Schöne neue Klimawelt - epd medien

01.08.2025 09:03

In der zweiteiligen "Terra-X"-Dokumentation "Hoffnung für das Klima" zeigt Harald Lesch zunächst, wie sich die Klimakrise schon heute in Europa bemerkbar macht. Im zweiten Teil sucht er nach Beispielen, wie Städte und Menschen sich dem Klimawandel entgegenstellen können.

Harald Lesch (rechts) im Gespräch mit Volker Quaschning, Experte für Erneuerbare Energien

epd Für dieses Presenter-Format koppelt das ZDF seine Marke "Terra X" schon im Titel mit dem Namen des Astrophysikers Harald Lesch, ebenfalls eine ZDF-Marke. Lesch hat sich für diese Dokumentation ein kontroverses Sujet ausgesucht: den Klimawandel. Nur wenige bestreiten, dass es ihn gibt, zugleich möchte "kaum noch jemand" davon hören, sagt der Physiker eingangs im Erste-Klasse-Abteil eines ICE auf dem Weg zu einem Vortrag.

Die Dramaturgie der Dokumentation orientiert sich an klassischen Katastrophenfilmen: vom Untergang zur Rettung. Erst gibt es dramatische Bilder von Fluten, Buschfeuern, Wirbelstürmen und Dürren, unterlegt mit nicht minder dramatischer Musik. Lesch besucht ein verbranntes Waldstück in Brandenburg: "So stellt man sich die Apokalypse vor." In dem Bundesland loderten allein in den ersten Monaten dieses Jahres 200 Feuer.

Die Berge bröckeln

Es folgt eine Rückblende in die Geschichte der Klimaforschung. Schon 1896 hatte der schwedische Physiker und Chemiker Svante Arrhenius die Auswirkungen von Kohlendioxid auf das Klima erkannt. Doch wie in Katastrophenfilmen üblich: Keiner kümmert sich um die Vorzeichen des nahenden Unglücks. Das liege, sagt Lesch, auch an den Lobbyisten" der Fossilindustrie, die "wissenschaftliche Erkenntnisse herabgewürdigt" hätten. Es gebe "eine Kluft zwischen Wissen und Handeln", sagt die Psychologin Lea Dohm. Das Thema Klima wecke meist unangenehme Gefühle wie Angst, Wut und Ärger.

Harald Lesch reist zur Zugspitze. Im Berginnern auf 2.800 Metern zeigt ihm der Geologe Michael Kornblatter, wie der Fels immer wärmer wird: von -1,2 Grad im Jahr 2007 auf -0,7 Grad. Bei -0,5 Grad beginne der Fels aufzutauen. Ein Schreckensszenario von Bergrutschen, es gebe Hunderte solcher bröckelnden Berghänge in den Alpen.

In der zweiten Folge gibt es eine regelrechte Farbumkehr: aus Schwarz wird Weiß. Lesch führt in eine schöne neue Welt, wo die Probleme mit unterschiedlichen Ansätzen gelöst werden. Er startet die Episode mit "Breaking News": Mit dem Datum vom 5. August 2060 verkündet er im Fernsehstudio die "Eilmeldung: Klimakrise gestoppt". Die Kohlendioxid-Konzentration in der Luft nehme spürbar ab.

Natürliche CO2-Speicher

Es folgt eine eindrucksvolle Fakten-Recherche über die Chancen, die Kohlendioxid-Belastung zu senken. Renaturierte Moore könnten mehr Kohlendioxid (CO2) binden, als im Verkehr ausgestoßen wird. Wälder speichern sechs Prozent aller Emissionen in Deutschland, Graslandschaften bilden gar ein Drittel der natürlichen Speicher weltweit.

Lesch ist kein ökologischer Träumer. In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" beschrieb er sich kürzlich als "Possibilist", denn "Resignation ist eine Luxushaltung, Pessimismus ist Zeitverschwendung". Die natürlichen Speicher seien ein Zahnrad in einer weltweiten Klimarettungsmaschine, sagt Lesch. Weitere Möglichkeiten seien Mikroalgenzucht, das Aussprühen von Basaltstaub auf Feldern, das unterirdische Binden von Treibhausgasen. Aber weiterhin wird 80 Prozent der weltweit verbrauchten Energie durch fossile Verbrennung produziert.

Der Beitrag der Einzelnen

Der Moderator verweist auf China, wo momentan ein Umdenken stattfinde: 64 Prozent aller Solar- und Windkraftanlagen, die derzeit weltweit gebaut werden, befänden sich dort. Tatsächlich seien in China die CO2-Emissionen Anfang des Jahres erstmals gesunken.

In Deutschland hingegen fehle die Begeisterung, sagt Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme, die Energiewende werde kaputtgeredet. Trotzdem gebe es inzwischen eine Million Balkonanlagen mit Solarstrom in Deutschland, Speicherbatterien kosteten nur noch ein Zehntel von dem, was sie früher gekostet hätten, 60 Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms stamme inzwischen aus erneuerbaren Quellen.

Im ersten Teil der Dokumentation mit ihrem überwiegend alarmistischen Tenor, welcher zugleich als Teil des Problems beschrieben wird, wirkt Lesch wie ein Mahner. Erst im zweiten Teil wird es spannend, denn die Beispiele zeigen, dass es Gamechanger gibt. Leschs Fazit: Jeder Einzelne kann seinen Beitrag leisten, "das Schmiermittel in unserer Klimarettungsmaschine" sein. An dem Wandel könnten sich alle beteiligen. Die Dokumentation ist ein engagierter Impulsvortrag gegen das "träge Wissen". Es ist müßig zu spekulieren, ob Lesch damit nur die bereits Bekehrten erreicht.

infobox: "Terra X - Harald Lesch: Hoffnung für das Klima": 1. "Wütendes Wetter - Warum tun wir nichts?", 2. "Freundliches Klima - So kriegen wir's hin!", Regie: Frank Siegwart, Buch: Frank Siegwart, Christine Haak, Liyang Zhao, Kamera: Thorsten Eifler, Lars Opitz u.a. (ZDF-Mediathek, seit 27.7.25, ZDF, 29.7.25, 22.45-23.15 Uhr und 5.8.25, 22.45-23.15 Uhr)**



Zuerst veröffentlicht 01.08.2025 11:03

Dieter Dehler

Schlagworte: Medien, Fernsehen, Kritik, Kritik.(Fernsehen), KZDF, Dokumentation, Terra X, Lesch, Siegwart, Haak, Zhao, Dehler, NEU

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