Aus für HR-Sportsendung "Heimspiel" löst Kritik aus - epd medien

30.07.2025 08:47

Prominente und Fans protestieren gegen die Absetzung der Sportsendung "Heimspiel" im Hessischen Rundfunk. Belegschaft und Gewerkschaft befürchten den Verlust von Arbeitsplätzen. Nach Angaben des Senders sollen jedoch keine Stellen abgebaut werden.

Logo der HR-Sendung "Heimspiel"

Frankfurt a.M. (epd). Der Hessische Rundfunk (HR) hat seine wöchentliche Sportsendung "Heimspiel" abgesetzt und damit Proteste ausgelöst. Vertreter des hessischen Sports forderten in einem offenen Brief die Fortführung des Fußball-Talks, der regelmäßig am Montagabend ausgestrahlt wurde. Knud Zilian, erster Vorsitzender des DJV Hessen, bedauerte, dass die einzige lange Sportsendung des HR gestrichen wurde, ohne dass plausible Gründe dafür angegeben worden seien. Gewerkschaft und Beschäftigte befürchten einen Stellenabbau. Fans starteten eine Petition zum Erhalt der Sendung.

Der HR erklärte dem epd, die Entscheidung, die Sendung abzusetzen, sei bereits im vergangenen Jahr gefallen - "in enger Abstimmung mit der Redaktion, auf Basis fundierter Analysen, Marktbeobachtungen und im Abgleich mit den mittel- und langfristigen Programm- und Unternehmenszielen". Obwohl der Sender auch einen früheren Sendeplatz getestet habe, habe "Heimspiel" im Fernsehen im Schnitt nur rund 33.000 Zuschauerinnen und Zuschauer in Hessen erreicht, das entspreche einem Marktanteil von 1,8 Prozent.

"Die Einstellung des Formats ist nicht Folge von Sparbemühungen, sondern des programmlichen Evaluationsprozesses", erklärte ein Sprecher. Einen Stellenabbau werde es nicht geben. Der Sport behalte auch weiterhin einen festen Platz in den Angeboten des Senders. Neben aktuellen Berichten in der "Hessenschau" im Fernsehen und online auf hessenschau.de, biete der HR mit "Fußball 2000" auch auf Youtube ein erfolgreiches Format, das zusätzlich auf Instagram begleitet werde.

Mehr als 400 Arbeitsschichten fallen weg

Die Beschäftigten traf die Verkündung der Absetzung Mitte Juni nach epd-Informationen nicht aus heiterem Himmel, weil über die Fortsetzung der Sendung jedes halbe Jahr neu entschieden wurde. Allerdings wurden die Kosten und Produktionsmittel für die Sendung in den vergangenen Jahren deutlich gesenkt, auch wurde in "Heimspiel" über andere Sportarten über den Fußball hinaus berichtet. Aus der Sicht der Beschäftigten ist dies bei der Entscheidung des HR nicht angemessen berücksichtigt worden.

Mit der Abschaffung des Formats fallen nach Angaben des DJV mehr als 400 Arbeitsschichten in Produktion und Redaktion weg. Zudem weisen Kritiker darauf hin, dass das die Regionalberichterstattung des Dritten Programms schwäche. In der Begründung für den Reformstaatsvertrag, der derzeit in den Länderparlamenten beraten wird, hatten die Ministerpräsidenten den Auftrag der ARD als "Schaufenster in die Regionen" betont. Für die kommenden Wochen ist ein Runder Tisch mit Redaktion und Programmplanung über die Zukunft des linearen Sportangebots im HR-Fernsehen geplant. Mit einer Rückkehr des "Heimspiels" rechnen die Beschäftigten jedoch nicht.

Identitätsstiftendes Kulturgut"

In dem offenen Brief an den HR, der unter anderem vom langjährigen Fußballmanager und Sprecher der Frauen-Bundesliga Siggi Dietrich initiiert wurde, reagierten Vereine und prominente Vertreter des hessischen Sports mit Unverständnis: "Die Ankündigung, die traditionsreiche Sport-Talkshow 'Heimspiel' mit sofortiger Wirkung einzustellen, erfüllt uns mit Sorge", hieß es in dem Schreiben, das nicht nur die Präsidenten der großen Fußball-Vereine Eintracht Frankfurt, SV Darmstadt 98 und Kickers Offenbach unterzeichneten, sondern auch Vertreter anderer Sportvereine und erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler wie Zweierbob-Weltmeisterin Laura Nolte oder Radrennfahrer John Degenkolb.

Seit dem Start im August 2005 habe sich "Heimspiel" als kulturell prägendes Format der hessischen Sportlandschaft etabliert, heißt es in dem Brief: "Mit ihrem unverwechselbaren Lokalkolorit und der emotionalen Tiefe hat die Sendung den Sport nicht nur als Wettkampf, sondern als identitätsstiftendes Kulturgut vermittelt." Der HR wird eindringlich gebeten, die Entscheidung zu überdenken und "Heimspiel" nicht allein an Einschaltquoten zu messen.

Bei der Petition auf der Plattform change.org heißt es, die Sendung biete eine wichtige Plattform für den regionalen Sport und erreiche zudem ein junges Publikum. Der Verlust wäre ein großer Rückschlag für die regionale Sportkultur und für das Fernsehprogramm, das dadurch an Diversität verliere. "Wir bitten den Hessischen Rundfunk, diese Entscheidung noch einmal zu überdenken und HR-Heimspiel wieder aufzunehmen", lautet die Forderung. Rund drei Wochen nach dem Start hatten die Petition mehr als 5.200 Menschen unterzeichnet.

Auch andere Sender dampfen Sporttalk-Formate ein

Die Sendung hatte einen besonderen Charakter, weil sie in den vergangenen Jahren in zwei Frankfurter Kneipen gedreht wurde, in denen Fan-Klubs und vor allem Anhänger von Eintracht Frankfurt zu Gast waren. Henni Nachtsheim, Teil des Duos Badesalz und bekennender Eintracht-Fan sagte "Bild": "Die Absetzung von ‚Heimspiel‘ ist meiner Meinung nach eine krasse Fehlentscheidung! Die Sendung ist im Laufe der letzten Jahre immer besser und auch immer lockerer geworden und war ein echter Seismograf, was die Stimmung unter den Eintracht-Fans angeht." Fans anderer hessischer Vereine beklagten dagegen immer wieder, dass die Sendung zu sehr auf Eintracht Frankfurt fokussiert sei.

Für den DJV ist die Reaktion der Fans ein Indiz, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) die Interessen der Fußball-Begeisterten berücksichtigen sollte. Vor allem Jüngere hätten die Fußball-Show bei der ARD-Mediathek oder Youtube gesehen. "Wir reden immer davon, dass der ÖRR die Interessen aller wahrnehmen muss. Das darf nicht weiter still und leise abbröckeln", sagte Zilian. Die Sportberichterstattung im HR werde so auf "Fünf-Minuten-Häppchen" reduziert, kritisierte er.

Der HR ist nicht der einzige Sender der ARD, der künftig kein spezielles Sporttalk-Format mehr anbietet. Zuvor hatten schon der Norddeutsche Rundfunk (NDR), der Westdeutsche Rundfunk (WDR) und der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) ähnliche Formate gestrichen.

koe



Zuerst veröffentlicht 30.07.2025 10:47

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Sport, HR, Heimspiel, DJV, Köhnlein

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