an dem sympathischen Übermut, mit dem Challah und Regisseurin Sophie Averkamp die im Schnitt 25 Minuten kurzen Episoden erzählen. Gut vorstellbar, dass viele Szenen wiederholt werden mussten, weil alle Beteiligten in schallendes Gelächter ausgebrochen sind. Einige Einfälle sind in der Tat herrlich absurd; in einer Folge werden die Brüder von einem besessenen Kopierer in eine schwarz-weiße Parallelwelt gesogen. Nicht ganz ernst gemeint sind auch die vielen Musical-Einlagen. Dass sich die Dämonen jedoch allein mit Rembetiko-Klängen besänftigen lassen, ist historisch eher wacklig: Die Musik ist erst vor hundert Jahren in den Armenvierteln griechischer Großstädte entstanden.
Ihre Handlung nimmt die Serie allerdings durchaus ernst, selbst wenn die Effekte mitunter eher rührend als bedrohlich sind. Das gilt auch für die Gegenspieler: Die Lotophagen (eine Reminiszenz an die "Odyssee") zum Beispiel wirken wie Außerirdische aus dem Sechzigerjahre-Klassiker "Raumschiff Enterprise". Die Episode heißt "The Time Of My Life": Die beiden Schurken stehlen Lebenszeit und verwandeln Kinder auf diese Weise in alte Leute.
Die weiteren Folgen tragen ebenfalls Songtitel. Die Verweise auf Popkultur und klassische Sagen sind ein großes Vergnügen. Nicht gerade subtil, aber originell verpackt sind auch die Botschaften: Der dämonische Hackbraten will die geschändete Tierwelt rächen, der wahre Zeitfresser ist das Smartphone und eine Sirene, deren betörendem Gesang niemand widerstehen kann, will Frauen zu ihren Rechten verhelfen.
infobox: "Rembetis - Die Geisterjäger", achtteilige Comedy-Serie, Regie: Sophie Averkamp, Jasin Challah, Buch: Jasin Challah (Idee und Chefautor), Adrian Draschoff, Benedikt Schmitz, Laura Solbach, Kamera: Mahmoud Belakhel, Produktion: Eitelsonnenschein (ZDF-Mediathek seit 25.7.25, ZDFneo, ab 29.7.25, dienstags, 21.50-22.45 Uhr)
Zuerst veröffentlicht 25.07.2025 10:10
Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Rembetis, tpg, Gangloff
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